BGH Beschluss v. - 1 ARs 13/21

Selbständiges Einziehungsverfahren: Antrag auf Einziehung des durch eine verjährte Erwerbstat erlangten Wertes von Taterträgen

Gesetze: § 435 Abs 1 StPO, § 76a Abs 2 S 1 StGB

Instanzenzug: Az: 13 KLs 143 Js 38100/10 Urteil

Gründe

1Nach der gesetzlichen Konzeption kann der durch eine verjährte Straftat erlangte Wert von Taterträgen nach § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB (nur) dann eingezogen werden, wenn die Staatsanwaltschaft in Ausübung ihres Ermessens einen Antrag auf Einziehung im selbständigen Verfahren stellt, der den Anforderungen des § 435 StPO entspricht. In Fällen, in denen sich – nach Anklageerhebung – im durchgeführten subjektiven Verfahren herausstellt, dass die Erwerbstat verjährt ist, ist es ohne weiteres möglich, dass die Staatsanwaltschaft einen expliziten Antrag nach § 435 Abs. 1 StPO in der Hauptverhandlung anbringt, dass hinsichtlich der verjährten Erwerbstat eine Einziehung im selbständigen Verfahren erfolgen soll. Ein solches Prozedere gebietet insbesondere auch die Verfahrensfairness, damit der Prozessbeteiligte, der von einer Einziehungsentscheidung betroffen wäre, seine Rechtsverteidigung hierauf einstellen kann.

2Praktibilitätserwägungen stehen einer demnach zu fordernden Antragsstellung seitens der Staatsanwaltschaft nicht entgegen. Denn diese allein ist bereits ausreichend, um den inhaltlichen Erfordernissen des § 435 Abs. 2 StPO zu genügen. Einer gesonderten schriftlichen Begründung des Antrags bedarf es mit Blick auf die bereits zum Hauptverfahren zugelassene Anklage nicht (vgl. Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 435 Rn. 19).

3Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber das in § 435 Abs. 1 StPO statuierte Antragserfordernis als entbehrlich angesehen hat, wenn vom subjektiven Verfahren hinsichtlich der durch eine verjährte Erwerbstat erlangte Wert von Taterträgen in ein (teilweises) selbständiges Verfahren übergegangen wird. Vielmehr hat der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die gesetzliche Grundkonzeption unverändert gelassen und mit Wirkung zum in § 435 Abs. 4 StPO lediglich eine Erweiterung der Ermittlungsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaft zur Feststellung erlangter inkriminierter Vermögenswerte vorgenommen (vgl. BT-Drucks. 19/27654, S. 109 f.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:040522B1ARS13.21.0

Fundstelle(n):
wistra 2022 S. 379 Nr. 9
SAAAJ-19029