Bei fehlender Ausbildung für einen Katalogberuf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kann der Nachweis des anderweitigen Erwerbs entsprechender Kenntnisse auch im Wege einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen erbracht werden
Leitsatz
1. Wer die Ausbildung für einen sog. Katalogberuf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht erfüllt, kann den Nachweis über den anderweitigen Erwerb entsprechender Kenntnisse auch dadurch führen, dass er sich einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen unterzieht.
2. Das Gericht ist zur Erhebung eines solchen Beweises nur verpflichtet, wenn sich aus den vorgetragenen Tatsachen bereits erkennen lässt, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte, ein Nachweis anhand praktischer Arbeiten aber nicht geführt werden kann, und wenn der Kläger die Wissensprüfung beantragt.
Gesetze: EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2FGO § 76 Abs. 1
Instanzenzug: Schleswig-Holsteinisches FG (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren 1991 und 1992 als selbständiger Unternehmensberater tätig. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah darin einen Gewerbebetrieb und erließ dementsprechende Gewerbesteuermessbescheide.
Nach seiner 1963 abgeschlossenen Ausbildung zum Außenhandelskaufmann war der Kläger von 1964 bis 1986 in Auslandsstellungen tätig. Anfangs war er mit dem Vertrieb von Maschinen und Waffen betraut. 1965 übernahm er die Leitung eines Büros für technische Fragen und Koordination (Auftragsannahme, Material- und Personaleinsatz). Im Jahr 1969 wurde er zweiter Geschäftsführer des ausländischen Büros einer deutschen Firma und hatte die Aufgabe, neue Vertriebskanäle für die Lieferung von Fabriken und Anlagen verschiedener Art zu entwickeln. 1971 stieg er zum ersten Geschäftsführer und Partner auf. Nach einer Übernahme des Büros durch ein ausländisches Unternehmen kehrte der Kläger Anfang 1987 nach Deutschland zurück. Dort betätigte er sich nach seinen Angaben als selbständiger Handelsvertreter und Industrieberater. 1989 bewarb er sich erfolgreich bei der X-Unternehmensberatung (X) als freier Mitarbeiter und meldete im März 1990 ein Gewerbe mit dem Inhalt ,,Dienstleistungen und Beratungen im Auslandsgeschäft'' an, das Ende 1992 noch um eine Werbeagentur erweitert wurde.
Gegen die Gewerbesteuermessbescheide wandte sich der Kläger mit Einsprüchen, mit denen er geltend machte, er übe eine dem beratenden Betriebs- oder Volkswirt ähnliche Tätigkeit aus. Das FA wies die Einsprüche zurück. Im anschließenden Klageverfahren holte das Finanzgericht (FG) ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Kläger Kenntnisse in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre in einer Breite besitze, wie sie die Ausbildungsgänge zum Diplomkaufmann, zum Diplombetriebswirt (FH) oder zum staatlich geprüften Betriebswirt vermitteln und ob der Kläger mit Hilfe dieser Kenntnisse in den Streitjahren eine Beratungstätigkeit in einem der Hauptbereiche der Betriebswirtschaftslehre ausgeübt habe. Gutachter war auf Vorschlag des Klägers ein Steuerberater und Diplomkaufmann.
Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, der Kläger habe schon im Rahmen seiner ersten Ausbildung aufgrund besonderer Förderung seines damaligen Arbeitgebers umfassende betriebswirtschaftliche und makroökonomische Kenntnisse erworben. Anlässlich der beiden ersten Auslandstätigkeiten hätten sich diese Kenntnisse noch vertieft und erweitert, und zwar auf den Gebieten Auftragsbeschaffung und -auswertung, Produktion, Finanzen, Kalkulation, Vertrieb, Steuerrecht, Personalplanung, -führung und -einsatz sowie Materialeinsatzplanung. Nach Deutschland zurückgekehrt, habe der Kläger 1987 und 1988 ein umfangreiches, wissenschaftlich orientiertes Selbststudium betrieben. Zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit habe er über Kenntnisse in den Hauptbereichen der Betriebswirtschaft verfügt, die in der Breite und Tiefe denjenigen einer akademischen Ausbildung entsprächen. Mit den vorgelegten Arbeiten habe der Kläger nachgewiesen, dass er die erworbenen Kenntnisse auf dem Gebiet des Verwaltungswesens und des Vertriebs im Rahmen seiner Tätigkeit für die X eingesetzt habe.
Das FG folgte den Ergebnissen der Begutachtung nach einer von ihm erbetenen Ergänzung des Gutachtens und einer ausführlichen Befragung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung nicht. Die Tätigkeit des Klägers könne nicht als Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege ein dem Katalogberuf des beratenden Betriebswirts ähnlicher Beruf nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruhe und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstrecke. Dar Kläger habe nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen können, dass er mit Ablauf des Jahres 1990 die erforderlichen Kenntnisse gehabt habe. Das Vorhandensein der Kenntnisse ergebe sich zweifelsfrei weder aus den vom Kläger besuchten Kursen sowie dem Selbststudium der angegebenen Literatur noch aus der Art der praktischen Tätigkeit.
Eine Auswertung der vom Kläger vorgelegten Arbeiten aus den Streitjahren ergebe, dass er sich schwerpunktmäßig in den Bereichen Marketing und Vertrieb betätigt habe. Inwieweit die Mitarbeit des Klägers in Beraterteams auch Kenntnisse in allen anderen Bereichen der Betriebswirtschaft erfordert habe, sei den vorgelegten Unterlagen nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Im Übrigen hätten den Teams auch Betriebswirte und Diplomkaufleute angehört.
Die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht überzeugend. Wenn er äußere, der Kläger habe schon im Rahmen seiner ersten Ausbildung betriebswirtschaftliche Kenntnisse in dem Umfang erworben, wie sie Gegenstand des betriebswirtschaftlichen Grundstudiums seien, könne dies nicht nachvollzogen werden. Denn der Gutachter habe keinerlei Informationen über Inhalt, Aufbau und Ablauf der Fortbildungen gehabt. Nach seinen Ausführungen habe es sich um eine zweijährige berufsbegleitende Fortbildung mit zwei bis drei Wochenstunden gehandelt, die Finanzen, Buchhaltung und Marketing nach damaligen Maßstäben beinhaltet habe. Dies könne nicht mit einem betriebswirtschaftlichen Grundstudium verglichen werden, das z. B. an der Universität Hamburg vier Semester dauere und Veranstaltungen mit zahlreichen Semesterwochenstunden beinhalte. Auch habe bei der vom Kläger wahrgenommenen Fortbildung keine Abschlussprüfung stattgefunden, die eine Leistungskontrolle ermögliche.
Es sei zu bezweifeln, dass aus der vorgelegten Literatur auf ein wissenschaftlich orientiertes Selbststudium geschlossen werden könne. Die vorgelegten Werke beträfen in erster Linie Fragen des Marketings. Das spreche für die Arbeitsweise eines Praktikers, der sich mit Spezialliteratur versorge. Als allgemeines Werk sei lediglich das Lehrbuch von Wöhe genannt. Die Lektüre des Harvard-Business-Manager-Journals könne selektiv erfolgt sein. Außerdem könne mit der Vorlage einer Literaturliste und der Behauptung, die angegebene Literatur durchgearbeitet zu haben und die Materie zu beherrschen, der Erfolg einer Ausbildung nicht nachgewiesen werden. Aus dem Fernlehrgang ,,Engpasskonzentrierte Strategie'' könne ebenfalls nicht auf die erforderliche Berufsqualifikation geschlossen werden.
Die Ausführungen des Gutachters zu den zwischen der Ausbildungszeit und den Streitjahren ausgeübten Tätigkeiten erschöpften sich darin, die Angaben des Klägers wiederzugeben. Objektive Anhaltspunkte für eine Vergleichbarkeit der Tätigkeit seien nicht gegeben. Letztlich sei Grundlage für die Wertung des Gutachters die Überzeugung, dass die ausgeübten Tätigkeiten einen entsprechenden Kenntnisstand auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre erforderten. Nach Ansicht des Senats sei hingegen nur der Schluss gerechtfertigt, dass der Kläger ein hervorragender Praktiker sei. Nicht geschlossen werden könne darauf, dass der Kläger in der Lage sei, ein betriebswirtschaftliches Problem selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten. Für die Äußerung des Gutachters, der Kläger sei in der Lage, sich Kenntnisse über Theorien zu verschaffen und diese angemessen zu verwerten, sei kein nachprüfbarer Anhaltspunkt zu finden. Der Sachverständige habe den Kläger auch nicht zu wissenschaftlichen Theorien befragt.
Die vom Kläger beschriebenen Tätigkeiten umfassten im Übrigen nicht den Bereich des betrieblichen Rechnungswesens. Dass Vorgesetzten und Auftraggebern bestimmte Zahlenwerte erläutert worden seien, lasse nicht darauf schließen, dass der Kläger denselben Kenntnisstand auf dem Gebiet des betrieblichen Rechnungswesens gehabt habe wie ein ausgebildeter Betriebswirt.
Im Ergebnis folge einerseits aus den Ausführungen des Gutachters nicht, dass der Kläger den erforderlichen Kenntnisstand habe. Andererseits seien die vorgelegten Unterlagen und das Gespräch des Sachverständigen mit dem Kläger keine ausreichende Grundlage für Feststellungen zu einem entsprechenden Kenntnisstand.
Ein Obergutachten müsse nicht eingeholt werden. Die Entscheidung darüber stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Geboten sei die Einholung insbesondere, wenn das vorliegende Gutachten von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehe, grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweise. Entsprechendes gelte, wenn an der Sachkunde oder Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Zweifel beständen, wenn es sich um schwierige, noch nicht hinreichend geklärte Fachfragen handele oder wenn ein anderer Sachverständiger überlegene Erkenntnismittel einsetzen könnte. Die Meinung eines Beteiligten, das vorliegende Gutachten sei keine brauchbare Erkenntnisquelle, reiche nicht aus (, BFH/NV 1996, 773; , BFH/NV 1988, 788). Im Streitfall zeige das Gutachten die Problematik der Sachverhaltsermittlung zur Frage des ,,ähnlichen Berufs''. Auch ein weiterer Gutachter müsse auf dieselben Erkenntnisquellen zurückgreifen, die nicht hinreichend ergiebig seien.
Eine Wissensüberprüfung durch den Sachverständigen, die nicht hinter der Aussagekraft eines auf zahlreichen Leistungsnachweisen beruhenden Abschlusszeugnisses zurückbleiben solle, sei nicht möglich. Außerdem stoße bei einem derartigen Beweisthema die richterliche Kontrolle der Bewertung des Sachverständigen an Grenzen, weil dessen sachkundiger Einschätzung Wertungen zugrunde lägen, die von persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen bestimmt seien und nur eingeschränkt vermittelt werden könnten (, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 763, bestätigt durch , BFH/NV 1999, 607). Im Übrigen würde eine derartige Beweiserhebung nur auf den augenblicklichen Wissensstand gerichtet sein, während entscheidungserheblich auf den Kenntnisstand in den Streitjahren abzustellen sei.
Die Vernehmung der benannten Zeugen sei nicht erforderlich. Sämtliche Beweisangebote bezögen sich auf den Inhalt der ausgeübten Tätigkeiten. Diese seien aber bereits in das Gutachten eingeflossen und könnten zur Sachverhaltsaufklärung nichts mehr beitragen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und der Denkgesetze sowie einen Verfahrensfehler.
Gründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hätte dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens entsprechen müssen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH übt derjenige den Beruf des beratenden Betriebswirts i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft - und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten - vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und tatsächlich einsetzt. Diesem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entsprechend liegt ein ,,ähnlicher Beruf'' nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt (, BFHE 153, 222, BStBl II 1988, 666; vom III R 58/85, BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24; vom IV R 135/90, BFHE 164, 408, BStBl II 1991, 769). Verfügt der Steuerpflichtige nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule (Diplom), Fachhochschule (Diplom/graduierter Betriebswirt) oder Fachschule (staatlich geprüfter Betriebswirt), muss er eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen (vgl. Senatsurteil vom IV R 154/86, BFHE 158, 409, BStBl II 1990, 73, unter b). Diesen Nachweis kann der Autodidakt durch Belege über eine erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, anhand praktischer Arbeiten oder durch eine Art Wissensprüfung führen (, BFHE 192, 439, BStBl II 2000, 616; in BFHE 164, 408, BStBl II 1991, 769).
Macht der Steuerpflichtige im Prozess geltend, er habe die erforderlichen Kenntnisse, muss er Tatsachen dazu vortragen, wie er die Kenntnisse erworben hat und inwieweit er sie in der Praxis einsetzt. Stehen diese Tatsachen nicht bereits zur Überzeugung des Gerichts fest, muss das FG aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den vom Kläger gestellten Anträgen zur Erhebung von Beweisen, die geeignet erscheinen, den erforderlichen Nachweis der Kenntnisse zu erbringen, entsprechen. Die Beantragung eines Sachverständigengutachtens ersetzt zwar nicht den erforderlichen Tatsachenvortrag zu den Umständen des Erwerbs der Kenntnisse und der praktischen Anwendung der erworbenen Kenntnisse (Senatsbeschluss vom IV B 112/93, BFH/NV 1995, 420). Der Sachverständigenbeweis kann aber in diesem Zusammenhang unter zwei Gesichtspunkten ein geeignetes Beweismittel sein. Einerseits kommt ein Gutachten zur Klärung der Frage in Betracht, ob die vorgelegten praktischen Arbeiten den Rückschluss auf vorhandene Kenntnisse in der gebotenen Tiefe und Breite zulassen. Andererseits kann im Wege eines Sachverständigengutachtens auch eine Wissensprüfung vorgenommen werden, indem der Gutachter den Steuerpflichtigen gewissermaßen examiniert.
Die Wissensprüfung kann nach Auffassung des Senats allerdings nur als ergänzendes Beweismittel in Betracht kommen. Denn zum einen weist die Examinierung Defizite im Hinblick auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auf. Zum anderen ist sie nur geeignet, den Nachweis über ein aktuell vorhandenes Wissen zu erbringen, so dass weitere Rückschlüsse auf den Kenntnisstand im Streitzeitraum notwendig sind. Deshalb kommt ein solcher Beweis nur dann in Betracht, wenn sich aus den vorgetragenen Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse bereits erkennen lässt, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte (vgl. Senatsurteil in BFHE 192, 439, BStBl II 2000, 616; Senatsbeschluss in BFH/NV 1995, 420; Urteile des FG Baden-Württemberg in EFG 1998, 763, und vom 2 K 181/95, EFG 1999, 832). Im Hinblick darauf, dass ein Misserfolg bei der Wissensprüfung weitreichende Folgen über den Prozessverlust hinaus haben kann, ist das Gericht auch nicht verpflichtet, diesen Beweis ohne entsprechenden Antrag des Klägers zu erheben (Senatsurteil in BFHE 192, 439, BStBl II 2000, 616).
2. Im Streitfall hätte das FG die Wissensprüfung durch einen Sachverständigen vornehmen lassen müssen.
a) Der Kläger hat vorgetragen, er habe die erforderlichen Kenntnisse im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen und durch Selbststudium erworben. Zum Nachweis hat er Arbeiten aus seiner praktischen Tätigkeit vorgelegt. Das FG hat dementsprechend zutreffend beschlossen, Beweis durch Sachverständigengutachten darüber zu erheben, ob der Kläger Kenntnisse in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre in einer Breite besitzt, wie sie die Ausbildungsgänge zum Diplomkaufmann, zum Diplombetriebswirt (FH) oder zum staatlich geprüften Betriebswirt vermitteln, und ob der Kläger mit Hilfe dieser Kenntnisse in den Streitjahren eine Beratungstätigkeit in einem der Hauptbereiche der Betriebswirtschaftslehre ausgeübt hat.
Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, der Kläger verfüge über Kenntnisse auf dem Niveau eines Diplomkaufmanns und habe als Unternehmensberater eine dem beratenden Betriebswirt entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Das FG ist diesem Ergebnis des Gutachters nicht gefolgt, weil es der Auffassung war, die vom Kläger vorgetragenen und vom Sachverständigen ermittelten Tatsachen reichten nicht für die Feststellung aus, der Kläger habe in den Streitjahren über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) konnte das FG zu der Ansicht gelangen, dass einerseits die vorgelegten praktischen Arbeiten einen Rückschluss auf Kenntnisse in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre in der Breite zulassen, wie sie die Ausbildungsgänge zum Diplomkaufmann, zum Diplombetriebswirt (FH) oder zum staatlich geprüften Betriebswirt vermitteln, und dass andererseits aus den nachgewiesenen Fortbildungsmaßnahmen auf den Erwerb derartiger Kenntnisse im Selbststudium nicht geschlossen werden könne. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze liegt nicht vor und wird auch mit der Revision nicht geltend gemacht. Besonderer Sachkunde bedurfte das Gericht für diese Beweiswürdigung nicht, denn zu beurteilen waren insoweit nicht spezielle Fragen der Betriebswirtschaftslehre.
Eine erneute Begutachtung zu diesen beiden Beweisfragen war nicht erforderlich. Das FG hat sein nach § 82 FGO i. V. m. § 412 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) bestehendes Ermessen zum Verzicht auf eine erneute Begutachtung insoweit fehlerfrei ausgeübt, als es davon ausging, es fehle an hinreichenden Tatsachengrundlagen zur Beurteilung des Kenntnisstands anhand der vorgelegten praktischen Arbeiten oder aufgrund vorgelegter Ausbildungsnachweise, so dass insoweit eine erneute Begutachtung zu keinem besseren Ergebnis führen könnte.
b) Bei dieser Sachlage kann der Kläger die Existenz der erforderlichen Kenntnisse nur dadurch beweisen, dass er sich einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen unterzieht. Dieses Beweismittels muss sich das FG, wie ausgeführt, nur auf Antrag des Klägers bedienen. Der Antrag des Klägers, das Vorhandensein des Wissens durch Sachverständigengutachten zu prüfen, ist als ein Antrag auf Durchführung dieser Wissensprüfung durch einen Sachverständigen zu verstehen. Diesem Antrag hätte das FG entsprechen müssen, nachdem es den Beweis über einen ausreichenden Kenntnisstand auf anderem Wege für nicht geführt und mangels ausreichender Tatsachengrundlagen nicht führbar hielt. Aus den vorgetragenen Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse ergeben sich die vom Senat geforderten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte. Diese werden dadurch verstärkt, dass der Gutachter - wenn auch auf unzureichender Tatsachengrundlage - entsprechende Kenntnisse des Klägers bescheinigt hat.
c) Da das Gericht selbst nicht über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung des Wissensstands verfügt, wie es selbst mit der Beauftragung des Gutachters deutlich gemacht hat, war es zur Einholung eines weiteren Gutachtens zum Zweck der Examinierung des Klägers verpflichtet. Dieser Verpflichtung wird es nun nachkommen und dabei zu beachten haben, dass der zu beauftragende Sachverständige die erforderliche Sachkunde für die Wissensprüfung besitzt. Diese kann sich etwa daraus ergeben, dass er Mitglied eines Gremiums zur Prüfung von Kandidaten für ein betriebswirtschaftliches Diplom oder das Examen zum staatlich geprüften Betriebswirt ist. Sollte das FG aufgrund des erneuten Sachverständigenbeweises zu der Überzeugung kommen, dass der Kläger die erforderlichen Kenntnisse in den Streitjahren besessen hat, und sollte es feststellen, dass der Kläger tatsächlich wie ein beratender Betriebswirt tätig gewesen ist, wird es der Klage stattzugeben haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 768
BB 2002 S. 2052 Nr. 40
BFH/NV 2002 S. 1522 Nr. 11
BFHE S. 367 Nr. 199
BStBl II 2002 S. 768 Nr. 19
DStRE 2002 S. 1303 Nr. 21
FR 2002 S. 1229 Nr. 22
INF 2002 S. 765 Nr. 24
KÖSDI 2002 S. 13451 Nr. 10
KAAAA-89346