Anforderungen an die Urteilsgründe bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung: Zäsurwirkung einer früheren Verurteilung; Berücksichtigung des Grenzwertes des Gesamtstrafübels
Gesetze: § 38 Abs 2 StGB, § 53 StGB, § 54 Abs 2 S 2 StGB, § 55 Abs 1 StGB
Instanzenzug: Az: 6 KLs 701 Js 26947/11
Gründe
1Das Landgericht hat gegen den Angeklagten insgesamt drei Gesamtstrafen verhängt: Es hat ihn wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Eisleben vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren (I) verurteilt. Daneben hat das Landgericht gegen den Angeklagten wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen und wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Eisleben vom eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren (II) ausgesprochen und ihn schließlich wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer dritten Gesamtfreiheitsstrafe vom fünf Jahren (III) verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2Die Gesamtstrafen II und III haben keinen Bestand. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, ob in dem – ausweislich der Urteilsgründe seit rechtskräftigen – Urteil des Amtsgerichts Eisleben vom die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft worden sind und ihm damit Zäsurwirkung im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB zukommt (vgl. , NStZ 2002, 590). Angesichts der erst zehn Monate später eingetretenen Rechtskraft hätte das Landgericht prüfen und erörtern müssen, ob aufgrund eines Rechtsmittels in diesem Verfahren ein Berufungsurteil ergangen ist, in dem zumindest über die Strafhöhe entschieden worden ist (vgl. BGH aaO). Aufgrund dieses Darstellungsmangels kann der Senat vorliegend nicht abschließend überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bildung einer dritten Gesamtstrafe hinsichtlich der nach dem begangenen Taten 7 und 8 vorgelegen haben (vgl. auch zu den Anforderungen an die Urteilsgründe , NStE Nr. 10 zu § 55 StGB).
3Die zugrundeliegenden Feststellungen können bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann jedoch weitere, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen treffen und wird sie jedenfalls hinsichtlich der Gesamtstrafbildung zu treffen haben. Bei der neuen Gesamtstrafbildung wird eine insgesamt auch der Wertung der § 38 Abs. 2, § 54 Abs. 2 Satz 2 StGB gerecht werdende Bemessung anzustreben sein; nähert sich das Gesamtstrafübel der darin normierten Grenze an oder überschreitet sie diese gar, so bedarf dies einer besonderen Begründung (vgl. LK-Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 55 Rn. 35 mwN; , BGHSt 41, 310).
Basdorf Raum Dölp
König Bellay
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IAAAI-11086