BVerwG Beschluss v. - 3 B 12/21

Entziehung einer Versorgungsregion für die psychiatrische Pflichtversorgung

Gesetze: Art 70 Abs 1 GG, Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, Art 74 Abs 1 Nr 19a GG, § 88 VwGO, § 108 Abs 1 S 1 VwGO, § 8 Abs 1 KHG, § 8 Abs 2 KHG, § 2 Abs 1 S 3 KHGestG NW, § 16 Abs 1 S 1 KHGestG NW, § 16 Abs 1 S 2 Nr 5 KHGestG NW, § 10 Abs 3 PsychKG NW, § 48 VwVfG NW 1999, § 49 VwVfG NW 1999

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 13 A 1601/19 Urteilvorgehend VG Minden Az: 6 K 504/18 Urteil

Gründe

I

1Die Klägerin betreibt eine kommunale Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Sie wendet sich gegen die Entziehung der Zuständigkeit für die psychiatrische Pflichtversorgung für die Gemeinde S.

2Mit Feststellungsbescheid Nr. 6 vom stellte der Beklagte die Aufnahme der Klinik der Klägerin in den Krankenhausplan mit 100 Planbetten und 65 tagesklinischen Behandlungsplätzen fest. Die der Klinik zugewiesene Region für die psychiatrische Pflichtversorgung umfasste auch die Gemeinde S. Mit Feststellungsbescheid Nr. 7 vom stellte der Beklagte die Aufnahme der Klinik in den Krankenhausplan ab mit unveränderter Zahl von Planbetten und tagesklinischen Behandlungsplätzen fest; das der Klinik zugewiesene Pflichtversorgungsgebiet Psychiatrie umfasste nicht mehr die Gemeinde S. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Zur Deckung des Bedarfs im Bereich Psychiatrie/Psychosomatik sei die Klinik der Beigeladenen neu in den Krankenhausplan aufzunehmen. Damit sei zwingend auch über den Zuschnitt der Pflichtversorgungsgebiete zu entscheiden. Die Herauslösung der Gemeinde S. aus den Strukturen des Kreises L. erfordere zwar die Etablierung neuer Strukturen; dies stelle jedoch keine unlösbare Aufgabe dar. Unter Berücksichtigung aller Aspekte, insbesondere der geografischen Lage der Gemeinde S. und der Orientierung der Patienten in Richtung des Kreises P., werde das von der Klägerin zu versorgende Pflichtversorgungsgebiet ohne die Gemeinde S. ausgewiesen.

3Die auf Aufhebung des Feststellungsbescheids Nr. 7 gerichtete Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin sei zwar - anders als das Verwaltungsgericht angenommen habe - klagebefugt; dass der Entzug einer Pflichtversorgungsregion sie in ihren Rechten verletzen könne, sei nicht offensichtlich ausgeschlossen. Der Bescheid sei aber rechtmäßig. Rechtsgrundlage sei die Befugnis zur Fortschreibung des Krankenhausplans (§ 16 Abs. 1 KHGG NRW). Wie die Verteilung der psychiatrischen Pflichtversorgung zu erfolgen habe, bestimme weder das PsychKG NRW noch lasse sich dies dem Krankenhausrecht entnehmen. Mangels normativer Vorgaben obliege die Zuordnung der Pflichtversorgungsregion dem Planungsermessen der zuständigen Behörde. Die Entscheidung des Beklagten, der Beigeladenen die Zuständigkeit für die Versorgung der Gemeinde S. zuzuweisen, sei nicht zu beanstanden, weil sie eine bessere wohnortnahe Versorgung der Einwohner S. sichere als die Klägerin. Die Entscheidung verletze die Klägerin auch nicht in ihren Rechten. Die Planung der regionalen Pflichtversorgungsgebiete erfolge ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit an der Sicherstellung einer flächendeckenden wohnortnahen Unterbringung psychisch Kranker nach dem PsychKG NRW.

4Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde der Klägerin.

II

5Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

61. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

7a) Die Klägerin rügt, dass das Oberverwaltungsgericht ihr Begehren verkürzt und dadurch gegen § 88 VwGO verstoßen habe. Sie habe beantragt, den Feststellungsbescheid Nr. 7 insgesamt aufzuheben; das Oberverwaltungsgericht habe allein die Entziehung der Pflichtversorgungsregion für das Gebiet der Gemeinde S. als streitgegenständlich angesehen.

8Die Rüge ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen und dadurch über den Antrag, den Feststellungsbescheid Nr. 7 aufzuheben, vollständig entschieden. Beschwert ist die Klägerin durch den Bescheid jedoch nur, soweit er ihrer Klinik die psychiatrische Pflichtversorgung für die Gemeinde S. entzieht. Soweit er - wie zuvor der Bescheid Nr. 6 - für das Versorgungsgebiet 10 die Aufnahme ihrer Klinik mit 100 Planbetten und 65 tagesklinischen Behandlungsplätzen für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie feststellt, hatte sie eine weitergehende Aufnahme in den Krankenhausplan nicht begehrt. Sie ging im Übrigen sowohl in ihrer Klage- als auch in ihrer Berufungsbegründung selbst davon aus, dass der Bescheid nur aufzuheben sei, soweit er die Entziehung der Zuständigkeit für die psychiatrische Pflichtversorgung der Gemeinde S. vorsehe (vgl. Klagebegründung vom S. 1 <GA Bl. 38> und Berufungsbegründung vom S. 5 <GA Bl. 236>). Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht durften deshalb ihre Prüfung hierauf beschränken. Soweit die Klägerin rügt, das Oberverwaltungsgericht habe sich nicht mit den rechtlichen Grundlagen für die Neuzuweisung einer "Planposition", insbesondere nicht mit § 8 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 886), im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom (BGBl. I S. 2986) auseinandergesetzt, trifft das nicht zu. Das Oberverwaltungsgericht hat § 8 Abs. 2 KHG geprüft, aber für nicht anwendbar gehalten (UA S. 19). Im Übrigen würde das Klagebegehren durch eine Verkennung der rechtlichen Grundlagen für die umstrittene Zuweisung des Pflichtversorgungsgebiets Psychiatrie nicht verkürzt.

9b) Die Klägerin macht weiter geltend, es verstoße gegen Denkgesetze und damit gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), im Rahmen der Klagebefugnis anzunehmen, ihr werde mit der Zuweisung einer Versorgungsregion eine Planposition vermittelt, die Bestandteil ihres Versorgungsauftrags sei, im Rahmen der Begründetheit eine Verletzung eigener Rechte aber zu verneinen, weil ihr diese Planposition keine subjektiven Rechte vermittele.

10Auch diese Rüge ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klagebefugnis der Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO bejaht. Es hat angenommen, dass sich die Feststellung über die Aufnahme in den Krankenhausplan nach § 16 Abs. 1 Satz 1 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) vom (GV NRW S. 702, ber. 2008 S. 157) über § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KHGG NRW auch auf die Versorgungsregion für die psychiatrische Pflichtversorgung erstrecke und mithin eine Planposition vermittele. Da die rechtlichen Voraussetzungen für die Zuweisung und den Entzug einer solchen Versorgungsregion in der Rechtsprechung nicht geklärt seien, lasse sich auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin nicht feststellen, dass ein subjektives Recht offensichtlich und eindeutig nicht verletzt sein könnte (UA S. 13). Eine Verletzung subjektiver Rechte der Klägerin durch die Entziehung der psychiatrischen Pflichtversorgung für die Gemeinde S. im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat es verneint, weil die Benennung der Pflichtversorgungsregion im Feststellungsbescheid dem Krankenhausträger keine materielle Rechtsposition vermittele, sondern lediglich die Zuständigkeit des Krankenhauses für die psychiatrische Pflichtversorgung aufzeige (UA S. 24). Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin habe durch die Aufnahme ihrer Klinik in den Krankenhausplan mit der Gemeinde S. als Teil ihres Pflichtversorgungsgebiets Psychiatrie zwar eine "Planposition", aber keine materielle Rechtsposition erhalten, verstößt nicht gegen Denkgesetze.

112. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

12a) Die Klägerin möchte geklärt wissen,

ob die einem (privaten) Krankenhausträger durch einen Feststellungsbescheid nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG im Wege einer Beleihung übertragene Befugnis zur Durchführung von Aufgaben der Unterbringung von Betroffenen im Rahmen der psychiatrischen Pflichtversorgung eine durch den Krankenhausplan begründete Planposition vermittelt, die Bestandteil des Versorgungsauftrags des Krankenhauses ist und damit den Regeln des Krankenhausplanungsrechts über die Aufnahme, Nichtaufnahme, Änderung und Herausnahme in und aus dem Krankenhausplan eines Landes gemäß § 8 KHG unterliegt.

13Die Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin weiterhin Aufgaben der psychiatrischen Pflichtversorgung wahrnehme. Ihre Beleihung bestehe unverändert fort; die Beleihung werde durch den Entzug der Zuständigkeit für die Gemeinde S. nicht, auch nicht teilweise zurückgenommen oder widerrufen (UA S. 15). An diese tatsächlichen Feststellungen, gegen die die Klägerin Revisionsgründe nicht vorgebracht hat, ist das Bundesverwaltungsgericht gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Ändert der angefochtene Bescheid die Beleihung nicht, kommt es nicht auf die Frage an, ob die Beleihung dem Krankenhaus der Klägerin eine "Planposition" vermittelt und welche Regeln für deren Änderung gelten.

14b) Als klärungsbedürftig bezeichnet die Klägerin außerdem die Fragen,

- ob eine auf Bestenauswahl am Maßstab des § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG getroffene Entscheidung einer Krankenhausplanungsbehörde erlaubt, - über die Auswahlentscheidung im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens hinaus - die Feststellung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG zu treffen, dem im Krankenhausplan befindlichen Krankenhaus eine Planposition zu entziehen, die es nach Maßgabe eines zuvor ergangenen Feststellungsbescheids bestandskräftig erhalten hat und diese Planposition einem konkurrierenden Neubewerber um die Aufnahme in den Krankenhausplan über einen diesen begünstigenden Feststellungsbescheid zuzusprechen,

- ob eine solche Feststellung der Krankenhausplanungsbehörde allein auf § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG gestützt werden kann oder ob - ergänzend - die Widerrufs- und Rücknahmebestimmungen der §§ 48, 49 VwVfG NRW heranzuziehen sind und

- was für den Fall gilt, dass mit dem Feststellungsbescheid zulasten des (privaten) Krankenhausträgers zugleich eine zuvor getroffene Beleihung zur Durchführung von Aufgaben der Unterbringung von Betroffenen im Rahmen der psychiatrischen Pflichtversorgung widerrufen bzw. zurückgenommen und insoweit geändert werden muss.

15Mit diesen Fragen zeigt die Beschwerde einen Klärungsbedarf im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht auf. Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Zuständigkeit für die psychiatrische Pflichtversorgung der Gemeinde S. nach nicht revisiblem Landesrecht (KHGG NRW, PsychKG NRW) beurteilt. Das Revisionsgericht ist an die Auslegung und Anwendung nicht revisiblen Landesrechts durch das Berufungsgericht grundsätzlich gebunden (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von nicht revisiblem Landesrecht kann die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft; die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit sowie die Entscheidungserheblichkeit im anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 3 B 43.19 - juris Rn. 8 und vom - 3 B 13.20 - juris Rn. 7). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht.

16Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Entscheidung des Beklagten, die Pflichtversorgungsregion S. neu zu verteilen, d.h. sie der Klägerin zu entziehen und der Beigeladenen zuzuweisen, finde ihre Rechtsgrundlage in der Befugnis zur Fortschreibung des Krankenhausplans (UA S. 14). Die Bezirksregierung D. sei nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 KHGG NRW befugt gewesen, den bestandskräftigen Feststellungsbescheid Nr. 6 in Folge der Planaufnahme der Beigeladenen an die Vorgaben des geltenden Krankenhausrechts anzupassen und auf diese Weise den Krankenhausplan fortzuschreiben (UA S. 16). Wie die Verteilung der Zuständigkeit für die psychiatrische Pflichtversorgung zu erfolgen habe, bestimme weder das PsychKG NRW noch das Krankenhausrecht. § 8 Abs. 2 KHG komme nicht zur Anwendung, denn die Zuweisung einer Pflichtversorgungsregion setze bei Plankrankenhäusern die Aufnahme des psychiatrischen Krankenhauses in den Krankenhausplan bereits voraus (UA S. 19). Mangels normativer Vorgaben obliege die Zuordnung der Pflichtversorgungsregion dem Planungsermessen der Behörde (UA S. 20).

17aa) Die Klägerin macht geltend, dass sich die Versorgungsverpflichtung eines psychiatrischen Krankenhauses bezüglich der Unterbringung in der ihm zugeordneten Versorgungsregion ausschließlich nach dem Krankenhausplanungsrecht bestimme, es sich also um eine "Aufnahmeentscheidung" handele, deren Rechtmäßigkeit am Maßstab des § 8 Abs. 2 KHG zu messen sei. Bedenken gegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Zuweisung der Versorgungsregion für die psychiatrische Pflichtversorgung richte sich nicht nach § 8 Abs. 2 KHG, sondern ausschließlich nach Landesrecht, ergeben sich daraus nicht.

18Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG haben die Krankenhäuser nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes und bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KHG in das Investitionsprogramm aufgenommen sind. Nach § 8 Abs. 2 KHG besteht ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan und in das Investitionsprogramm nicht (Satz 1); bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird (Satz 2 Halbsatz 1). Mit der Planaufnahme wird das Krankenhaus gegenüber nicht aufgenommenen Krankenhäusern privilegiert, indem es Investitionsförderung aus öffentlichen Mitteln nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes erhält (§ 4 Nr. 1 §§ 8 ff. KHG) und zur Versorgung gesetzlich Versicherter zugelassen ist (§ 108 Nr. 2, § 109 Abs. 4 Satz 1 SGB V; 3 C 11.16 - Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 18 Rn. 16). Im Hinblick auf diese Rechtsfolgen hat ein Krankenhausträger, der sich für seine Tätigkeit auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, einen Anspruch auf Feststellung der Aufnahme seines Krankenhauses in den Krankenhausplan des Landes, wenn das Krankenhaus zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung geeignet und leistungsfähig ist sowie wirtschaftlich arbeitet und wenn es anbietet, einen anderweitig nicht gedeckten Bedarf zu befriedigen. Ist eine Auswahl notwendig (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG), weil das Krankenhaus mit einem oder mehreren anderen Krankenhäusern um einen festgestellten Bedarf konkurriert, hat der Träger einen Anspruch auf fehlerfreie Auswahlentscheidung. Ein Anspruch auf Feststellung der Planaufnahme besteht, wenn sich das Krankenhaus in der Auswahl im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG als "am besten" durchsetzt (stRspr; vgl. 3 C 6.20 - Rn. 15 m.w.N.).

19Das Bundesrecht gibt vor, die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch Bescheid festzustellen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG); es überlässt den Ländern, zu regeln, welche Feststellungen der Bescheid im Einzelnen enthalten muss. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KHGG NRW schließt die stationäre psychiatrische Versorgung die Pflichtversorgung nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG NRW) vom (GV NRW S. 662) ein; der Bescheid über die Aufnahme in den Krankenhausplan muss die Versorgungsregion für die psychiatrische Pflichtversorgung enthalten (§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KHGG NRW). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die psychiatrische Pflichtversorgung sei zwar Gegenstand des Krankenhausplanungsrechts; anders als in den Verfahren, in denen es um die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan gehe, erfolge die Planung der regionalen Pflichtversorgungsregionen jedoch ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit an der Sicherstellung einer flächendeckenden wohnortnahen Unterbringung psychisch Kranker nach dem PsychKG NRW. Die Benennung einer Pflichtversorgungsregion im Feststellungsbescheid vermittele dem Krankenhausträger keine materielle Rechtsposition; sie zeige lediglich die Zuständigkeit des Krankenhauses für die psychiatrische Pflichtversorgung auf (UA S. 23 f.). Inwiefern diese Auslegung des Landesrechts bundesrechtswidrig und warum es geboten sein sollte, der Zuweisung der Versorgungsregion für die psychiatrische Pflichtversorgung an ein Krankenhaus, das seinem Antrag entsprechend mit einer bestimmten Anzahl von Betten und Behandlungsplätzen in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen ist, eine den Interessen des Krankenhauses dienende Funktion beizumessen, hat die Klägerin nicht dargelegt. Begründet nach Landesrecht die Zuweisung der Pflichtversorgungsregion aber lediglich im Interesse der Allgemeinheit die Zuständigkeit des Krankenhauses für die Unterbringung psychisch Erkrankter nach Abschnitt IV des PsychKG NRW (vgl. § 10 Abs. 3 PsychKG), kann eine solche Zuweisung keine Auswahlentscheidung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG sein, denn für die Unterbringung psychisch Erkrankter im Anwendungsbereich des PsychKG NRW, wie er in dessen § 1 bestimmt ist, haben nur die Länder das Recht der Gesetzgebung (Art. 70 Abs. 1 GG). Bei einer landesrechtlich in dieser Weise ausgestalteten Zuweisung geht es weder um die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser oder die Regelung der Krankenhauspflegesätze (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG) noch um die Sozialversicherung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG), auf die sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes erstreckt.

20bb) Die Klägerin setzt in ihren Fragen voraus, dass sie durch die Zuweisung der psychiatrischen Pflichtversorgung für die Gemeinde S. eine "Planposition" im Sinne einer eigenen materiellen Rechtsposition erhalten habe und nicht nur im Interesse der Allgemeinheit eine Zuständigkeit für die Unterbringung Betroffener aus dieser Gemeinde nach dem PsychKG NRW. Das ist - wie dargelegt - nach der bindenden Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht nicht der Fall. Geklärt haben möchte die Klägerin, unter welchen Voraussetzungen einem Plankrankenhaus eine "Planposition", die eine materielle Rechtsposition ausweist, wieder entzogen werden kann. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen.

21cc) Soweit die Klägerin ausgehend von ihrem gegenteiligen Standpunkt geltend macht, die "Planposition" habe ihr nur nach Maßgabe der §§ 48, 49 VwVfG wieder entzogen werden können, ist im Übrigen ein bundesrechtlicher Klärungsbedarf weder dargelegt noch ersichtlich. Ob und inwieweit das Krankenhausplanungsrecht des Landes die Fortschreibung des Krankenhausplans und deren Umsetzung durch Bescheide regelt und inwieweit diese Regelungen gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (§§ 48, 49 VwVfG NRW) abschließend sind, ist eine Frage des nicht revisiblen Landesrechts. Die Klägerin zeigt auch insoweit nicht auf, inwiefern die Auslegung des Krankenhausplanungsrechts des Landes Nordrhein-Westfalen durch das Oberverwaltungsgericht gegen Bundesrecht verstoßen und das Bundesrecht ungeklärte Fragen aufwerfen sollte.

22dd) Anders als in der dritten Unterfrage vorausgesetzt lässt der angefochtene Bescheid die Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen zur Durchführung der Aufgaben nach Abschnitt IV des PsychKG NRW unberührt (vgl. oben II.2.a). Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, warum es erforderlich gewesen sein sollte, ihre Beleihung zur Durchführung von Aufgaben der Unterbringung zu ändern. Sie ist weiterhin verpflichtet, auf entsprechende Anordnung Betroffene aus dem ihr verbliebenen Pflichtversorgungsgebiet nach Abschnitt IV des PsychKG NRW in ihrem Krankenhaus unterzubringen. Gegenüber den Betroffenen benötigt sie hierfür sämtliche hoheitlichen Befugnisse, die ihr der Beklagte im Wege der Beleihung übertragen hat.

23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:170322B3B12.21.0

Fundstelle(n):
GAAAJ-20199