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Scheinselbständigkeit eines selbständigen Bilanzbuchhalters
Ein [i]Romanowski, (Schein-)Selbständigkeit von freien Bilanzbuchhaltern, BBK 18/2019 S. 873 NWB KAAAH-29942 Scheinselbständiger ist eine Erwerbsperson, die die Pflichten eines Arbeitnehmers mit den Risiken eines Unternehmers in sich vereinigt. Das Thema Scheinselbständigkeit beschäftigt die Sozialgerichte immer wieder – auch weil die Deutsche Rentenversicherung (DRV) es bei ihren alle vier Jahre stattfindenden Betriebsprüfungen oft aufgreift und zum Gegenstand von Beanstandungen macht. Da solche DRV-Bescheide vielfach teuer sind, versuchen die betroffenen Unternehmen, sich in Rechtsbehelfsverfahren dagegen zu wehren – meist ohne Erfolg.
Das [i]BSG, Urteil v. 27.4.2021 - B 12 KR 27/19 R NWB VAAAH-92508 zeigt auch der am beim Bundessozialgericht entschiedene Fall, der Anlass für diesen Beitrag ist. Dort ging es um einen Buchführungshelfer, der auf Basis eines Dienstvertrags für eine Steuerkanzlei tätig war und seine Leistungen über Honorarrechnungen abrechnete. Im Rahmen eines Statusverfahrens ging die Clearingstelle der DRV Bund in Berlin von einer abhängigen Beschäftigung und damit vom Vorliegen von Sozialversicherungspflicht aus.
Der Beitrag gibt einen allgemeinen Überblick über das Thema Scheinselbständigkeit und beleuchtet die Entscheidungsgründe des BSG näher.
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I. Begriff der Scheinselbständigkeit
1. Definition eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
[i]Meier, Sozialversicherungspflicht, infoCenter NWB YAAAB-41368 Voraussetzungen für die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern in der Sozialversicherung sind einerseits der Bezug von Arbeitsentgelt und andererseits das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (§ 2 Abs. 2 SGB IV).
Nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IV ist eine Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.S. 389
Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses ist weit greifender als der Begriff des Arbeitsverhältnisses; er erfasst somit auch Fälle, in denen ein Arbeitsverhältnis nicht vorliegt.
Unabhängig von der Bezeichnung kann im sozialversicherungsrechtlichen Sinne alles Arbeitsentgelt i. S. des § 14 SGB IV sein.
2. Abgrenzung zur selbständigen Tätigkeit
[i]Geißler, Selbständige Arbeit, infoCenter NWB MAAAB-36694 Eindeutige Abgrenzungen zwischen selbständiger Tätigkeit mit Werk- bzw. Dienstvertrag und einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis sind in der Praxis oft eine große Herausforderung. Mit dem Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze vom wurde der Arbeitsvertrag mit dem neu geschaffenen § 611a BGB erstmals rechtlich definiert.
Der daraus besonders wichtige Satz 3 im Absatz 1 lautet:
„Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.“
Wer nach § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB Arbeitnehmer ist, ist auch Beschäftigter im Sinne der Sozialversicherung.
Diese Beschäftigung gegen Entgelt führt zur Sozialversicherungspflicht.
3. Beurteilungskriterien
[i]Checkliste: Merkmale einer Scheinselbständigkeit, Arbeitshilfe NWB FAAAE-35338 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Steuerrecht nicht das Sozialversicherungsrecht determiniert. Somit sind die Sozialversicherungsträger nicht an die steuerrechtliche Beurteilung der Tätigkeit seitens der Finanzämter gebunden. Genau das mag ggf. schwer nachvollziehbar klingen, muss jedoch umso dringender zur Kenntnis genommen und beachtet werden.
Die vertraglichen Vereinbarungen, die Bezeichnung oder die Rechtsform des vertraglichen Verhältnisses sind nicht entscheidend. Vielmehr kommt es grundsätzlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an – soweit sie rechtlich zulässig sind.
Folgende Kriterien sind für die Beurteilung einer Beschäftigung entscheidend:
die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers,
seine Eingliederung in den Betrieb,
die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber.
Ein [i]Kein starres Abgrenzungsschema starres Schema für die Beurteilung gibt es nicht. Vielfach werden sowohl Kriterien vorliegen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, als auch solche, die eine selbständige Tätigkeit vermuten lassen. In diesen Fällen ist eine sorgfältige Abwägung erforderlich. Entscheidend ist immer das Gesamtbild der Tätigkeit.
II.
1. Sachverhalt
[i]Romanowski, Risiko der Scheinselbständigkeit bei freien Mitarbeitern, BBK 17/2020 S. 826 NWB IAAAH-56690 Der Kläger – ein Diplom-Betriebswirt – war neben weiteren Tätigkeiten für die klagende Steuerberatungsgesellschaft als Buchführungshelfer tätig.
Nach einem Hinweis des Finanzamts, wonach der Kläger nicht zum steuerrechtlich berechtigten Personenkreis gehöre und ihm Hilfeleistungen in Steuersachen – bis auf die S. 390Durchführung mechanischer Arbeitsgänge – verboten seien, schlossen die Kläger einen „Freier-Mitarbeiter-Vertrag“.
Danach konnte der Kläger von der Klägerin unterbeauftragt und mit steuerberatenden Tätigkeiten ihrer Mandanten, insbesondere der Erstellung von Lohn- und Finanzbuchführungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen, betraut werden.
[i]Weisungsgebundene AuftragsarbeitDer Kläger sollte seine Tätigkeit als Auftragnehmer weisungsgebunden unter der fachlichen Aufsicht und beruflichen Verantwortung der Klägerin als Auftraggeberin ausüben, da er nicht zum Personenkreis i. S. des § 56 Abs. 1 StBerG gehörte.
Er wurde mit einem prozentualen Anteil der Gebühren vergütet, die die Klägerin ihren Mandanten berechnete. Seine Einkünfte lagen unter 450 € monatlich.
Auf den Statusfeststellungsantrag des Klägers hin stellte die beklagte DRV Bund fest, dass die Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Insoweit bestehe Sozialversicherungspflicht (mit Besonderheit Minijob).
2. Entscheidung und Begründung des BSG
[i]BSG, Urteil v. 27.4.2021 - B 12 KR 27/19 R NWB VAAAH-92508 Das BSG hat höchstinstanzlich der Verwaltung Recht gegeben und im Kern Folgendes zum Ausdruck gebracht: