BGH Beschluss v. - 4 StR 81/22

Konkurrenzen bei Fälschung beweiserheblicher Daten und Betrug mittels PayPal-Konten

Gesetze: § 52 StGB, § 263 StGB, § 269 StGB

Instanzenzug: LG Landau (Pfalz) Az: 3 KLs 7176 Js 10842/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Fälschung beweiserheblicher Daten in 24 Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Betrug, in zwölf Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, in einem Fall in Tateinheit mit Computerbetrug und in sechs Fällen in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug sowie wegen Geldwäsche in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zwei Monate dieser Strafe hat es aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Zudem hat die Strafkammer den Wert von Taterträgen eingezogen. Die Revision, mit der der Angeklagte ein Verfahrenshindernis geltend macht und die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2Das geltend gemachte Verfahrenshindernis besteht aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgeführten Erwägungen nicht. Wie dort weiter zutreffend ausgeführt worden ist, liegt auch die von dem Angeklagten geltend gemachte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nicht vor.

II.

31. Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen ein, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 7, 10 und 20 der Urteilsgründe wegen Geldwäsche verurteilt worden ist.

42. Der verbleibende Schuldspruch hält der revisionsrechtlichen Überprüfung auf die Sachrüge nicht in vollem Umfang stand.

5a) Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle II. 3, 4, 8, 11, 12, 13, 21 und 23 als tatmehrheitliche Vergehen der Fälschung beweiserheblicher Daten – jeweils in Tateinheit mit (versuchtem) Betrug – begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

6aa) Nach den diesbezüglich von der Strafkammer getroffenen Feststellungen entschloss sich der Angeklagte, unter Angabe fiktiver Personalien Mobilfunkverträge über das Internet abzuschließen, um auf diese Weise hochpreisige Smartphones zu erlangen. Die damit verbundenen regelmäßigen Zahlungspflichten wollte er nicht erfüllen. Um die Vertragsabschlüsse zu ermöglichen, hatte er bereits zuvor bei dem Zahlungsdienstleister PayPal mehrere Nutzerkonten angelegt. Hierbei verwendete er mittels eines IBAN-Generators fiktiv erstellte Bankdaten sowie frei erfundene Personalien, die mit den später gegenüber den Mobilfunkanbietern verwendeten Angaben korrespondierten. Ein von ihm eingerichtetes PayPal-Konto verwendete er jeweils für lediglich zwei bis drei Bestellungen. Entsprechend dieser Vorgehensweise erlangte der Angeklagte in den Fällen II. 4, 8 und 13 jeweils ein Smartphone. In den weiteren Fällen II. 3, 11, 12, 21 und 23 wurde entweder – nach Überprüfung durch einen Sachbearbeiter – bereits der Vertragsabschluss abgelehnt oder der Angeklagte erlangte aufgrund einer angeordneten Postbeschlagnahme jedenfalls keinen Besitz an den von ihm begehrten Mobiltelefonen.

7bb) Bei ihrer konkurrenzrechtlichen Bewertung hat die Kammer nicht bedacht, dass der Angeklagte in den Fällen II. 3 und 4, 8 und 11, 12 und 13 sowie 21 und 23 jeweils identische Personalien und dementsprechend auch dieselben PayPal-Konten verwendet hat. Speichert der Täter – wie hier bei Anlegung der PayPal-Konten – beweiserhebliche Daten (vgl. zum Anlegen eines eBay-Kontos − 5 StR 146/19, NStZ 2021, 43 Rn. 27 ff.; zu einem Kundenkonto bei der Deutschen Bahn , NStZ-RR 2021, 214) und macht er von diesen danach plangemäß Gebrauch, ist insoweit nur von einer Tat auszugehen. Dies hat zur Folge, dass die (versuchten) Betrugstaten, die durch die täuschende Verwendung der zuvor gespeicherten Kontodaten begangen wurden, zur Tateinheit verbunden werden (vgl. , NStZ-RR 2021, 214; Beschluss vom − 4 StR 422/14, NStZ 2015, 635). Der Angeklagte hat sich daher insoweit der Fälschung beweiserheblicher Daten in Tateinheit mit Betrug und mit versuchtem Betrug in drei Fällen (Fälle II. 3 und 4, 8 und 11 sowie 12 und 13 der Urteilsgründe) und der Fälschung beweiserheblicher Daten in Tateinheit mit versuchtem Betrug in zwei tateinheitlichen Fällen (Fälle II. 21 und 23 der Urteilsgründe) schuldig gemacht.

8b) Die Feststellungen im Fall II. 25 der Urteilsgründe, nach denen die Prüfung der Warenbestellung in diesem Fall durch ein Computerprogramm erfolgte, tragen entgegen der rechtlichen Würdigung der Kammer keine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges, aber eine solche wegen versuchten Computerbetruges.

9c) Der Senat ändert den Schuldspruch – über die Teileinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinaus – in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

103. Die Teileinstellung des Verfahrens führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II. 7, 10 und 20; außerdem entfallen aufgrund der geänderten konkurrenzrechtlichen Bewertung die Einzelstrafen in den Fällen II. 3, 11, 12 und 23 der Urteilsgründe. Die Gesamtstrafe bleibt hiervon unberührt. Die bloße Korrektur des Konkurrenzverhältnisses hat keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (vgl. Rn. 7; Urteil vom – 3 StR 178/13 Rn. 8; Urteil vom – 2 StR 537/12 Rn. 12). Der Senat schließt angesichts der verbleibenden 20 Einzelstrafen zwischen einem Jahr und zehn Monaten und einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung und unter Berücksichtigung der Teileinstellung des Verfahrens auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

114. Von der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts in Höhe des auf Vertragsabschlussgebühren entfallenden Teilbetrages von 216,63 € aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO ab.

125. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:040822B4STR81.22.0

Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 308 Nr. 5
AAAAJ-20898