BGH Beschluss v. - 1 StR 67/21

Computerbetrug und Fälschung beweiserheblicher Daten: Erwerb von Online-Tickets unter Verwendung von Kundenkonten mit falschen Personen- und Kreditkartendaten

Gesetze: § 52 StGB, § 53 StGB, § 263a Abs 1 StGB, § 269 Abs 1 StGB

Instanzenzug: Az: 250 Js 14267/19 - 8 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Computerbetruges in 331 Fällen jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 244.793,99 Euro angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte im Zeitraum vom bis Online-Tickets der Deutschen Bahn unter Einsatz von zuvor widerrechtlich über eine russische Website beschafften fremden Kreditkartendaten, die zuvor von Dritten erbeutet worden waren. Hierzu legte der Angeklagte für die Buchung von Einzelfahrkarten und Zeittickets bei der Deutschen Bahn zunächst Kundenkonten mit falschen Personen- und Kreditkartendaten an. Zudem erstellte er unter Verwendung von Pseudonymen verschiedene E-Mail-Adressen, über die er ebenfalls später Bestellungen abwickelte. Sodann bestellte er in dem genannten Zeitraum an 331 Tagen 1.750 Online-Tickets über die von der Deutschen Bahn angebotene Smartphone-App „DB Navigator“ oder über die Website der Deutschen Bahn (www.bahn.de) im Gesamtwert von 244.793,99 Euro. Beim Bestellprozess waren neben den Daten zum Reisenden und zur Reise auch eine Bestelladresse, eine E-Mail-Adresse und die Zahlungsmodalitäten zu hinterlegen. Als Zahlungsmittel bei den Online-Buchungen gab der Angeklagte jeweils die rechtswidrig erlangten Kreditkartendaten dritter Personen an und verwendete die von ihm erstellten E-Mail-Adressen. Nach Abschluss der jeweiligen Bestellvorgänge wurden die Tickets und die zugehörigen Auftragsnummern dem Angeklagten auf elektronischem Wege zugänglich gemacht. Die Fahrkarten waren entweder über die vom Angeklagten unter unzutreffenden Personalien erstellten Kundendaten abrufbar oder wurden elektronisch an die vom Angeklagten erstellten E-Mail-Adressen übersandt. Anschließend konnte der Angeklagte frei über die Tickets verfügen.

32. Die rechtliche Würdigung dieser Taten als Computerbetrug (§ 263a Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 Abs. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Denn der Angeklagte speicherte bei der Anlage von Kundenkonten jeweils unrichtige beweiserhebliche Daten im Sinne von § 269 StGB, die er im Anschluss durch die täuschende Verwendung der Konten zu betrügerischen Fahrkartenbestellungen im Datenverarbeitungssystem der Deutschen Bahn einsetzte (vgl. ; zur Nutzung von unter falschen Personalien angelegten eBay-Accounts für Betrugstaten vgl. auch Rn. 28 ff. mwN).

43. Allerdings hält die konkurrenzrechtliche Zusammenfassung der 1.750 Ticketkäufe zu 331 jeweils in Tatmehrheit stehenden Taten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat lediglich den zeitlichen Zusammenhang von mehreren am selben Tag vorgenommenen Bestellungen berücksichtigt und insoweit eine natürliche Handlungseinheit angenommen. Es hat jedoch nicht beachtet, dass bei der mehrfachen Nutzung eines Kundenkontos mit den dort gespeicherten unrichtigen beweiserheblichen Daten die über dieses Konto getätigten betrügerischen Bestellungen zur Tateinheit verbunden werden (vgl. mwN). Im Hinblick auf die vom Landgericht für glaubhaft eingestufte Angabe der Zeugin H.  , dass der Angeklagte „manche Kreditkartendaten bei bis zu 31 Ticketbuchungen bis zur Sperrung durch die rechtmäßigen Kreditkarteninhaber habe nutzen können“ (UA S. 69), wobei der Angeklagte zur Buchung „Kundenkonten mit falschen Personen- und Kreditkartendaten“ verwendete (UA S. 5), hätte sich das Landgericht mit der naheliegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass der Angeklagte dieselben Kundenkonten mehrfach bis zur Sperrung der Kreditkarten nutzte. Das Fehlen entsprechender Ausführungen zur Zuordnung der einzelnen Fahrkartenbestellungen zu Kundenkonten in den Urteilsgründen stellt hier im Hinblick auf die Frage des Konkurrenzverhältnisses der Taten zueinander einen durchgreifenden Rechtsfehler dar. Da die vom Landgericht getroffenen Feststellungen die für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses der Taten erforderlichen Angaben nicht enthalten, kommt auch eine Schuldspruchänderung durch den Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO nicht in Betracht.

54. Die Aufhebung des Schuldspruches bedingt die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs; zugleich entzieht sie der Einziehungsentscheidung die Grundlage (vgl. mwN).

65. Da die Gesetzesverletzung allein die Frage der Konkurrenzen betrifft, haben die Urteilsfeststellungen Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie sind vom neuen Tatgericht um Feststellungen zur Frage der Nutzung der Kundenkonten zu mehrfachen betrügerischen Bestellungen zu ergänzen. Auch im Übrigen können weitere Feststellungen getroffen werden, soweit sie mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:060421B1STR67.21.0

Fundstelle(n):
GAAAH-82913