OFD Frankfurt am Main - S 2252 A - 87 - St II 33

§ 20 EStG Anwendung der Regelungen zum Halbeinkünfteverfahren bei Werbungskosten zu den Einkünften aus Gewinnanteilen (Dividenden) ab dem Veranlagungszeitraum 2001, wenn zunächst keine Gewinnausschüttungen erfolgen.

In Zusammenhang mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ist die Frage gestellt worden, ab welchem Veranlagungszeitraum die Werbungskosten zur Erlangung von inländischen Dividendenerträgen nur zur Hälfte abgezogen werden, wenn zunächst keine Gewinnausschüttung der GmbH erfolgt.

Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

Der Steuerpflichtige hält Anteile an einer GmbH im Privatvermögen. Das Wirtschaftsjahr der GmbH entspricht dem Kalenderjahr. Im Veranlagungszeitraum 2001 und in den darauf folgenden Veranlagungszeiträumen erfolgen keine Gewinnausschüttungen. Die Ertragsaussichten der GmbH sind jedoch nicht durchgreifend negativ, so dass von der Möglichkeit der Erzielung eines Totalüberschusses ausgegangen werden kann.

Der Steuerpflichtige erklärt in den Veranlagungszeiträumen 2001 und folgenden Werbungskosten (z.B. Schuldzinsen) im Zusammenhang mit der Beteiligung an der GmbH.

Es wird folgende Rechtsauffassung vertreten:

Die Werbungskosten können bei der Ermittlung der Einkünfte für die Veranlagungszeiträume 2001 und folgende (unabhängig davon, ob Ausschüttungen erfolgen) nur zur Hälfte nach § 3c Abs. 2 EStG berücksichtigt werden.

Aufwendungen, die mit Einnahmen in Zusammenhang stehen, die dem Halbeinkünftverfahren unterliegen, können gemäß § 3 c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben etc.) berücksichtigt werden. Nach den Regelungen des § 52 Abs. 8a EStG ist die Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden ist. Diese Regelung steht im Widerspruch zu dem Wortlaut des § 3 c Abs. 2 EStG. Denn danach dürfen die betreffenden Werbungskosten (Betriebsausgaben etc.), unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden.

In dem Veranlagungszeitraum 2001 wären die offenen Gewinnausschüttungen der GmbH nach dem Anrechnungsverfahren, andere Ausschüttungen bereits nach den Regelungen des Halbeinkünfteverfahrens erfolgt. Seit Beginn des Veranlagungszeitraums 2002 können nur noch Ausschüttungen stattfinden, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen.

Nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 8a EStG könnte man die Rechtsauffassung vertreten, dass erst ab dem Veranlagungszeitraum, in dem tatsächlich Einnahmen erzielt werden, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, die Werbungskosten (Betriebsausgaben) nur zur Hälfte einkünftemindernd zu berücksichtigen sind.

Die Vorschrift des § 52 Abs. 8a EStG wurde jedoch vor dem Hintergrund gefasst, dass in jedem Veranlagungszeitraum Gewinnausschüttungen (offene und/oder sonstige) erfolgen. Es sollten Unklarheiten vermieden werden, wie der Werbungskostenabzug (Betriebsausgabenabzug etc.) vorgenommen werden soll, wenn in dem Veranlagungszeitraum 2001 eine offene Gewinnausschüttung erfolgt. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie werden also (auch) aufgewendet, um in den folgenden Veranlagungszeiträumen Einnahmen zu erzielen. Entsprechend dieser Auslegung des Werbungskostenbegriffs und der Formulierung des § 3 c Abs. 2 EStG hätte man ohne die Regelung des § 52 Abs. 8a EStG auch die Rechtsauffassung vertreten können, dass trotz der offenen Gewinnausschüttung, die noch nach den Regelungen des Anrechnungsverfahrens erfolgt, die Werbungskosten (Betriebsausgaben etc.) nur zur Hälfte berücksichtigt werden können.

Im Rahmen der Veranlagung der Einkünfte für das Jahr 2001 ist bereits bekannt, dass der Steuerpflichtige aus seiner Beteiligung an der GmbH ausschließlich Einkünfte erzielen wird, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG sind damit die Aufwendungen lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen. Denn es ist nicht darauf abzustellen, ob die Einnahmen, die unter die Regelungen des § 3 Nr. 40 EStG fallen, und die damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten in einem Veranlagungszeitraum zu- bzw. abgeflossen sind. Zudem wendet der Steuerpflichtige die Werbungskosten (Betriebsausgaben etc.) auf, um Einkünfte, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, in den folgenden Veranlagungszeiträumen zu erzielen.

Im Rahmen des § 3 c EStG alter Fassung (jetzt § 3 c Abs. 1 EStG neuer Fassung) ist ein unmittelbarer Zusammenhang der Einnahmen mit den Ausgaben für die Versagung des Abzugs der Aufwendungen notwendig. D.h. sie müssen innerhalb eines Veranlagungszeitraums (bzw. Gewinnermittlungszeitraums) zusammentreffen. Es besteht daher die Möglichkeit, durch eine Konzentration steuerfreier Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen während der übrigen Zeiträume sicherzustellen (sog. Ballooning-Effekt).

Die Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG wurde dahingehend formuliert, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die unter die Regelungen des § 3 Nr. 40 EStG fallen, und den damit zusammenhängenden Aufwendungen nicht notwendig ist. Der Ballooning-Effekt sollte folglich vermieden werden. Vertritt man aber die Rechtsauffassung, dass die Werbungskosten erst dann lediglich zur Hälfte einkünftemindernd berücksichtigt werden können, wenn tatsächlich Einnahmen erzielt wurden, die unter die Regelungen des § 3 Nr. 40 EStG fallen, läge - wenn auch in begrenztem Maße - der Ballooning-Effekt vor.

Des Weiteren ist es unbillig, zwischen dem vorliegenden Sachverhalt und dem Fall, dass in dem Veranlagungszeitraum 2002 eine offene Gewinnausschüttung erfolgt, daraufhin mehrere Kalenderjahre keine Ausschüttung stattfindet, durch unterschiedliche Berücksichtigung der Werbungskosten zu differenzieren.

Vorliegende Werbungskosten, die mit Dividendeneinkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, dürfen auch wenn zunächst keine Ausschüttungen erfolgen, bei der Ermittlung der Einkünfte ab dem Veranlagungszeitraum 2001 nur zur Hälfte abgezogen werden.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2252 A - 87 - St II 33

Fundstelle(n):
HAAAA-81658