Keine Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG (Entscheidung unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten) bei Aufrechnung mit rechtswegfremder Gegenforderung; kein ,,Durcherkennen'' im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, wenn Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sind
Leitsatz
1. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ist bei Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung nicht anzuwenden (Anschluss an , NJW 2002, 317).
2. Im Beschwerdeverfahren kann nach § 116 Abs. 6 FGO nur durcherkannt werden, wenn dabei keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sind.
Gesetze: GVG § 17 Abs. 2GVG § 13ZPO § 322 Abs. 2FGO § 116 Abs. 6
Instanzenzug: FG Nürnberg
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, hat gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) bestandskräftig festgesetzte Steuererstattungsansprüche (Körperschaft- und Umsatzsteuer).
Das FA seinerseits hat gegen M bestandskräftig festgesetzte Steuernachforderungen. M war alleiniger Gründungsgesellschafter der Klägerin. Mit notariellem Vertrag verkaufte M seine Gesellschaftsanteile an der Klägerin zum an die Fa. H. A. G. (AG) Schweiz. Die AG räumte der Klägerin mehrere Darlehen ein, u. a. mit Vertrag vom 18./ ein Darlehen über . . . Mio. DM, welches jedenfalls in Höhe von . . . Mio. DM valutiert ist.
Das FA ging davon aus, dass M hinter der AG stehe, die nach den Feststellungen des Bundesamtes für Finanzen eine Domizilgesellschaft sei, und dass die Darlehenszahlungen in Wahrheit Rückflüsse aus unversteuerten Betriebseinnahmen des M aus dessen Diskothekenbetrieben seien, es sich deshalb aus steuerlicher Sicht um Eigenmittel des M handele.
Mit an die Klägerin gerichteter Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom pfändete das FA daher alle Ansprüche und Rechte (einschließlich Gestaltungsrechte) des M, u. a. aus Darlehensverträgen und Verrechnungskonten, bei denen als Gläubiger M oder die AG benannt waren. In der Drittschuldnererklärung führte die Klägerin aus, dass Forderungen des M gegen sie nicht bestünden und die AG nicht Vollstreckungsschuldnerin des FA sei.
Unter dem erklärte das FA gegen die Steuererstattungsforderungen der Klägerin in Höhe von . . . DM die Aufrechnung mit den gepfändeten Forderungen des M gegen die Klägerin in Höhe von . . . DM.
Auf entsprechenden Antrag beschied das FA die Klägerin mit Abrechnungsbescheid vom dahin, dass deren Körperschaftsteuererstattungsansprüche in Höhe von . . . DM und Umsatzsteuererstattungsansprüche in Höhe von . . . DM durch Aufrechnung mit den gepfändeten Forderungen des M erloschen seien. Der Unterschiedsbetrag in Höhe von . . . DM zu dem zunächst erklärten Aufrechnungsbetrag wurde durch Pfändung der Kaution aus einem Strafverfahren gegen den M wegen versuchter Steuerhinterziehung eingezogen.
Der gegen den Abrechnungsbescheid eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Ihre dagegen erhobene Klage begründete die Klägerin u. a. damit, dass das FA das Bestehen einer Forderung des M gegen sie nicht bewiesen habe. Die Pfändung sei wirkungslos, da die AG und nicht M Inhaber der gepfändeten Forderungen sei. Sie sei zudem von der AG vor dem Landgericht (LG) M auf Rückzahlung eines Teilbetrages von . . . DM verklagt worden und habe in diesem Rechtsstreit dem Freistaat Bayern den Streit verkündet. Da noch nicht geklärt sei, ob ein Gericht über eine rechtswegfremde zur Aufrechnung gestellte Forderung entscheiden könne, werde hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des LG M beantragt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, dass es zur Aussetzung des Verfahrens nicht verpflichtet sei, da nach der Neufassung des § 17 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe. Der Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig, da die Forderung der Klägerin durch die Aufrechnung mit den gepfändeten, als Darlehen der AG in den Bilanzen ausgewiesenen Forderungen erloschen sei. Tatsächlich habe es sich dabei nämlich um wirksame und fällige Einlageforderungen des M gehandelt. Selbst wenn die gepfändeten Forderungen der AG zuzurechnen seien, sei die Aufrechnung im Wege der Durchgriffshaftung unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) gerechtfertigt, da M hinter der AG stünde und seine tatsächliche Gesellschafterstellung bei der Klägerin über das Konstrukt einer schweizerischen Domizilfirma lediglich habe verschleiern wollen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die vorliegende Beschwerde, die die Klägerin auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt sowie auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels, weil das FG das Verfahren nicht ausgesetzt habe, bis das zuständige Zivilgericht über das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten rechtswegfremden Forderung entschieden habe.
Gründe
II.
Die Beschwerde ist begründet.
Das angefochtene Urteil beruht auf einem Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG war gehindert, selbst über den rechtlichen Bestand der zur Aufrechnung gestellten gepfändeten zivilrechtlichen Forderung des M gegen die Klägerin zu entscheiden. Das FG hatte vielmehr die Rechtswegzuständigkeit der Zivilgerichte gemäß § 13 GVG, hier des LG gemäß § 23 Nr. 1 i. V. m. § 71 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), zu beachten und hätte demzufolge bei sachgerechter Ermessensausübung gemäß § 74 FGO den Rechtsstreit bis zu einer Entscheidung des LG aussetzen müssen.
1. Die Beteiligten streiten darüber, ob und inwieweit der Steuererstattungsanspruch der Klägerin durch Aufrechnung mit Gegenforderungen des FA (gepfändete Einlage- bzw. Darlehensforderungen des M gegen die Klägerin) erloschen ist. Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sind zivilrechtlicher Natur. Die Einlage- bzw. Darlehensforderungen erhalten auch nicht dadurch einen öffentlich-rechtlichen Charakter, dass deren Geltendmachung aufgrund der ausgebrachten Pfändung auf das FA, einen Hoheitsträger, übergegangen ist.
Die Aufrechnung mit zivilrechtlichen Ansprüchen gegen öffentlich-rechtliche Ansprüche und umgekehrt ist, soweit die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechnung gegeben sind und das Gesetz keine Einschränkungen enthält, grundsätzlich zulässig (vgl. , BGHZ 16, 124; Senatsbeschluss vom VII B 3/85, BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672; , BSGE 19, 207, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1963, 1844).
Die Aufrechnung ist auch zulässig und materiell-rechtlich wirksam, wenn Forderung und Gegenforderung in verschiedenen Verfahrensarten, die eine vor dem Zivilgericht, die andere vor dem FG, geltend zu machen sind (Senatsbeschluss in BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672; BGH-Urteil in BGHZ 16, 124, 127). Hier bestehen keine verfahrensmäßigen Schwierigkeiten, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung unstreitig ist oder sie von der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Das Gericht, das zur Entscheidung über die Klageforderung zuständig ist, braucht dann über das Bestehen der Gegenforderung nicht zu entscheiden. Mit der Entscheidung darüber, ob die vom FA erklärte Aufrechnung mit der (unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten) Gegenforderung zulässig war und ganz oder teilweise zum Erlöschen der Klageforderung geführt hat, verbleibt es innerhalb des ihm gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs. Verfahrensrechtliche Probleme, die die materiell-rechtliche Zulässigkeit der Aufrechnung indessen nicht hindern, wirft die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, für die ein anderer Rechtsweg als für die Klageforderung gegeben ist, dagegen dann auf, wenn diese - wie im Streitfall - nicht rechtskräftig festgestellt ist und vom Kläger bestritten wird. Denn nach § 322 Abs. 2 ZPO ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht ist, der materiellen Rechtskraft fähig. Es besteht somit die Gefahr, dass ein an sich nicht zuständiges Gericht mit Bindungswirkung gegenüber den nach der Rechtswegzuweisung entscheidungsbefugten Gerichten über das Nichtbestehen der zur Aufrechnung gestellten Forderung entscheidet (Senatsbeschluss in BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672).
Allerdings entscheidet nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG i. d. F. des am in Kraft getretenen 4. Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (4. VwGOÄndG) vom (BGBl. I, 2809), der gemäß § 155 FGO im Finanzgerichtsprozess entsprechende Anwendung findet, das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit ,,unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten''. Diese Bestimmung eröffnet eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz, sofern der beschrittene Rechtsweg zu dem angerufenen Gericht für einen Klagegrund zulässig ist (Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 11/7030, S. 37). Dem angerufenen Gericht wird hiermit die Pflicht auferlegt, in den Fällen, in denen die Klageforderung auf mehrere, an sich verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann, über sämtliche Klagegründe zu entscheiden, sofern der beschrittene Rechtsweg für einen von ihnen gegeben ist (Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 60. Aufl., § 17 GVG Rdnr. 6; Zöller/Gummer, Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 17 GVG Rdnr. 5 ff.; , NJW 1991, 1686).
Die Ausweitung des Prüfungsumfanges durch die Neuregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG erstreckt sich aber nicht auf den Fall der Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Förderung (so wohl auch , NJW 1999, 160). Denn bei der zur Aufrechnung gestellten rechtswegfremden Forderung handelt es sich nicht um einen ,,rechtlichen Gesichtspunkt'' i. S. des § 17 Abs. GVG, sondern um ein selbständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen weiteren selbständigen Gegenstand hinzufügt (vgl. , NJW 2002, 317). Die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung ist vielmehr vergleichbar mit den Fällen der objektiven Klagehäufung (vgl. BGH in NJW 1991, 1686) sowie der Widerklage, für die ebenfalls keine Entscheidungsbefugnis besteht (Zöller/Gummer, a. a. O., § 17 GVG Rdnr. 10; Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung mit Nebengesetzen, 23. Aufl., § 145 Rdnr. 24, § 17 GVG Rdnr. 9; Rupp, NJW 1992, 3274; Musielak, Juristische Schulung - JuS - 1994, 817, 823). Gegen eine erweiternde Auslegung von § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG spricht zudem, dass die Problematik der Aufrechnung mit rechtswegfremden Gegenforderungen bei der Änderung der §§ 17 ff. GVG durch das 4. VwGOÄndG seit langem bekannt gewesen ist, aber die Gesetzesmaterialien (BTDrucks 11/7030, S. 37 ff.) allein die Fälle alternativer und kumulativer Klagebegründungen durch verschiedene Anspruchsgrundlagen behandeln (BAG-Beschluss in NJW 2002, 317). Bei Zulassung der Prozessaufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen käme es auch erneut zu unbefriedigenden Rechtswegzersplitterungen, die durch die §§ 17 ff. GVG n. F. gerade ausgeschaltet werden sollten. Soweit beispielsweise eine aufzurechnende Forderung des öffentlichen Rechts zur Tilgung einer zivilrechtlichen Forderung verwendet würde, wäre ein Zivilgericht zur Entscheidung über Bestehen oder Nichtbestehen des zur Aufrechnung gestellten Teils der Gegenforderung zuständig, während der Streit um den restlichen Teil der Gegenforderung vor den Finanz-/Verwaltungsgerichten auszutragen wäre, wobei diese hinsichtlich dieses Forderungsteiles nicht einmal an die rechtskräftige Beurteilung des Zivilgerichts hinsichtlich des anderen Teils gebunden sind; dies wäre ein Ergebnis, das die angestrebte Prozessökonomie in ihr Gegenteil verkehrt (Rupp, NJW 1992, 3274; Musielak, JuS 1994, 823; Zöller/Gummer, a. a. O., § 17 Rdnr. 10; Thomas/Putzo, a. a. O., § 145 Rdnr. 24, m. w. N.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof - VGH -, Urteil vom 5 UE 1398/91, NJW 1994, 1488, 1490).
Allerdings wird im Schrifttum vielfach die Auffassung vertreten, die Entscheidungskompetenz des für die Klage zuständigen Gerichts sei auch für eine zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Gegenforderung gegeben. Begründet wird dies im Wesentlichen mit der Gesamttendenz der Neuregelung der §§ 17 bis 17 b GVG durch das 4. VwGOÄndG, unnötige Rechtswegstreitigkeiten und Rechtswegaufspaltungen möglichst zu vermeiden, sowie die Verfahren zu beschleunigen und im Hinblick auf die Gleichwertigkeit aller Gerichtsbarkeiten als Verfassungsprinzip. Diesem Gesetzeszweck würde es widersprechen, wenn man § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nur auf die Fälle der Anspruchskumulation anwenden und es im Falle der Aufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen bei der Aufspaltung der Rechtswege belassen würde. Im Interesse der Prozessökonomie und der Rechtsschutzeffektivität sei daher die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung mit der rechtlichen Kumulation rechtswegunterschiedlicher Klagegründe prozessrechtlich gleich zu behandeln (so: Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 76, § 17 Rdnr. 40; Schenke/Ruthig, NJW 1992, 2505, 2510 ff., und NJW 1993, 1374; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., § 17 GVG Rdnr. 6; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Aufl., § 40 Rdnr. 45; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., Anhang § 33 Rz. 14; Rozek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 226 AO 1977 Rz. 135 ff.; Steinhauff, daselbst, § 34 FGO Rz. 64 ff.; vgl. auch Hessischer , Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl - 1994, 806).
Dem vermag der Senat, ganz abgesehen von den oben genannten Gründen, aus nachfolgenden Erwägungen nicht zu folgen. Einer Erstreckung der Entscheidungsbefugnis auf rechtswegfremde Forderungen steht schon der vom Gesetzgeber mit dem Rechtswegesystem verfolgte Zweck entgegen, dass über unterschiedliche Arten von Ansprüchen dafür fachlich besonders qualifizierte Gerichte in einem dafür vorgeschriebenen spezifischen Verfahren entscheiden sollen (vgl. auch Greger in Entscheidungen für Wirtschaftsrecht - EWiR - 1/2002, 19; § 17 GVG). Eine Rechtfertigung für die Durchbrechung dieses Prinzips ergibt sich aus dringenden prozessökonomischen Gründen in den Fällen, in denen derselbe prozessuale Anspruch auf mehreren eigentlich verschiedenen Rechtswegen zugeordneten Anspruchsgrundlagen beruht. Eine vergleichbare prozessuale Situation liegt im Fall der Prozessaufrechnung aber nicht vor. Hier wird der verfahrensrechtliche Zusammenhang erst durch die Prozesshandlung eines Beteiligten hergestellt. Die vom Gesetzgeber angestrebte Beschleunigung des Verfahrens kann es in diesem Falle nicht rechtfertigen, auf die Fachkompetenz der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit zu verzichten und die Entscheidung (§ 322 Abs. 2 ZPO) über die zur Aufrechnung gestellte Forderung dem vorgeschriebenen Rechtsweg zu entziehen (vgl. Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 6 U 3646/99, juris; Zöller/Gummer, a. a. O., § 17 GVG Rdnr. 10, m. w. N.), was angesichts der teilweise erheblichen Unterschiede in den einzelnen Verfahrensordnungen nicht gerechtfertigt erscheint.
Sofern dem Gericht eine Entscheidung über eine rechtswegfremde zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nicht zusteht, kann eine endgültige Sachentscheidung über die anhängige Klage nicht getroffen werden. Der Senat hat dazu schon in seinen Entscheidungen in BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672 und vom VII R 52/85 (BFHE 152, 317, BStBl II 1988, 500) erkannt, dass das FG im Falle der Aufrechnung mit einer bürgerlich-rechtlichen Forderung, die nur vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden kann, gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung nach § 155 FGO, § 322 Abs. 2 ZPO und die Vorgreiflichkeit der in den Bereich der Zivilgerichte fallenden Entscheidung befugt ist, das Verfahren nach § 74 FGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Gegenforderung auszusetzen. Ob die Aussetzung angesichts der von dem FG zu treffenden Ermessensentscheidung nur zulässig oder zwingend geboten war, hatte der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen. In Fortführung dieser Rechtsprechung hält es der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH und des BVerwG zu den wortgleichen Vorschriften des § 148 ZPO und des § 94 der Verwaltungsgerichtsordnung (Urteil in BGHZ 16, 124; , BVerwGE 77, 19, m. w. N.) für allein ermessensgerecht, wenn das FG in den Fällen, in denen § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht eingreift, den Rechtsstreit gemäß § 74 FGO aussetzt, bis das zuständige Gericht über den Bestand der zur Aufrechnung gestellten rechtswegfremden Forderung entschieden hat (Ermessensreduzierung auf Null). Gleichzeitig hat das FG aber dem mit der umstrittenen Gegenforderung aufrechnenden Beteiligten zur Erhebung der Klage auf Feststellung des Bestehens dieser Forderung in dem für diese zuständigen Rechtswege - soweit noch nicht erfolgt - eine Frist zu setzen. Erhebt der Aufrechnende die Klage vor dem anderen Gericht nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist, so kann das FG in dem anhängigen Verfahren das Bestehen der Gegenforderung als nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast nicht erwiesen behandeln (ebenso: BGH-Urteil in BGHZ 16, 124) und ohne Berücksichtigung der Aufrechnung entscheiden. Durch eine Entscheidung dieses Inhalts, die keine Rechtskraftwirkung nach § 322 Abs. 2 ZPO hat, wäre der aufrechnende Beklagte auch im Falle des Prozesses mit dem ursprünglichen Gläubiger der Klageforderung nicht gehindert, die behauptete Gegenforderung später noch auf dem zuständigen Rechtsweg einzuklagen (Senatsbeschluss vom VII B 146/97, BFHE 184, 242, BStBl II 1998, 200, unter Hinweis auf BGH-Urteil in BGHZ 16, 124, 140, und Urteil des BSG in BSGE 19, 207).
2. Da mithin im Streitfall die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegen, kann der Senat gemäß § 116 Abs. 6 FGO i. d. F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom (BGBl. I 2000, 1757) das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen. Der Senat hält es für angezeigt, entsprechend dieser Vorschrift zu verfahren. Allerdings kommt ein solches ,,Durcherkennen'' im Beschwerdeverfahren bei zweckgerechter Ausübung des von § 116 Abs. 6 FGO eingeräumten Ermessens dann nicht in Betracht, wenn dabei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sind oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sogar - wie hier - vom Beschwerdeführer geltend gemacht wird (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O., § 116 Rz. 65). Der Klärung des Anwendungsbereichs des § 17 Abs. 2 GVG kommt indes angesichts der bisherigen Senatsrechtsprechung sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung der anderen Bundesgerichte keine grundsätzliche Bedeutung zu und es ist nicht zu erwarten, dass der Senat in einem Revisionsverfahren zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen könnte.
3. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang das Verfahren auszusetzen haben und gleichzeitig dem FA als dem aufrechnenden Verfahrensbeteiligten, welcher die Beweislast für das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Forderung trägt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom VII B 229/91, BFH/NV 1994, 479), eine Frist zur Erhebung der Klage über das Bestehen der gepfändeten Forderung setzen müssen. Die Tatsache, dass bereits ein Rechtsstreit zwischen der Klägerin und der AG über die Rückforderung eines Teilbetrages in Höhe von . . . DM bei dem LG M anhängig ist, steht dem jedenfalls angesichts der bisherigen Feststellungen nicht entgegen. So ist nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich, inwieweit diese Klage mit den gepfändeten Forderungen im Zusammenhang steht. Schließlich ist auch nicht erkennbar, inwiefern die Rechtskraft dieser Entscheidung sich auf das FA erstrecken könnte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 509
BB 2002 S. 1358 Nr. 26
BFH/NV 2002 S. 990 Nr. 7
BFHE S. 55 Nr. 198
BStBl II 2002 S. 509 Nr. 14
DStRE 2002 S. 915 Nr. 14
PAAAA-89272