BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 599/14

Nichtannahmebeschluss: Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde bei unzureichender Begründung einer Befangenheitsrüge im Rahmen einer Rechtsbeschwerde nach § 118 StVollzG

Gesetze: § 90 Abs 2 BVerfGG, § 24 Abs 2 StPO, § 28 Abs 2 S 2 StPO, § 118 Abs 2 S 2 StVollzG, § 118 Abs 3 StVollzG, § 120 Abs 1 StVollzG

Instanzenzug: Az: 4a Ws 16/14 Beschlussvorgehend LG Augsburg Az: 2 NöStVK 474/13 Beschluss

Gründe

11. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Umgang des Oberlandesgerichts mit der Rüge der Befangenheit des im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewordenen Richters wendet - der unter anderem geäußert hatte, der Beschwerdeführer sei "ein notorischer und unverbesserlicher Betrüger, der seit Jahrzehnten straffällig wird, schon lange den Sinn für Realität verloren und sogar während laufenden Strafvollzugs seine betrügerischen Machenschaften mit den ihm in diesem Rahmen erwachsenden Möglichkeiten postwendend fortgesetzt hat" - ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil der Beschwerdeführer insoweit den Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt hat. Nach diesem Grundsatz muss der Beschwerdeführer die verfügbaren Möglichkeiten zur Abwehr des Grundrechtsverstoßes im fachgerichtlichen Verfahren genutzt haben (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>; stRspr).

2Dies ist hier nicht geschehen. Der Vortrag des Beschwerdeführers zur Befangenheit des am Landgericht zur Entscheidung berufenen Richters im Rahmen der erhobenen Rechtsbeschwerde genügte nach Ansicht des Oberlandesgerichtes nicht den Begründungserfordernissen einer Verfahrensrüge nach § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, weil der Beschwerdeführer dem Oberlandesgericht keine Kenntnis von dem Beschluss verschafft hatte, mit dem das Landgericht den Befangenheitsantragabgelehnt hatte. Dass das Oberlandesgericht damit im konkreten Fall die Darlegungsanforderungen überspannt hätte (vgl. zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 211/12 -, juris), ist nicht ersichtlich. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Kenntnis der Begründungsanforderungen, von denen das Oberlandesgericht hier ausgegangen ist, von Gefangenen im Allgemeinen erwartet werden kann, oder ob insoweit von einer unzureichenden Aufgabenwahrnehmung durch den die Rüge gemäß § 118 Abs. 3 StVollzG protokollierenden Rechtspfleger auszugehen ist, die es bei fehlendem Verschulden des Rechtsbeschwerdeführers notwendig macht, diesen über die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu belehren (vgl. BVerfGK 8, 303 <304 ff.>;BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 172/04, 2 BvR 834/04 und 2 BvR 907/04 -, NJW 2005, S. 3629 f., und vom - 2 BvR 975/03 -, NStZ-RR 2005, S. 238 <239>; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1471/01 -, Rpfleger 2002, S. 279, vom - 2 BvR 2911/10 -, juris, vom - 2 BvR 1095/12 -, NJW 2013, S. 446 <447>, und vom - 2 BvR 28/13 -, juris). Im vorliegenden Fall konnte die Kenntnis der Begründungsanforderungen für die Rüge der Befangenheit des erstinstanzlich tätig gewordenen Richters (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO) vom Beschwerdeführer jedenfalls deshalb erwartet werden, weil dieser nach unwidersprochener Feststellung in den Gründen des Beschlusses des Oberlandesgerichts auf die prozessuale Anforderung, an der er im vorliegenden Fall gescheitert ist, bereits in früheren Beschlüssen hingewiesen worden war.

32. Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

4Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

5Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstelle(n):
TAAAI-45815