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Online-Nachricht - Donnerstag, 23.06.2022

Gewerbesteuer | Keine Hinzurechnung von Aufwendungen für Messestandfläche (BFH)

Die Kosten für die Anmietung einer Messestandfläche können bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG führen, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würde (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG 2009 bzw. 2010/2011 wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel aus 13/20 (2009) bzw. aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens hinzugerechnet, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i.S. von § 8 Nr. 1 Buchstabe a bis f GewStG 2009 bzw. 2010/2011 100.000 € übersteigt.

Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH, stellt Produkte her und vertreibt sie durch ein stehendes Händlernetz. Sie mietete auf verschiedenen turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen an und präsentierte dort ihre Produkte. Das Finanzamt rechnete die hierauf entfallenden Aufwendungen anteilig nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG dem Gewerbeertrag hinzu, da die Flächen dem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen seien. Dem trat die Klägerin mit dem Einwand entgegen, dass die Flächen für ihre Tätigkeit nicht betriebsnotwendig seien (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.8.2020). Das FG entschied hingegen, dass eine Hinzurechnung nicht in Betracht kommt.

Die Revision des Finanzamts wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen:

  • Der Begriff des Anlagevermögens ist wovon das FG zu Recht ausgegangen ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter.

  • Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich aber maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung; s. , Rz 18. Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handelt, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen.

  • Zur Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und auch die speziellen betrieblichen Verhältnisse (z.B. Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems) das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordert.

Anmerkung von Dr. Jens Reddig, Richter im X. Senat des BFH:

Ein klarer Fall: Einstimmig und ohne mündliche Verhandlung hat der BFH die Revision des Finanzamts gegen das klagestattgebende Urteil der Vorinstanz zurückgewiesen (vgl. § 126a FGO). Eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzahlungen für Messeflächen – so die Botschaft aus München – ist ausgeschlossen, wenn für den betroffenen Betrieb keine dauerhafte Messepräsenz erforderlich ist. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG sind Mieten und Pachten sowie Leasingraten für unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, in dem dort bestimmten Umfang für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) hinzuzurechnen. Grund hierfür ist das gewerbesteuerliche Objektsteuerprinzip. Individuelle unternehmerische Entscheidungen, Anlagevermögen nicht zu erwerben sondern zu mieten, sollen die Höhe der Gewerbesteuerschuld nicht beeinflussen. Das Prüfprogramm verläuft – wie der BFH nochmals verdeutlicht hat – recht simpel: Es ist zu fragen, ob das gemietete Wirtschaftsgut, gehörte es dem Steuerpflichtigem selbst, dessen Anlage- oder Umlaufvermögen zuzuordnen wäre. Nur wenn diese rein hypothetische Betrachtung zu dem Ergebnis kommt, dass es sich um Anlagevermögen handeln würde, ist eine Hinzurechnung geboten. Dies wiederum erfordert eine betriebsspezifische Beurteilung; der Geschäftsgegenstand ist zu beleuchten. Im Streitfall hatte die Klägerin zwar durchaus beträchtliche Ausgaben für die Miete von Messestandsflächen. Der BFH kam unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aber zu dem Ergebnis, dass die Messepräsenz der Klägerin für ihren Unternehmenserfolg zwar förderlich gewesen sein mag, nicht aber zwingend notwendig. Sie selbst vertrieb ihre Waren nämlich nicht direkt an die Endabnehmer, sondern bediente sich hierfür eines unternehmensfremden Händlernetzes. Es war somit nicht betriebsnotwendig, dass sie selbst ihre Waren auf Messen bewarb. Reine betriebliche Nützlichkeit genügt nicht, um annehmen zu wollen, dass die Klägerin dauerhaft auf Messeflächen angewiesen wäre. Die BFH-Grundsätze verdeutlichen im Umkehrschluss, dass ein Unternehmen, das seine Waren oder Dienstleistungen direkt selbst vermarktet, Mietkosten für Messeflächen gewerbesteuerlich hinzurechnen muss.

Quelle: ; BFH Pressemitteilung Nr. 27 v. (JT)

Fundstelle(n):
TAAAJ-16185