Online-Nachricht - Mittwoch, 13.04.2022

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug eines Gesellschafters aus Investitionsumsätzen (BMF)

Das BMF hat zur Anwendung des Stellung genommen ( :005).

Hintergrund: Der BFH hat mit Urteil v. - V R 8/15, BStBl 2022 II S. xxx, entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nach den EuGH-Urteilen v. - C-137/02, Faxworld, und v. - C-280/10, Polski Trawertyn, auch im Zusammenhang mit Übertragungsvorgängen auf Gesellschaften bestehen könne (Rn. 13 bis 17). Die vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen seien aber – anders als die Vermögensgegenstände in den Sachverhalten der EuGH-Urteile Faxworld und Polski Trawertyn – auch im Fall einer tatsächlich gegründeten GmbH nicht auf die GmbH übertragbar gewesen. Durch sie seien keine auf eine GmbH übertragbaren Vermögenswerte („Investitionsgüter“) entstanden (Rn. 20). Der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH könne im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH aber nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll (Rn. 12).

Hierzu wird folgende Auffassung vertreten:

Leistet ein Gesellschafter bzw. eine Vorgründungsgesellschaft bezogene Leistungen im Rahmen eines eigenen umsatzsteuerlichen Unternehmens an die Gesellschaft weiter, z.B. über eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, richtet sich der Vorsteuerabzug aus den bezogenen Leistungen nach den allgemeinen Grundsätzen. Unter Berücksichtigung der im BFH-Urteil V R 8/15 genannten EuGH-Rechtsprechung kann einem Gesellschafter bzw. einer Vorgründungsgesellschaft unter den übrigen Voraussetzungen der Vorsteuerabzug auch aus einer bezogenen Leistung zustehen, die der Gesellschaft später außerhalb eines Leistungsaustauschs zuwächst (z. B. Weiterleistung durch einen ansonsten nicht unternehmerisch tätigen Gesellschafter). Voraussetzung ist, dass es sich aus Sicht der (geplanten) Gesellschaft um einen Investitionsumsatz handelt und die beabsichtigte Tätigkeit der Gesellschaft einen Vorsteuerabzug nicht ausschließt.

Unter den Begriff Investitionsumsatz fallen dabei Vermögenswerte (bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen), die der Gesellschafter (bzw. die Vorgründungsgesellschaft) tatsächlich an die Gesellschaft überträgt und die von dieser für ihre wirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden. Der vom BFH verwendete erläuternde Klammerzusatz „Investitionsgüter“ ist dabei nicht einschränkend so zu verstehen, dass er nur Wirtschaftsgüter umfasst, sondern kann auch sonstige Leistungen umfassen, sofern diese die Voraussetzungen für einen Investitionsumsatz erfüllen.

Der Gesellschafter ist durch den Investitionsumsatz in Bezug auf diesen ausnahmsweise und unter den übrigen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dafür genügt es, dass die Eigenschaft des Gesellschafters als Unternehmer aus diesem Investitionsumsatz resultiert. Gleiches gilt, wenn der Investitionsumsatz zwar beabsichtigt ist, aber nur deshalb nicht tatsächlich erfolgt, weil eine geplante Gesellschaftsgründung scheitert. Auch in diesem Fall kann dem erfolglosen Gesellschafter bzw. der Vorgründungsgesellschaft der Vorsteuerabzug aus einem Investitionsumsatz zustehen.

Von einem Investitionsumsatz abzugrenzen sind bezogene Leistungen, die generell nicht an die Gesellschaft übertragen werden können (so der Sachverhalt im BFH-Urteil V R 8/15), sondern z. B. durch den Gesellschafter selbst genutzt oder verbraucht werden, oder die zwar von der Gesellschaft genutzt, aber nicht tatsächlich an sie übertragen werden (vgl. , BStBl II 2021 S. 881, zum Erwerb eines Mandantenstammes durch den Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR).

Hinweis:

Das BMF hat den UStAE Abschnitt 15.2b entsprechend angepasst. Die Grundsätze dis Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Das Schreiben ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: BMF online (il)

Fundstelle(n):
NWB TAAAI-59699