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Online-Nachricht - Donnerstag, 18.08.2022

Einkommensteuer | Berücksichtigung einer Leasingsonderzahlung bei Anwendung der sog. Kostendeckelungsregelung zur Privatnutzung betrieblicher Kfz (BFH)

Es ist nicht zu beanstanden, dass bei Anwendung der Billigkeitsregelung zur Kostendeckelung im (BStBl I 2009, 1326, Rz 18) für Zwecke der Berechnung der Gesamtkosten eines genutzten Leasingfahrzeugs eine bei Vertragsschluss geleistete Leasingsonderzahlung auch dann periodengerecht auf die einzelnen Jahre des Leasingzeitraums verteilt wird, wenn der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne, die Steuer erhöhende Besteuerungsgrundlagen bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

Sachverhalt: Der Kläger betreibt eine zahnärztliche Praxisgemeinschaft und erzielt hieraus selbständige Einkünfte, die in den Streitjahren (2012 bis 2014) gesondert festgestellt wurden. Seinen Gewinn ermittelte der Kläger durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

Der von dem Kläger unter Anwendung der 1 %-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für die Privatnutzung ermittelte Entnahmewert einschließlich der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte betrug in den Jahren 2012 und 2013 jeweils 13.850 € und im Jahr 2014 12.696 €. Für diese Beträge nahm der Kläger unter Hinweis auf Rz 18 des (BStBl I 2009, 1326) eine Deckelung auf die im jeweiligen Streitjahr angefallenen Kfz-Kosten vor und begrenzte daher die Werte der zu berücksichtigenden privaten Kfz-Nutzung im Jahr 2012 auf 7.917 €, im Jahr 2013 auf 10.475 € und im Jahr 2014 auf 9.488 €. In die Ermittlung der Kfz-Kosten für die Streitjahre bezog er die im Jahr 2011 geleistete Leasingsonderzahlung nicht (anteilig) ein.

Das FA vertrat die Auffassung, die Entnahme für die Privatnutzung des Kfz sei in Höhe der sich nach der 1 %-Regelung ergebenden Werte anzusetzen. Eine Beschränkung der Entnahme auf die im jeweiligen Streitjahr angefallenen PKW-Kosten komme nicht in Betracht, da diese die nach der 1 %-Regelung ermittelten Werte überschritten. Bei der Anwendung der Regelung zur Kostendeckelung sei die geleistete Leasingsonderzahlung gleichmäßig über den Leasingzeitraum zu verteilen und daher im jeweiligen Streitjahr anteilig zu berücksichtigen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: , s. hierzu unsere Online-Nachricht v .2.2.2021).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Der Kläger hat in Bezug auf die einkommensteuerrechtliche Erfassung der Privatentnahme keinen Anspruch aus § 163 AO auf eine von der Gesetzeslage abweichende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen aus Billigkeitsgründen.

  • Die Ermittlung der Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG führt auch nicht zu einem unbilligen Ergebnis i.S. von § 163 AO. Eine Unbilligkeit ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere nicht daraus, dass die in Anwendung der 1 %-Regelung zu versteuernde Nutzungsentnahme einen Wert erreichen kann, der über dem Betrag der vom Steuerpflichtigen getätigten Gesamtaufwendungen liegt.

  • Es ist gerade Ziel und Zweck der 1 %-Regelung, anders als sonst bei der Besteuerung der privaten Nutzungsentnahmen (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C.I.1.b bb), nicht an den Aufwand des Steuerpflichtigen, sondern an den ihm zukommenden Nutzungsvorteil anzuknüpfen.

  • Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Sinn der gesetzlichen Regelung, keine aufwandsbezogene Begrenzung vorzunehmen (BFH-Urteil in BFHE 261, 492, BStBl II 2018, 712, Rz 29).

  • Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Deckelung des aufgrund der 1 %-Regelung ermittelten Entnahmewerts nach Maßgabe des liegen im Streitfall nicht vor.

  • Die Voraussetzungen der im Schreiben genannten Billigkeitsregelung sind nach der nicht zu beanstandenden Auslegung durch das FA im Streitfall nicht erfüllt, weil der in Anwendung der 1 %-Regelung zu bemessende Wert der Nutzungsentnahme den Betrag der Gesamtkosten des Kfz i.S. von Rz 18 des BMF-Schreibens in BStBl I 2009, 1326 im jeweiligen Streitjahr nicht überschreitet.

Hinweis:

Die Entscheidung ist teilweise inhaltsgleich mit dem , welches nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt wurde.

Anmerkung von Dr. Christian Levedag, Richter im VIII. Senat des BFH:

Mit seinem am veröffentlichten Urteil v. - VIII R 26/20 hat der VIII. Senat geklärt, dass bei der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG eine Leasingsonderzahlung zwar im Jahr ihres Abflusses (in der Regel beim Vertragsabschluss) in voller Höhe als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Sie ist aber im Rahmen der Billigkeitsregelung nach Tz. 18 des (BStBl I 2009, 1326), der sog. Kostendeckelungsregelung zur Begrenzung des Entnahmewerts für Privatfahrten nach der 1 %-Regelung, auf den gesamten Leasingzeitraum zu verteilen. Dies kann dazu führen, dass die Begrenzung des Entnahmewerts zu versagen ist, weil die so verteilten fiktiven Gesamtaufwendungen inklusive der Leasingsonderzahlung den pauschaliert ermittelten Wert nach der 1 %-Regelung nicht mehr unterschreiten.

Billigkeitsregelungen in einer Verwaltungsanweisung sind von den Finanzgerichten zwar unter Umständen nach Art. 3 Abs. 1 GG wegen des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung anzuwenden. Enthält die Verwaltungsanweisung zu einer bestimmten Frage keine klare Aussage, ist sie so zu verstehen, wie die Verwaltung sie verstanden wissen will. Nach deren möglicher und willkürfreier Auslegung der Tz 18 des BMF-Schreibens war für die Anwendung der Billigkeitsregelung die Leasingsonderzahlung als Teil der Gesamtaufwendungen und vorausbezahltes Nutzungsentgelt auf den Leasingzeitraum zu verteilen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
IAAAJ-20236