BGH Beschluss v. - 3 StR 447/21

Landfriedensbruch: Gesetzeskonkurrenz bei Zusammentreffen mit Sachbeschädigung

Gesetze: § 125 Abs 1 Nr 1 StGB, § 303 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Mainz Az: 3 KLs 3111 Js 16530/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten A.  K.   wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in sechs tateinheitlichen Fällen, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, Landfriedensbruch, fahrlässiger Körperverletzung und Sachbeschädigung sowie die übrigen Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Landfriedensbruch und Sachbeschädigung zu Freiheits- bzw. Jugendstrafen verurteilt. Gegen den Angeklagten A.  K.   hat es im Adhäsionsverfahren ein Grund- und Feststellungsurteil erlassen; im Übrigen hat es von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen.

2Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben lediglich den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

31. Die Schuldsprüche wegen tateinheitlich begangener Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB sind bezüglich aller Angeklagter rechtsfehlerhaft, weil dieses Delikt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die verwirklichte Variante des Landfriedensbruchs gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 StGB "wegen Gewalttätigkeiten gegen Sachen" zurücktritt (BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 552/15, NStZ 2017, 155 mwN; vom - 1 StR 730/96, BGHSt 43, 237, 238 mwN; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 125 Rn. 106; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 125 Rn. 21). Die Verurteilung wegen Sachbeschädigung hat daher jeweils zu entfallen.

42. Darüber hinaus ist der den Angeklagten A.  K.    betreffende Schuldspruch wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe rechtsfehlerhaft. Die Feststellungen belegen nicht die Einordnung des verwendeten Revolvers als halbautomatische Kurzwaffe im Sinne von § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Selbst wenn es sich um einen Double-Action-Revolver gemäß Anlage 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.2 zum WaffG handelte, läge keine halbautomatische Schusswaffe vor (, NJW 2005, 2095, 2099; Steindorf/Heinrich, WaffG, 10. Aufl., § 2 Rn. 6a; anders noch Nr. 1.5 WaffVwV aF). Da auszuschließen ist, dass weitere Feststellungen zur Art des verwendeten Revolvers getroffen werden können, die eine Einordnung als halbautomatische Kurzwaffe tragen, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass der Angeklagte des unerlaubten Führens einer Schusswaffe gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 zum WaffG schuldig ist.

53. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung sowohl des Konkurrenzverhältnisses als auch des Verstoßes gegen das Waffengesetz auf niedrigere als die verhängten Freiheits- und Jugendstrafen erkannt hätte.

64. Das Landgericht hat es hinsichtlich der Angeklagten Y.   , Ki.   und M.   versäumt, gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB in der Urteilsformel eine Bestimmung über den Maßstab zu treffen, nach dem die in Frankreich erlittenen Freiheitsentziehungen auf die hier erkannten Jugendstrafen anzurechnen sind. Dies holt der Senat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts nach (vgl. zum Anrechnungsverhältnis BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 103/21, juris Rn. 7; vom - 3 StR 264/09, NStZ-RR 2010, 27).

75. Die geltend gemachten Prozesszinsen sind gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1, § 187 Abs. 1 analog BGB erst ab dem auf die - hier mit Antragstellung am gegebene - Rechtshängigkeit folgenden Tag zu entrichten (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 130/20, juris Rn. 1; vom - 3 StR 306/19, juris Rn. 4 mwN).

86. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO).

97. Angesichts des geringen Erfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel und den Angeklagten A.  K.   zudem mit den notwendigen Auslagen des Nebenklägers (§ 473 Abs. 4 StPO) sowie den durch das Adhäsionsverfahren entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers (§ 472a Abs. 2 StPO) zu belasten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:090222B3STR447.21.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-15421