Steuerentlastung ante portas
Erstes Maßnahmenpaket verabschiedet
Der Bundestag hatte am mit den Stimmen der Ampelkoalition das Steuerentlastungsgesetz 2022 beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrats erfolgte am . Damit können die Entlastungen nun unterjährig in 2022 umgesetzt werden. Zugleich hat damit die Ampelkoalition ihr erstes steuerliches Maßnahmenpaket verabschiedet. Getreu dem Motto, tue Gutes und rede darüber, war es vermutlich auch kein Zufall, dass in diese Legislaturperiode mit einem steuerlichen Entlastungspaket gestartet wurde. Zweifelsohne ist diese 20. Legislaturperiode begleitet von diversen Friktionen, wie dem Ukrainekrieg, der Coronapandemie und den damit verbundenen ökonomischen Auswirkungen. Steuerentlastungen sind per se kein Selbstzweck, sondern Teil steuerpolitischer Vorstellungen über eine sachgerechte Steuerbelastung und damit verbundene Verteilungswirkungen. Zugleich hat die Ampelkoalition unter Federführung des Finanzministers Christian Lindner den Mut besessen, unterjährig infolge der gestiegenen Inflation den Grundfreibetrag anzupassen. Es sei allerdings auch erwähnt, dass die steuerliche Freistellung des Existenzminimums verfassungsrechtlich geboten ist. Darüber hinaus enthält das Steuerentlastungsgesetz 2022 weitere sozialpolitische Maßnahmen, so dass auch eine sozialdemokratische Handschrift zu erkennen ist. Gestartet ist das Gesetz mit gesamtwirtschaftlichen Entlastungen in Höhe von 4,47 Mrd. €; dank Kinderbonus 2022 und einmaliger Energiepreispauschale von 300 € kamen am Ende Entlastungen in Höhe von insgesamt 16,28 Mrd. € heraus. In der Gesamtsumme ist dies sicherlich nicht unbeachtlich.
Zugleich werden sich aber auch zukünftig die Fragen mehren, in welchen weiteren Bereichen Entlastungen notwendig, wirtschaftlich sinnvoll und haushalterisch vertretbar sind. Die Meldungen über ein wachsendes Steueraufkommen nach der aktuellen Steuerschätzung werden jedenfalls neue Begehrlichkeiten wecken. Unter dem Stichwort kalte Progression gibt es zudem weitere Themen, bei welchen aus systematischen Gründen Entlastungen vorstellbar sind. Auch die CDU/CSU hatte als Oppositionsfraktion mit dem Antrag „Sofortprogramm für Unternehmen und Beschäftigte“ (BT-Drucks. 20/1499) weitere Entlastungsmaßnahmen diskutiert. Das Thema Steuerentlastung wird daher vermutlich – gerade wegen der derzeitigen besonderen wirtschaftlichen Situation – in der politischen Auseinandersetzung weiterhin eine wesentliche Rolle einnehmen.
Im Hinblick auf das Steuerentlastungsgesetz 2022 und die Einführung einer einmaligen Energiepreispauschale wurde zudem deutlich, welche Grenzen das Steuerrecht für allgemeine Sozialleistungen beinhaltet. Ein Aspekt ist sicherlich die Komplexität und die damit verbundenen Bürokratiekosten. Der Bericht des Finanzausschusses verweist hierauf jedenfalls mit aller Klarheit: „Der erhebliche einmalige Aufwand für die Finanzämter in der zu erwartenden Größenordnung dürfte die zeitgerechte Durchführung der Veranlagungskampagne 2023 gefährden.“ (BT-Drucks. 20/1765 S. 6). Der vom BMF angekündigte Fragen-Antworten-Katalog (FAQ) zur Energiepreispauschale dürfte jedenfalls erste technische Fragen klären, verdeutlicht zugleich aber auch die Komplexität dieser einmaligen Regelung.
Frank Hechtner
Fundstelle(n):
NWB 2022 Seite 1465
NWB SAAAI-62338