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Verluste bei GmbH-Gesellschafterdarlehen i. S. von § 17 Abs. 2a EStG
BMF zur Bewertung ausgefallener Finanzierungshilfen von Gesellschaftern
[i]BMF, Schreiben v. 7.6.2022 - IV C 6 - S 2244/20/10001 :001 NWB JAAAJ-15737 Der Gesetzgeber hat Ende 2019 mit § 17 Abs. 2a EStG eine konkrete Rechtsgrundlage für nachträgliche Anschaffungskosten wesentlich beteiligter GmbH-Gesellschafter geschaffen. Die Norm, mit der die Legislative die geänderte BFH-Rechtsprechung zu § 17 EStG korrigiert, ermöglicht die steuerliche Berücksichtigung von Einlagen, Darlehensverlusten und Bürgschaftsaufwendungen. Am hat nun das BMF ein Schreiben zu § 17 Abs. 2a EStG veröffentlicht, das für die Beratungspraxis enorm wichtig ist, weil es die Sichtweise der Finanzverwaltung zur Neuregelung darstellt und auch die Konkurrenz zwischen § 17 EStG und § 20 EStG behandelt, die beide dem Grunde nach Darlehensverluste steuerlich anerkennen.
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I. Überblick zu § 17 Abs. 2a EStG
1. § 17 Abs. 2a EStG als sog. Nichtanwendungsgesetz
[i]§ 17 Abs. 2a EStG als Reaktion auf die geänderte BFH-RechtsprechungNachdem der BFH seine Rechtsprechung zu § 17 EStG im Jahr 2017 geändert und Darlehensverluste grundsätzlich nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten anerkannt hatte, führte der Gesetzgeber § 17 Abs. 2a EStG als Reaktion auf diese Rechtsprechungsänderung ein. Diese Vorschrift regelt insbesondere die Voraussetzungen für nachträgliche Anschaffungskosten auf wesentliche GmbH-Beteiligungen und erkennt – entgegen der geänderten BFH-Rechtsprechung – insbesondere Darlehensverluste im Rahmen des § 17 EStG steuerlich an, mit der Folge, dass Darlehensverluste einen Verlust aus der Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung erhöhen.
Neben den Darlehensverlusten in § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG werden auch – die nach der geänderten BFH-Rechtsprechung unverändert anerkannten – Einlagen in Nr. 1 des § 17 Abs. 2a Satz 3 EStG sowie Bürgschaftsaufwendungen in Nr. 3 des § 17 Abs. 2a Satz 3 EStG geregelt.S. 767
2. Überblick zum BMF-Schreiben
[i]BMF, Schreiben v. 7.6.2022 - IV C 6 - S 2244/20/10001 :001 NWB JAAAJ-15737 Das BMF geht in seinem aktuellen Schreiben auf die drei Fallgruppen ein, nämlich auf die Einlagen (Abschnitt I.1. des Schreibens), die Darlehensverluste (Abschnitt I.2. bis I.4 des Schreibens) und Bürgschaftsaufwendungen (Abschnitt II des Schreibens), und erläutert das Verhältnis von § 17 EStG zu § 20 EStG im Fall von Darlehensverlusten (vgl. Abschnitt III des Schreibens). Abschließend wird der zeitliche Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a EStG erläutert (vgl. Abschnitt IV des Schreibens).
3. Zeitlicher Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a EStG
[i]Rätke, Darlehensverluste und Bürgschaftsaufwendungen eines GmbH-Gesellschafters, BBK 21/2020 S. 1018 NWB ZAAAH-61397 Die Regelung des § 17 Abs. 2a EStG gilt für Fälle, in denen die Beteiligung ab dem veräußert oder aufgegeben wird. Auf Antrag kann sie aber auch auf Veräußerungen bzw. Aufgaben vor dem angewendet werden.
Das BMF erläutert diese Voraussetzungen in den Rz. 32 bis 35, ohne dass sich hierzu Neues ergibt. Insoweit kann auf die Ausführungen in BBK 21/2020 S. 1018 NWB ZAAAH-61397 verwiesen werden, in denen es auch um das Verhältnis zur Vertrauensschutzregelung des geht.
II. Einlagen gem. § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 1 EStG
[i]Einlagen sind ohnehin gesellschaftsrechtlich veranlasstOffene und verdeckte Einlagen gehören nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 1 EStG zu den nachträglichen Anschaffungskosten. Dies hat auch der BFH in seiner geänderten Rechtsprechung anerkannt, so dass diese gesetzliche Regelung nur klarstellend ist. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung wird in Nr. 1 des § 17 Abs. 2a Satz 3 EStG anders als bei Nr. 2 (Darlehensverluste) und Nr. 3 (Bürgschaftsaufwendungen) nicht verlangt, weil Einlagen immer gesellschaftsrechtlich veranlasst sind.
Das BMF geht in Abschnitt I.1 seines Schreibens (Rz. 3 bis 6) auf offene und verdeckte Einlagen ein und wiederholt in Rz. 6 im Wesentlichen die Grundsätze der aktuellen BFH-Rechtsprechung. Danach sind Einlagen insbesondere Nachschüsse i. S. von §§ 26 ff. GmbHG, Barzuschüsse und sonstige Zuzahlungen wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB.
Hervorzuheben sind zwei Formen der Einlagen:
Der [i]Verzicht als EinlageVerzicht auf ein Gesellschafterdarlehen, soweit dieses werthaltig ist. Der nicht werthaltige Teil kann als Darlehensverlust i. S. von § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG oder subsidiär als Verlust bei den Kapitaleinkünften gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 EStG abgezogen werden (vgl. Abschnitt III.3.2).
Ein [i]Spezifizierter Rangrücktrittsog. spezifizierter Rangrücktritt i. S. von § 5 Abs. 2a EStG, der eine Tilgung aus freiem Vermögen ausschließt und deshalb zu einer gewinnerhöhenden Ausbuchung der Verbindlichkeit auf Seiten der GmbH sowie beim Gesellschafter spiegelbildlich zu einer Einlage führt.
Wird der Rangrücktritt hingegen mit einer „regulären“ Tilgungsabrede ausgestaltet, die eine Tilgung aus freiem Vermögen zulässt, bleibt die Verbindlichkeit bestehen, so dass auch keine Einlage beim Gesellschafter vorliegt. Ein derartiger „normaler“ Rangrücktritt kann jedoch zu einem krisenbestimmten Darlehen führen (vgl. Abschnitt III.2).S. 768
III. Darlehensverluste
1. Gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Darlehensgewährung
[i]Wäre fremder Dritter das Rückzahlungsrisiko eingegangen?Die steuerliche Berücksichtigung eines Darlehensverlustes setzt nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 und Satz 4 EStG die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Darlehensgewährung bzw. des Stehenlassens des Darlehens in der Krise voraus. Nach Satz 4 des § 17 Abs. 2a EStG kommt es darauf an, ob ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte.
Im Gegensatz zum Fremdvergleich nach § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG und § 3c Abs. 2 Satz 3 EStG kommt es nicht auf einen Vergleich mit den marktüblichen Konditionen wie z. B. den Zinssatz an. Entscheidend ist vielmehr, ob der fremde Dritte das Rückzahlungsrisiko eingegangen wäre; dies ergibt sich aus dem Begriff der Krise, der in Nr. 2, aber auch in Nr. 3 verwendet wird.
Bei krisenbestimmten Darlehen, die im Fall einer Krise stehen bleiben sollen, sowie bei Finanzplandarlehen ist nach dem BMF die gesellschaftsrechtliche Veranlassung zu bejahen (Rz. 9 des BMF-Schreibens); dies ist m. E. zutreffend, da beide Darlehensarten bewirken sollen, dass das Darlehenskapital auch in der Krise bei der GmbH verbleibt.
Bei [i]Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung bei Krisendarlehen und stehen gelassenen Darlehen Krisendarlehen, die also erst in der Krise gewährt werden, sowie bei stehen gelassenen Darlehen ist hingegen zu prüfen, ob ein fremder Dritter im konkreten Fall das Rückzahlungsrisiko eingegangen wäre; falls ja, bestünde keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung, so dass der Darlehensverlust allenfalls bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG berücksichtigt werden könnte (vgl. Abschnitt V.1). Hätte ein fremder Dritter das Darlehen aufgrund des Rückzahlungsrisikos nicht gewährt bzw. nicht stehen gelassen, wäre die gesellschaftsrechtliche Veranlassung zu bejahen, so dass § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG insoweit erfüllt wäre.