Online-Nachricht - Dienstag, 10.05.2022

Umsatzsteuer | Anspruch auf Vorsteuervergütung trotz unterbliebener formeller Angaben (FG)

Der Anspruch auf Vorsteuervergütung ist nicht zu versagen, wenn in der Anlage zum elektronischen Vergütungsantrag formelle Angaben wie die UStIDNr./Steuernummer unterblieben sind (; Nichtzulassungsbeschwerde anhängig, BFH-Az. XI B 34/22).

Hintergrund: Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG und § 61 Abs. 1 Satz 1 UStDV hat der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer den Antrag auf vorsteuervergütung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über das in dem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingerichtete elektronische Portal dem BZSt zu übermitteln.

Sachverhalt: Streitig ist, ob der Klägerin, ein in der Tschechischen Republik ansässiges Unternehmen, für den Zeitraum Januar bis Dezember 2020 ein Anspruch auf Vorsteuervergütung zusteht. Insbesondere ist streitig, ob der entsprechende Vergütungsantrag hinsichtlich der Angaben zu einzelnen Rechnungen ordnungsgemäß gestellt worden ist.

Gegenstand des Antrags waren diverse Rechnungen der inländischen Z, in denen über landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG unter Ausweis eines Steuersatzes von 10,7 % abgerechnet wurde. In sämtlichen dem Antrag beigefügten Rechnungen waren die inländische Steuernummer sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UStIDNr) des Rechnungsausstellers angegeben. Keine der beiden Nummern wurde in die Anlage zum Vergütungsantrag in das dafür vorgesehene Feld übernommen. Die Beklagte lehnte die von der Klägerin beantragte Vorsteuervergütung teilweise mit der Begründung ab, die Klägerin habe trotz schriftlicher Aufforderung keine vollständige Anlage vorgelegt, in der auch die Steuernummer oder die UStIDNr der inländischen Z als leistendem Unternehmen aufgeführt sei

Das FG Köln gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Gegenstand des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes, auf den § 61 Abs. 1 UStDV Bezug nimmt, ist u.a. eine Antragsanlage. In dieser Anlage sind die Rechnungen, für die die Vorsteuervergütung begehrt wird, im Einzelnen aufzulisten.

  • Dem ist die Klägerin mit dem streitgegenständlichen Vergütungsantrag nachgekommen und hat nicht nur sämtliche gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a) sowie Buchst. c) ff. und Art. 9 der Richtlinie 2008/9/EG erforderlichen Details eingetragen, sondern auch die zu Grunde liegenden Rechnungen elektronisch miteingereicht.

  • Die gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2008/9/EG erforderlichen Angaben zur Steuernummer oder zur UStIDNr des leistenden Unternehmers hat die Klägerin zwar nicht aus den beigefügten Rechnungen in die dafür vorgesehenen Felder der Anlage übertragen und damit insoweit nicht den besonderen Formalien des Vergütungsverfahrens genügt.

  • Im Lichte der europarechtlichen Vorgaben durch die Richtlinie 2008/9/EG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH steht dies jedoch, anders als der Beklagte meint, einer Vergütung der in Rechnung gestellten Steuer nicht entgegen.

  • Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verlangt das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat. Dies hat der EuGH auch bezogen auf das Vorsteuervergütungsverfahren bestätigt und entschieden, dass formal fehlerhafte Rechnungen auch noch nach Ablauf der Antragsfrist korrigiert werden und damit zum Vorsteuerabzug berechtigen können (vgl. ).

  • Zudem hat der EuGH wiederholt ausgesprochen, dass das Recht auf Vorsteuerabzug bzw. Mehrwertsteuererstattung als integraler Bestandteil des Mehrwertsteuersystems der EU grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Der Vorsteuerabzug ist auch dann zu gewähren, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat (vgl. ; v. - C-346/19 und v. - C-396/20). Anders ist dies nur, wenn der Verstoß gegen formelle Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen auf einen Vorsteuervergütungsanspruch erfüllt wurden (vgl. ).

  • Hieraus folgt, dass die Finanzverwaltung bei unzureichenden Angaben in einem Vorsteuervergütungsantrag die fehlenden Informationen aus den ihr vorliegenden Rechnungen zu entnehmen hat. Die in der Antragsanlage fehlenden UStIDNr oder Steuernummern waren daher vom Beklagten unter Einbeziehung der mit dem Antrag eingereichten Rechnungen, die diese Nummern unstreitig enthielten, zu ermitteln.

  • Durch die unterbliebene Angabe der UStIDNr bzw. Steuernummer in der Antragsanlage wurde vorliegend die Arbeit des Beklagten auch nicht unzumutbar erschwert. Die jeweiligen Rechnungen waren unschwer und sicher anhand der in der Anlage angegebenen Rechnungsnummern, des jeweiligen Rechnungsdatums und der genannten Umsatzsteuerbeträge zu identifizieren und den Angaben in der Antragsanlage zuzuordnen. Unbeachtet kann mithin bleiben, dass der Erstattungsantrag sich lediglich auf insgesamt acht Einzelrechnungen bezieht.

Hinweis:

Gegen die Entscheidung hat die Finanzverwaltung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese ist beim BFH unter dem Az. XI B 34/22 anhängig.

Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des FG Köln veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: , FG Köln online (il)

Fundstelle(n):
LAAAI-61296