Online-Nachricht - Dienstag, 10.05.2022

Gesetzgebung | Sachverständigenanhörung zum Vierten Corona-Steuerhilfegesetz (Bundestag)

Die im Zuge der steuerlichen Corona-Hilfsmaßnahmen eingeführte Homeoffice-Pauschale hat sich bewährt und soll dauerhaft etabliert werden. Diese Empfehlung gaben mehrere Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages zum „Vierten Corona-Steuerhilfegesetz“ (BT-Drucks. 20/1111) am ab.

Mit dem Gesetzentwurf soll unter anderem eine Steuerfreiheit von Sonderleistungen der Arbeitgeber in bestimmten Einrichtungen (Corona-Prämie) bis zu einem Betrag von 3.000 Euro ermöglicht werden. Außerdem werden die Regelungen zur Homeoffice-Pauschale bis Ende Dezember 2022 verlängert. Dazu wird ausgeführt, dass für Steuerpflichtige in der Corona-Pandemie mit der Pauschale eine einfache und unbürokratische Möglichkeit bestehe, Aufwendungen für die Arbeit in der Wohnung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (bis zu 600 Euro) abziehen zu können. Die verbesserten Möglichkeiten zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung, für die erweiterte Verlustverrechnung, die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge und Reinvestitionen sowie die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen sollen verlängert werden. Der Entwurf sieht zudem eine Verlängerung der bis zum befristeten Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld um weitere sechs Monate vor.

Ebenfalls Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (BT-Drucks. 20/1339), der die bisher geplanten steuerlichen Maßnahmen nicht weit genug gehen. Sie fordert u.a. eine temporäre, stark degressive „Turbo-Abschreibung“, die signifikante Investitionsanreize über die bestehenden Abschreibungsmöglichkeiten hinaus schaffen soll.

Mehrere Sachverständige forderten Änderungen an der Corona-Prämienregelung. Robert Spiller (Verdi, Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB) erklärte, die Prämie werde nach Vorschlag der Regierung nur dann steuerfrei ausgezahlt, wenn die Zahlung nach bundes- und landesrechtlichen Regelungen geleistet werde. Das sei „sehr problematisch“, denn diese enge Definition schließe ohne Not solche Prämien und Sonderleistungen aus, die auf tarifvertraglicher Grundlage zustande gekommen seien. Daher würden Beschäftigte von Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen, die etwa unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder fallen, nicht in den Genuss dieser Steuerfreiheit kommen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine durch Tarifvertrag begründete Prämie nicht demselben Steuerprivileg zuzuordnen sein solle.

Professor Frank Hechtner (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) forderte ebenso wie die Gewerkschaften, die Homeoffice-Pauschale dauerhaft zu etablieren und nicht ein weiteres Mal zu befristen. Hechtner wies allerdings darauf hin, das diese Pauschale durch die parallel erfolgende Anhebung des Werbungskosten-Pauschbetrags für Arbeitnehmer teilweise entwertet werden könne.

Auch Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft sprach sich dafür aus, die Steuerfreiheit der Corona-Prämie auf Leistungen auszudehnen, die Arbeitgeber aus eigenem Antrieb ohne gesetzliche Verpflichtung auszahlen würden. Die Homeoffice-Pauschale bezeichnete Eigenthaler als sinnvolles Instrument. Sie sei eine Reaktion auf die aufgrund der Pandemie völlig veränderte Arbeitswelt. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die Pauschale als ein bürokratiearmes Instrument erneut nur um ein Jahr befristet werden solle.

Für den Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine stellt sich bei der Corona-Pauschale die Frage, ob die Beschränkung auf Zahlungen aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen und auf den vorgesehenen Personenkreis zielführend sei und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung anderer Beschäftigter führe. Zu den Abschreibungsregelungen regten die Lohnsteuerhilfevereine an, dass auch Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten sollten, die befristete degressive Abschreibung nutzen zu können. Viele Arbeitnehmer würden selbst in Arbeitsmittel investieren, deren Kosten häufig die Grenze als geringwertige Wirtschaftsgüter überschreiten würden.

Der Verband Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) forderte insbesondere bessere Regelungen zur Verrechnung von Gewinnen und Verlusten und bessere Abschreibungsbedingungen. Die von der Bundesregierung geplante Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags auf zwei Jahre sei angesichts weiterhin massiv gestörter Lieferketten und Preissteigerungen für Vorprodukte infolge der Corona-Pandemie sowie des Krieges in der Ukraine nicht ausreichend. Begrüßt wurden die geplanten Verbesserungen bei Abschreibungen. In diesem Zusammenhang wurde die Einführung eine Sofortabschreibung von bis zu 100 Prozent empfohlen.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer erklärte, die vorgesehenen Regelungen seien im Wesentlichen geeignet, die Ziele der Bundesregierung zu fördern. In Einzelfällen seien jedoch Präzisierungen erforderlich. So müsse der begünstigte Personenkreis beim Corona-Pflegebonus konkreter gefasst werden. Wie der VDMA traten auch die Wirtschaftsprüfer für eine Ausweitung des Zeitraums für Verlustrückträge ein. Professor Hechtner wies darauf hin, dass Abschreibungsbedingungen im Steuerrecht einen starken ökonomischen Anreiz entfalten würden. Über eine Verbesserung der Abschreibungsbedingungen könne gezielt ein positiver ökonomischer Impuls gesetzt werden. Hechtner regte ähnlich wie der VDMA die Möglichkeit einer sogenannten Superabschreibung an.

Nach Ansicht der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft hat die Stärkung der betrieblichen Liquidität und damit die Sicherung des Fortbestands des Unternehmens und der Arbeitsplätze oberste Priorität. Deshalb sollte insbesondere die steuerliche Verrechnung von Verlusten noch konsequenter als im Regierungsentwurf vorgesehen verbessert werden, forderten die Spitzenverbände. Dagegen hielt Eigenthaler den Entwurf für ausreichend. Eine weitere Verlängerung von Fristen solle es aber nicht geben.

Die Spitzenverbände wiesen außerdem auf ein anderes Problem hin: Unternehmen, die bislang in Russland oder in der überfallenen Ukraine mit Tochterunternehmen aktiv gewesen seien, seien seit Ausbruch des dortigen Krieges Ende Februar mit Enteignungen und Zerstörungen ihre Anlagen sowie umfangreichen konzerninternen Forderungsausfällen konfrontiert. Enteignungen und solche Ausfälle könnten bisher in Deutschland steuerlich nur schwer beziehungsweise gar nicht geltend gemacht werden. Die Spitzenverbände verlangten eine Überprüfung, damit es eine bald eine pragmatische Lösung geben könne. Solche Verluste müssten anders betrachtet werden als bisher.

Hinweis:

Das Gesetz muss noch das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Über den Stand halten wir Sie mit unserem ReformRadar auf dem Laufenden.

Quelle: hib - heute im bundestag Nr. 215 (il)

Fundstelle(n):
XAAAI-61279