FinMin BaWü - S 4400

§ 5 GrEStG Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002

1. Allgemeines

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. (BGBl 1999 I S. 403, BStBl 1999 I S. 304) wurde § 5 GrEStG um einen Abs. 3 ergänzt.

Danach sind die Vergünstigungen der Abs. 1 und 2 der genannten Vorschrift insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang auf die Gesamthand vermindert. Ein vorgefasster Plan ist danach nicht mehr erforderlich; allein das zeitliche Moment ist maßgebend.

Die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 bzw. 2 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der grundstückseinbringende Gesamthänder seine - auf der Gesellschafterstellung beruhende - (Mit-) Berechtigung an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrechterhält.

Diese Vergünstigung setzt

  • die eigentumsmäßige (sachenrechtliche) Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders, die sich aus der Gesamthänderstellung ableitet, und die

  • vermögensmäßige Beteiligung an dem in das gesamthänderische Vermögen übergegangenen Grundstück

voraus.

2. Anteilsverminderung

Unter Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand ist z. B. das Ausscheiden aus der Gesellschaft, die Herabsetzung der Beteiligung durch Verkauf, Übertragung usw. auf andere Gesellschafter oder auf einen Treuhänder (vgl. Boruttau/Viskorf, GrEStG, 14. Aufl., § 5 Rdnr. 17) und die Aufnahme neuer Gesellschafter zu verstehen.

Auch die Umwandlung des grundstückseinbringenden Gesamthänders auf einen anderen Rechtsträger sowie die formwechselnde Umwandlung der erwerbenden Gesamthand in eine KapGes führt zum Wegfall der Steuervergünstigung für den Einbringungsvorgang.

Wechselt dagegen der grundstückseinbringende Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren nach der Einbringung des Grundstücks in die Gesamthand seine Rechtsform, liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 GrEStG nicht vor. Durch den Formwechsel bleibt zivilrechtlich die gesamthänderische Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders unberührt.

3. Anwendung der allgemeinen Befreiungsvorschriften

Die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG können über § 5 Abs. 3 GrEStG nur versagt werden, wenn eine Umgehungsmöglichkeit tatsächlich besteht. Daher kommt eine Stpfl. nicht in Betracht, soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender Grundstückserwerb nach den allgemeinen Vorschriften des § 3 GrEStG von der Steuer ausgenommen wäre (vgl. Erl. v. - 3 - S 4514/10 -, Pahlke/Franz, GrEStG, 2. Aufl., § 5 Rz. 51; Hofmann, GrEStG, 7. Aufl., § 5 Rdnr. 24).

Beispiel:

A überträgt sein Grundstück auf eine OHG, an der er und ein Dritter zu je 50 v. H. beteiligt sind. Innerhalb von fünf Jahren überträgt A seinen Anteil auf seine Kinder.

A gibt zwar seine gesamthänderische Mitberechtigung auf, aber nur zu Gunsten seiner Kinder. Da ein dem Anteilserwerb durch die Kinder entsprechender Grundstückserwerb nach § 3 Nr. 6 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen wäre, ist die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen.

In diesen Fällen ist der Rechtsnachfolger an die fünfjährige Behaltensfrist des Rechtsvorgängers gebunden.

4. Zeitlicher Anwendungsbereich - Fünfjahresfrist

Die Neuregelung gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem verwirklicht werden (§ 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG). Für Erwerbsvorgänge, die vor dem verwirklicht wurden, ist weiterhin die bisherige Rspr. bzw. Verwaltungsauffassung anzuwenden.

Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand. Damit ist nicht der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs gemeint, sondern der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für den Erwerbsvorgang. Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 186 ff. BGB. Für die Frage, ob der Gesellschafter seinen Anteil am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist vermindert hat, ist auf die tatsächliche Einschränkung der Gesellschafterstellung und der damit verbundenen dinglichen Mitberechtigung am Grundstück abzustellen. Der Zeitpunkt einer ggf. vorausgegangenen schuldrechtlichen Einschränkung der Gesellschafterstellung ist nicht maßgeblich ( -, DStR 2001 S. 1752, DB 2001 S. 2179).

5. Verfahrensfragen

§ 5 Abs. 3 GrEStG ist keine Nachversteuerungsvorschrift. Die Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand stellt ein sog. rückwirkendes Ereignis i. S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kj, in dem das Ergebnis eintritt.

Die Änderungen im Gesellschafterbestand einer Gesamthand bei Gewährung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG sind anzuzeigen (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG).

Bei Verletzung der Anzeigepflicht kommt es zur Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO um maximal drei Jahre, ggf. auch zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 AO.

Zur Vermeidung einer möglichen Doppelbelastung enthält § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG eine Anrechnungsregelung in den Fällen, in denen bei Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG entfällt und wegen des Gesellschafterwechsels eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG vorzunehmen ist.

Danach ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage (Grundbesitzwert) die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 GrEStG die Steuer nachzuerheben ist.

Beispiel:

A ist zu 98 v. H. und B zu 2 v. H. an der A § B-OHG beteiligt.

A veräußert ein ihm gehörendes Grundstück an die OHG. Da A schon zu 98 v. H. an der OHG beteiligt ist, wird die Steuer gem. § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. von 98 v. H. des Kaufpreises nicht erhoben.

Verringert nun A innerhalb von fünf Jahren nach der Grundstücksübertragung auf die OHG seine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen durch Übertragung seiner Gesellschaftsanteile an C, D usw. um 96 v. H., ist die Steuer in Höhe von 96 v. H. der Gegenleistung nachträglich zu erheben (§ 5 Abs. 3 GrEStG) Außerdem liegen zugleich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG vor (Besteuerung des Gesellschafterwechsels von mindestens 96 v. H.). Die Besteuerung des Gesellschafterwechsels erfolgt gem. § 8 Abs. 2 GrEStG mit dem Grundbesitzwert. Von dem Grundbesitzwert sind 96 v. H. des Werts der Gegenleistung (des Kaufpreises) abzuziehen. Ein eventueller negativer Wert führt zu 0 DM Steuer für den Gesellschafterwechsel.

Das FinMin bittet, die FÄ entsprechend zu unterrichten und den Erl. in geeigneter Form in die GrESt-Kartei aufzunehmen.

FinMin BaWü v. - S 4400

Fundstelle(n):
RAAAA-85531