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§ 16 EStG Anwachsung von Gesellschaftsrechten

Scheiden aus einer Personengesellschaft alle Gesellschafter bis auf einen aus, so wächst das Gesellschaftsvermögen handelsrechtlich dem verbleibenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an (vgl. § 738 BGB, § 142 HGB). Im Gegensatz zum Handelsrecht fehlen ausdrückliche gesetzliche Regelungen für die ertragsteuerliche Behandlung der Anwachsung. Grundsätzlich sind die durch Anwachsungen eintretenden Vermögensmehrungen wie eine Anteilsübertragung zu behandeln, weil die Anwachsung wirtschaftlich gesehen der Anteilsübertragung entspricht (vgl. .19984 - BStBl II 1995, 407). Es stellt sich dabei die Frage, ob die steuerbilanziellen Buchwerte fortgeführt werden können oder ob die Anwachsung die Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge hat.

Bei der ertragsteuerlichen Beurteilung der Anwachsung sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden.

Fallgruppe 1: Der austretende Gesellschafter ist am Vermögen einer zweigliedrigen Personengesellschaft kapitalmäßig nicht beteiligt:

§ 6 Abs. 3 EStG (§ 7 Abs. 1 EStDV a.F.) ist nicht anwendbar. Diese Vorschrift setzt einen Übertragungsvorgang voraus. Hieran fehlt es, weil der austretende Gesellschafter am Vermögen der Personengesellschaft nicht beteiligt ist. Steuerlich gesehen sind dem verbleibenden Gesellschafter die seiner Beteiligung entsprechenden Wirtschaftsgüter schon vor der Anwächsung zuzurechnen, sodass sie ihm durch die Anwachsung nicht mehr übertragen werden können. Die Buchwerte sind daher nicht nach § 6 Abs. 3 EStG, sondern mangels eines Anschaffungsvorgangs fortzuführen.

Fallgruppe 2: Der austretende Gesellschafter ist kapitalmäßig am Vermögen einer zweigliedrigen Personengesellschaft beteiligt:

Im Fall der Anwachsung liegt weder eine Betriebsaufgabe auf der Ebene der Personengesellschaft noch eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils auf der Ebene des ausscheidenden Gesellschafters vor. Die gesetzliche Rechtsfolge des Erlöschens des Gesellschaftsanteils sagt, wie die Anwachsung beim verbleibenden Gesellschafter, nichts über den Rechtsgrund des Ausscheidens aus. Die Anwachsung ist steuerlich vielmehr- entsprechend dem jeweils zu Grunde liegenden Rechtsgrund der Übertragung - entweder als entgeltliche oder als unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils zu behandeln.

Bei einer entgeltlichen Übertragung liegt eine Anteilsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG vor. Umfasst der Mitunternehmeranteil neben dem Gesellschaftsanteil auch Sonderbetriebsvermögen und wird dieses nicht auf den Erwerber übertragen, ist eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 3 EStG gegeben (vgl. BStBl II 1999, 269).

Bei einer unentgeltlichen Übertragung handelt es sich um einen Fall des § 6 Abs. 3 EStG. Der Erwerber, der verbleibende Gesellschafter, führt die Buchwerte fort; der Vorgang ist erfolgsneutral.

Keine unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils ist jedoch gegeben, wenn aus einer GmbH & Co. KG sämtliche Kommanditisten, die auch Anteilseigner der Komplementär-GmbH sind, ohne Abfindung aus der KG ausscheiden und die Gesellschaftsanteile der Kommanditisten der GmbH anwachsen, die das Unternehmen unverändert fortführt. Es ist von einer Aufgabe der Mitunternehmeranteile gem. § 16 Abs. 3 EStG auszugehen, denn durch die Anwachsung werden die Mitunternehmeranteile dadurch betriebsfremden Zwecken zugeführt, dass sie im Wege einer verdeckten Einlage in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden (vgl. BStBl II 1991, 512 und v. - BFH/NV 2000, 1554).

Der Wert der verdeckten Einlage bemißt sich dabei nach der Wertsteigerung, die die Beteiligung an der GmbH durch das Ausscheiden der Kommanditisten erfährt, und zwar einschließlich eines auf die GmbH übergehenden Geschäftswertes (Ansatz mit dem gemeinen Wert (vgl. BStBl II 1987, 705).

Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Kommanditisten werden die sich bislang in ihrem Sonderbetriebsvermögen befindlichen GmbH-Anteile Privatvermögen. Ihr gemeiner Wert ist neben dem Wert der verdeckten Einlage als nach §§ 16, 34 EStG begünstigter Veräußerungserlös bei den Kommanditisten zu besteuern. Da keine Sacheinlage gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte an der GmbH vorliegt, ist auf diesen Sachverhalt § 20 UmwStG nicht anwendbar.

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Fundstelle(n):
BAAAA-85331