OFD Cottbus - S 7306 - 0004 - St 244

Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Grundstücken, ; Verfügung vom S 7306 - 0004 - St 244

Anlage(n) 1

Die OFD übersendet das o.g. BMF-Schreiben zur Kenntnisnahme und Beachtung.

Ergänzend weist die OFD auf Folgendes hin:

Die bisherige Praxis, nach der regelmäßig bei gleicher Bauart die Gesamtvorsteuem eines errichteten Gebäudes als Vorsteuem i. S. des § 15 Abs. 4 UStG angesehen wurden, mit der Folge, dass sämtliche Vorsteuern nach der Nutzfläche aufgeteilt wurden, bittet die OFD nicht mehr anzuwenden. Künftig sind die gesetzlichen Grundsätze konsequent zu beachten.

1.

Als Vorsteuern i. S. des § 15 Abs. 4 UStG kommen nur die Vorsteuern in Betracht, die auf die gemischt genutzten Gebäudeteile entfallen. Dies können keinesfalls die Vorsteuern sein, die den Räumlichkeiten direkt zuzuordnen sind, da diese Räumlichkeiten eben nicht gemischt genutzt werden. Der Unternehmer hat also die Vorsteuern den einzelnen Bereichen unmittelbar zuzuordnen (vgl. Abschnitt 208 Abs. 1 UStR, Verfügung vom S 7316 - 0001 - St 244) sowie getrennte Aufzeichnungen zu führen (vgl. § 22 Abs. 3 Sätze 2 und 3 UStG, Abschnitt 257 UStR). Dies macht es erforderlich, die Vorsteuer jeden einzelnen Leistungsbezug oder geleisteten Anzahlung dahingehend zu prüfen, welchen Bereich diese zuzuordnen ist. Kommt der Unternehmer dieser Zuordnungsverpflichtung nicht nach, sind die den einzelnen Bereichen zuzuordnenden Vorsteuern ggf. gem. § 162 AO zu schätzen. Eine Einbeziehung derartiger Vorsteuern als Vorsteuern i. S. des § 15 Abs. 4 UStG kommt nicht in Betracht (vgl. Abschnitt 208 Abs. 2 UStR). Dass die einzelnen Gebäudeteile umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilen sind, ergibt sich auch aus Abschnitt 148 Abs. 6 und 148a UStR und der dort zitierten Rechtsprechung. Der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 UStG muss sich demnach auf solche Gebäudeteile beschränken, die tatsächlich gemischt genutzt werden (z.B. Treppenhaus, Heizungskeller, Dach, Außenanlagen, Fernwärmeanschluss).

1.1

Beispiel:

Der Unternehmer errichtet ein Gebäude, das wie Folgt genutzt wird:

Erdgeschoss 100 qm (Nutzung für vorsteuerunschädliche Zwecke, monatliche Miete 2.000 €)

Obergeschoss 100 qm (Nutzung für vorsteuerschädliche Zwecke, monatliche Miete 1.000 €)

Die Gesamtvorsteuern betrugen 50.000 €. Hiervon entfallen auf das Erdgeschoss 20.000 €, auf das Obergeschoss 20.000 € und auf die gemischt genutzten Gebäudeteile 10.000 €.


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Die abzugsfähigen Vorsteuern betragen: voll abzugsfähige Vorsteuern (Erdgeschoss)
=
20.000 €
anteilig gem. § 15 Abs. 4 UStG abzugsfähige Vorsteuem 50 % (Aufteilungsmaßstab wie bisher qm) von 10.000 €
=
  5.000 €
gesamte abzugsfähige Vorsteuern
=
25.000 €

1.2

Unzutreffend wäre es, wenn der Unternehmer unter Berufung auf die BFH-Rechtsprechung die abzugsfähigen Vorsteuern wie Folgt ermittelt:

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Gesamt Vorsteuern
=
50.000 €
davon abzugsfähig 66,6% (Verhältnis der Mietumsätze)
=
33.333 €

Der Unternehmer hätte die Vorsteuern unter Anwendung des Umsatzschlüssels wie Folgt zu ermitteln:

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voll abzugsfähige Vorsteuern (Erdgeschoss)
=
20.000 €
anteilig gem. § 15 Abs. 4 UStG abzugsfähige Vorsteuern 66,6 % (Aufteilungsmaßstab Mietumsätze) von 10.000 €
=
  6.666 €
gesamte abzugsfähige Vorsteuern
=
26.666 €
2.

Soweit der Unternehmer unter Berufung auf die BFH-Rechtsprechung die Vorsteuern für gemischt genutzte Gebäudeteile nach dem Umsatzschlüssel aufteilt, kommt nur das Verhältnis der fiktiven Nettokaltmieten (ohne Nebenkosten) im Verhältnis zueinander in Betracht ( - noch nicht veröffentlicht -). Es ist nicht zulässig, die tatsächlich vereinnahmten Mieten ins Verhältnis zu setzen. Besondere Umstände wie z.B. verspätete Mietzahlungen, Mietausfälle, Leerstand, unterschiedliche Verwendungszeitpunkte oder verzögerte Erstvermietung bleiben unberücksichtigt. Darüber hinaus ist bei Vermietungen an nahestehende Personen bzw. bei Eigennutzung darauf zu achten, dass die anzusetzende fiktive Nettomiete der Mindestbemessungsgrundlage des Abschnitts 158 UStR entspricht, soweit die vereinbarte Miete oder in Fällen der Eigennutzung die kalkulatorisch angesetzte Miete niedriger ist. Die Anwendung des § 42 AO - Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten - ist immer dann zu prüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass für vorsteuerabzugsberechtigte Gebäudeteile eine höhere als die ortsübliche Miete vereinbart bzw. angesetzt wurde. Entsprechendes gilt für nicht vorsteuerabzugsberechtigte Gebäudeteile, wenn eine niedrigere Miete vereinbart bzw. angesetzt wurde.

3.

Hat der Unternehmer bei Leistungsbezug die Aufteilung nach qm als sachgerechten Aufteilungsmaßstab angesehen, ist dieser Maßstab auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume der Besteuerung zugrunde zu legen. Der Unternehmer kann dann nicht unter Berufung auf die BFH-Rechtsprechung den Vorsteueraufteilungsmaßstab wechseln und - weil für ihn günstiger - nunmehr die Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel aufteilen.

Die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab durch die 6. EG-Richtlinie ist nicht zwingend vorgeschrieben. Der erstmalig gewählte Vorsteueraufteilungsmaßstab ist insoweit bindend für die nachfolgenden Besteuerungszeiträume. In derartigen Fällen liegt insbesondere kein Tatbestand des § 15 a UStG vor, weil sich die Verhältnisse tatsächlich nicht geändert haben. Ein Anwendungsfall des Abschnitts 215 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. e UStR liegt nicht vor.

4.

Die laufenden Rechtsbehelfsverfahren sind unter Beachtung des abzuschließen. Sofern der Unternehmer die vorstehend genannten Regelungen zur direkten Zuordnung der Vorsteuern und / oder des anzuwendenden Mietumsatzschlüssels nicht beachtet hat bzw. sich diese Sachverhalte nicht aus dem Akteninhalt ergeben, bittet die OFD vor Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens in die Sachverhaltsermittlung erneut einzutreten.

Anlage

§ 15 Abs. 4 UStG - Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Grundstücken, Anwendung des , BStBl 2002 I S. 1368

Der (BStBl 2002 II S. 833) entschieden, dass die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen durch den Unternehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen ist. Im Urteilsfall hat der Unternehmer Erhaltungsleistungen für sein Grundstück (im Wesentlichen für einen Fernwärmeanschluss) bezogen. Der BFH weist darauf hin, dass bei richtlinienkonformer Auslegung ein den Vorgaben des Artikels 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie entsprechendes Aufteilungsverfahren als sachgerecht i.S. des § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen ist, das objektiv nachprüfbar nach einheitlicher Methode die beiden Nutzungsteile eines gemischt verwendeten Gegenstands oder einer sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zurechnet. Die Aufteilung nach Umsätzen (”Pro-rata”-Regelung) ist nach Ansicht des BFH damit stets als sachgerechte Schätzung anzuerkennen.

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des o.b. BFH-Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.

Für die Aufteilung von Vorsteuern bei gemischt genutzten Grundstücken, die sowohl mit Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch mit Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (Abschnitt 208 Abs. 1 Nr. 3 UStR), gilt Folgendes:

Die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab ist durch die 6. EG-Richtlinie nicht zwingend vorgeschrieben. Die ”Pro-rata”-Regelung in Artikel 17 Abs. 5 i.V.m. Artikel 19 der 6. EG-Richtlinie ist für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich, da sie, wie in Deutschland praktiziert, nach Artikel 17 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-Richtlinie davon abweichende Aufteilungsmaßstäbe anwenden können. Die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab würde im Hinblick auf § 15 a UStG bei einem sich ändernden Umsatzschlüssel auch nicht praktikabel sein. Die Aufteilung der Vorsteuern, die sowohl mit Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch mit Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzflächen ist daher als Regel-Aufteilungsmaßstab bei gemischt genutzten Grundstücken weiterhin anzuwenden.

OFD Cottbus v. - S 7306 - 0004 - St 244

Fundstelle(n):
OAAAA-82110