BGH Beschluss v. - 1 StR 436/21

Strafverurteilung wegen Steuerhinterziehung u.a.: Abgrenzung zwischen Tateinheit und Tatmehrheit bei Steuerverkürzung durch Ausstellung von Scheinrechnungen

Gesetze: § 52 StGB, § 53 StGB, § 266a StGB, § 34 AO, § 35 AO, § 370 Abs 1 AO, § 41a Abs 1 EStG, § 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG, § 2 Abs 1 UStG, § 14c Abs 2 UStG, Art 203 EGRL 112/2006

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/12 KLs 22/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten   N.       wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen und wegen Beihilfe zu jeweils 35 Fällen der Steuerhinterziehung sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, also wegen fünf Straftaten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es gegen diesen Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe des vereinnahmten Tatlohns mit einem Betrag von 239.899,34 € angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge – teilweise unter Erstreckung auf die beiden Mitangeklagten – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte   N.       als faktischer Geschäftsführer die Y.    G.                                 GmbH (im Folgenden: Y.  GmbH), die im Tatzeitraum nur in geringem Umfang Reinigungsdienstleistungen erbrachte. Formeller Alleingeschäftsführer der Y.  GmbH war von 2013 bis zum der nicht revidierende Mitangeklagte M.       , ein Sohn des Angeklagten   N.       , der sich nur mit wenigen Einzelleistungen am nachfolgend dargestellten Scheinrechnungshandel beteiligte.

3Im Zeitraum von Oktober 2014 bis April 2017 übergab der Angeklagte   N.       oder ab März 2015 auf seine Weisung sein anderer Sohn, der nicht revidierende Mitangeklagte A.      , anderen Unternehmen, insbesondere monatlich der vom gesondert Verfolgten     Ay.    geführten P.      GmbH, auf die Y.  GmbH ausgestellte Abdeckrechnungen über tatsächlich nicht durchgeführte Reinigungsarbeiten. Mit diesen ʺServiceleistungenʺ wollten die Angeklagten den Auftraggebern ermöglichen, Lohnzahlungen zu verschleiern, um insoweit weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge anzumelden und abzuführen. Die von den Auftraggebern an die Y.  GmbH überwiesenen Rechnungsbeträge hoben der Angeklagte   N.       oder der Mitangeklagte A.      , im geringen Umfang der Mitangeklagte M.       , in bar ab und gaben das Bargeld den Auftraggebern zurück, damit diese ihre Angestellten bezahlen konnten. Der Angeklagte   N.       behielt seine Provision von 7 % des jeweiligen Rechnungsbetrages ein, insgesamt nach den Berechnungen des Landgerichts von der P.      GmbH geleistete 239.899,34 €.

4Weder der Angeklagte   N.       noch der Mitangeklagte M.        gaben für die Y.  GmbH Umsatzsteuerjahreserklärungen bezüglich der Jahre 2014 und 2015 ab, der Angeklagte   N.       auch nicht bezüglich des Jahres 2016 (Fälle unter II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe).

5Ab September 2017 übernahm die ebenfalls vom Angeklagten    N.       betriebene, wiederum nur in geringem Umfang Reinigungsarbeiten durchführende (UA S. 10) B.A.       GmbH (im Folgenden: B.    GmbH) von der Y.  GmbH den Handel mit den Scheinrechnungen; formeller Geschäftsführer war der Angeklagte A.      . Weder der Angeklagte   N.        noch der Mitangeklagte A.      gaben für die B.    GmbH eine Umsatzsteuerjahreserklärung bezüglich des Jahres 2017 ab (Fall unter II. 3.) der Urteilsgründe).

6Zugunsten der P.      GmbH enthielt     Ay.    mithilfe der von den Angeklagten   N.       und A.      überlassenen Scheinrechnungen von Oktober 2014 bis Dezember 2017 insgesamt 1.954.929,32 € an Sozialversicherungsbeiträgen vor (Fälle unter II. 1. b) der Urteilsgründe); an Lohnsteuer hinterzog er auf diese Weise zugunsten der P.      GmbH insgesamt 174.998,28 € (Fälle unter II. 1. c) der Urteilsgründe).

72. Das Urteil hält überwiegend sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

8a) In den Fällen unter II. 1. der Urteilsgründe begegnet die Annahme von Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) durchgreifenden Bedenken (dazu unter aa)). Die geänderte konkurrenzrechtliche Beurteilung zieht die Teileinstellung wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung nach sich (dazu unter bb)).

9aa) Das Landgericht hat das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerhaft beurteilt (UA S. 37).

10(1) Ob bei Beihilfe Tateinheit oder -mehrheit anzunehmen ist, hängt von der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit nach § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbständige Taten unterstützt werden, also den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Fehlt es aber an einem individuellen, ausschließlich je eine Einzeltat fördernden Tatbeitrag, ist von einer (einheitlichen) Beihilfe im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB auszugehen (st. Rspr.; Rn. 108; Beschluss vom – 1 StR 486/19 Rn. 7 f.; je mwN).

11(2) Der Angeklagte   N.       überließ dem     Ay.    fortlaufend, mithin Monat für Monat, Scheinrechnungen und zahlte 93 % der überwiesenen Gelder zurück; seine monatliche Beteiligung folgt bereits daraus, dass     Ay.    monatlich die Arbeitnehmer der P.      GmbH zumindest teilweise mit ʺSchwarzgeldʺ entlohnte. Eine solche Schlussfolgerung gilt – jedenfalls nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe – auch für den Mitangeklagten A.      , der ab März 2015 ebenfalls durch das Erstellen von Scheinrechnungen und Geldabhebungen an den einzelnen Haupttaten mitwirkte (insbesondere UA S. 10). Damit sind den durch     Ay.    monatlich begangenen Haupttaten jeweils nur diese Taten fördernde Einzelbeiträge des Angeklagten   N.       und des Mitangeklagten A.      zuzuordnen.

12(3) Der Senat entscheidet – vorbehaltlich der Teileinstellung des Verfahrens wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung – selbst auf Tatmehrheit (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend, § 357 Satz 1 StPO). Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht einer Schuldspruchänderung nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich die geständigen Angeklagten hiergegen wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

13Zudem gilt: Durch die Übergabe der Scheinrechnungen und die Rückzahlung der Gelder leisteten die Angeklagten nicht nur Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, sondern zugleich zur Hinterziehung von Lohnsteuer; insoweit ist hinsichtlich eines jeden Monats von jeweils einer Tat auszugehen (§ 52 Abs. 1 Alternative 1, § 27 Abs. 1 StGB; vgl. Beschluss vom – 1 StR 486/19 Rn. 10 mwN).

14(4) Die Schuldspruchänderung bedingt die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen. Die Feststellungen zum Schuldumfang bleiben indes bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO). Denn sowohl die Schätzung der Schwarzlöhne als auch die Berechnungsdarstellung hinsichtlich der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der verkürzten Lohnsteuer genügen den von Rechts wegen zu stellenden Anforderungen (vgl. dazu nur , BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 10 Rn. 12 f.).

15(5) Konkrete Einzelbeiträge sind dem Urteil hinsichtlich des Mitangeklagten M.        hingegen nicht zu entnehmen. Der Senat schließt aus, dass in einem neuen Rechtsgang tragfähige Feststellungen zu individuellen Tatbeiträgen, die nur eine bestimmte Haupttat förderten, getroffen werden könnten. Die gegen den Mitangeklagten M.        im Fall II. 1. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe hat mithin Bestand.

16bb) Infolge der geänderten konkurrenzrechtlichen Bewertung sind hinsichtlich des Angeklagten   N.       drei Fälle wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung einzustellen (§ 206a Abs. 1 StPO, § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB).

17(1) Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt:

ʺ1. Die Verjährung für Straftaten nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB beträgt fünf Jahre, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. Sie beginnt mit Tatbeendigung, § 78a Satz 1 StGB. Das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB ist beendet, sobald der Fälligkeitszeitpunkt nach § 23 Abs. 1 SGB IV verstrichen ist (vgl. Senat, Beschluss vom – 1 StR 58/20, Rn. 11, 13). Danach sind die vorbezeichneten Straftaten jeweils mit dem drittletzten Bankarbeitstag des Monats (§ 23 Abs. 1 SGB IV) beendet. Dies war im Hinblick auf die zeitlich späteste Tat von Dezember 2014 (UA S. 11) der . … Der Erlass des Haftbefehls gegen den Angeklagten am (Bd. VII, Bl. 61) hat die Verjährung erst hinsichtlich der danach folgenden Taten rechtzeitig unterbrochen, § 78c Abs. 1 Nr. 5 StGB. …

2. Die Verjährung für Straftaten nach § 370 Abs. 1 AO beträgt ebenfalls fünf Jahre, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich noch hinreichend, dass der anderweitig Verfolgte Ay.    als Geschäftsführer der P.      GmbH Lohnsteuer hinterzogen hat (UA S. 13), indem er eine unvollständige Anmeldung nach § 41a Abs. 1 EStG vorgenommen und insoweit Lohnsteuer in zu geringem Umfang entrichtet hat (UA S. 30 f.). Vollendung und Beendigung der Steuerhinterziehung tritt ein, wenn eine Anmeldung zum Fälligkeitszeitpunkt, also bis zum zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums, zu niedrig erfolgt … Dies war im Hinblick auf die zeitlich späteste Tat Dezember 2014 der . Auch hier konnte der Erlass des Haftbefehls die Verjährung nicht mehr rechtzeitig unterbrechen.ʺ

18(2) Die Verfahrensteileinstellung ist nicht nach § 357 Satz 1 StPO auf den Mitangeklagten M.        zu erstrecken, weil bei ihm von einer (einheitlichen) Beihilfe auszugehen ist, die erst am beendet war (vgl. Rn. 49-51 mwN).

19b) In den Fällen unter II. 2. und II. 3. der Urteilsgründe ist das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die beiden Servicefirmen bzw. die Angeklagten durch den Handel mit Abdeckrechnungen steuerpflichtige Leistungen ausführten. Der Handel mit Abdeckrechnungen ist kein steuerbarer Umsatz.

20aa) Bei der Auslegung der § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG sind die dem Umsatzsteuergesetz zugrundeliegende Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU Nr. L 347 S. 1; im Folgenden: Mehrwertsteuersystemrichtlinie) und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu beachten (sogenannte richtlinienkonforme Auslegung; vgl. , BGHR UStG § 15 Vorsteuerabzug 5 Rn. 14; siehe auch , BGHSt 63, 29 Rn. 53). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat (, BGHSt 60, 134 Rn. 78), verbietet der Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der Erhebung der Mehrwertsteuer eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Dies gilt jedoch nicht für die Lieferung von Erzeugnissen oder Dienstleistungen, die insoweit besondere Merkmale aufweisen, als sie – mit Ausnahme eines streng überwachten Vertriebes zur Verwendung für besondere Zwecke – schon nach ihrem Wesen in allen Mitgliedstaaten einem vollständigen Verkehrsverbot unterliegen. In einer derartigen besonderen Situation, in der zwischen einem legalen und einem illegalen Wirtschaftssektor jeder Wettbewerb ausgeschlossen ist, kann der Grundsatz der steuerlichen Neu-tralität nicht berührt sein, wenn der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist (st. Rspr.; grundlegend 289/86 – Happy Family, Slg 1988, 3655-3678 Rn. 17 f.; in der Folge u.a. – Fischer, Slg 1998, I-3369-3399 Rn. 19 ff.; vom – C-158/98 – Coffeeshop Siberië, Slg 1999, I-3971-3997 Rn. 14; vom – C-354/03, C-355/03 und C-484/03 – Optigen u.a., Slg 2006, I-483-524 Rn. 49; vom – C-439/04 und C-440/04 – Kittel und Recolta Recycling, Slg 2006, I-6161-6198 Rn. 50; zuletzt Beschluss vom – C-381/09 – Curia Rn. 18).

21Dieser umsatzsteuerspezifische, durch die europarechtlichen Vorgaben geprägte Gesichtspunkt geht der allgemeinen Regelung des § 40 AO vor, wonach es für die Besteuerung nicht darauf ankommt, ob das einen steuergesetzlichen Tatbestand erfüllende Verhalten gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Zudem besteht kein Bedürfnis, in Fällen, in denen die ausgegebenen Scheinrechnungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 3, § 14c UStG) Umsatzsteuer ausweisen und die Provisionen verdeckt in die Nettorechnungssumme eingerechnet sind, den Rechnungsscheinhändler wegen einer zusätzlichen Steuerhinterziehung durch Nichterklärung von Umsatzsteuer auf die Provisionseinkünfte zu bestrafen; denn das strafrechtliche Unrecht wird insoweit durch die Ahndung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 14c Abs. 2 UStG abgedeckt.

22bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Handel mit Abdeckrechnungen nicht steuerbar, weil jeder Wettbewerb zwischen einem legalen und einem illegalen Wirtschaftssektor ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für etwa damit zusammenhängende Nebenleistungen. Ein legaler Verwendungszweck für Abdeckrechnungen erscheint nicht vorstellbar. Sie haben – im Gegensatz zu anderen Dokumenten – ihrem Wesen nach nicht Beweis-, sondern Täuschungsfunktion, weil sie Vorgänge fingieren, um Zahlungen und ihre Empfänger zu verschleiern, und dadurch dem Zahler und/oder Zahlungsempfänger Straftaten wie insbesondere Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) – wie hier – oder Untreue (§ 266 StGB; vgl. ) ermöglichen oder erleichtern. Dass die Erwerber von Abdeckrechnungen mit ihrem Vorgehen regelmäßig Wettbewerbsvorteile im legalen Wettbewerb auf Märkten für andere Leistungen anstreben, steht dem nicht entgegen. Dies bedeutet nicht, dass es im Handel mit Abdeckrechnungen selbst einen legalen Wettbewerb gäbe und der Rechnungssteller mit seiner Tätigkeit in einen solchen Wettbewerb träte.

23cc) Soweit dem (insbesondere Rn. 7, 9) eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegen haben sollte (vgl. § 301 StPO), teilt der allein für Steuerstrafsachen nunmehr zuständige 1. Strafsenat diese Ansicht nicht (vgl. auch den Beschluss des Senats vom – 1 StR 314/20 Rn. 6 f., 19 f. zu einem abweichenden Sachverhalt, in welchem die Hauptangeklagte nicht nur mit Abdeckrechnungen handelte, sondern auch für die Übernahme von Lohnbuchhaltungstätigkeiten, mithin für steuerpflichtige sonstige Leistungen, Entgelte vereinnahmte [§ 3 Abs. 9 UStG]).

24dd) Der Senat kann die Angeklagten gleichwohl nicht vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freisprechen, da nicht auszuschließen ist, dass die Y.  GmbH und die B.    GmbH aus anderen Gründen zur Erklärung von Umsatzsteuer verpflichtet waren und die Angeklagten diese hinterzogen.

25(1) Die Angeklagten als faktischer bzw. formelle Geschäftsführer der beiden Servicegesellschaften könnten zur Erklärung von Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG, §§ 34, 35 AO verpflichtet gewesen sein, soweit sie in den Abdeckrechnungen Umsatzsteuer gesondert auswiesen (vgl. Rn. 16) oder ihren Auftraggebern gestatteten, entsprechende Abdeckrechnungen selbst zu erstellen (vgl. , BFHE 234, 430). Mit § 14c Abs. 2 UStG, der Art. 203 MwStSystRL umsetzt, soll einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem (vermeintlichen) Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann (vgl. , BGHR StGB § 73c S 1 Erlangtes 1 Rn. 12; , BFHE 257, 462 Rn. 11; je mwN).

26(2) Zudem ist nicht gänzlich auszuschließen, dass die Y.  GmbH und die B.    GmbH allein wegen ihrer legalen Reinigungstätigkeiten zur Erklärung von Umsatzsteuer verpflichtet waren (insbesondere UA S. 10; vgl. auch UA S. 21). Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erscheint noch denkbar, dass die Umsätze in diesen Bereichen die Grenze für Kleinunternehmer (§ 19 UStG) überstiegen und trotz möglicher Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfänger (§ 13b Abs. 2 Nr. 4, 8, Abs. 5 Satz 2, 5 UStG) die beiden Servicegesellschaften zumindest für einen Teil der Umsätze selbst die Erklärung der Umsatzsteuer schuldeten.

27(3) Bezüglich des Jahres 2016 wird zu prüfen und gegebenenfalls klarzustellen sein, ob der Angeklagte   N.       auch nach Abberufung des Mitangeklagten M.        am und Bestellung des G.       zum neuen Geschäftsführer faktischer Geschäftsführer der Y.  GmbH und damit zum Erklärungspflichtiger blieb (§§ 35, 34 Abs. 1 AO).

28c) Die Verfahrensteileinstellung bedingt die Reduzierung des Umfangs der Einziehung, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.

29Die Quotelung und Verteilung der die Einziehung betreffenden besonderen Auslagen des Angeklagten und Gerichtsgebühr sind bereits durch die Kostenfolge aus § 467 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO abgedeckt (vgl. Rn. 18).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:120122B1STR436.21.0

Fundstelle(n):
AO-StB 2022 S. 289 Nr. 9
BFH/NV 2022 S. 703 Nr. 6
PStR 2023 S. 97 Nr. 5
UR 2022 S. 566 Nr. 15
wistra 2022 S. 298 Nr. 7
PAAAI-62929