OFD München - S 2270 - 38 St 312

§46 EStG Veranlagung von Steuerpflichtigen mit steuerabzugspflichtigen Einkünften Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG

Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, wird eine Veranlagung nur auf Antrag durchgeführt, wenn nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 und Abs. 2a EStG keine Pflichtveranlagung durchzuführen ist. Der Antrag kann nur durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung (vgl. dazu H 217, EStH 2001) bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs gestellt werden (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG).

Die Antragsfrist ist eine (nicht verlängerbare) gesetzliche Ausschlussfrist, die weder durch eine Aufforderung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung noch durch einen Schätzungsbescheid noch durch das Ergehen eines Grundlagenbescheids verlängerbar ist (vgl. R 217 Abs. 2 EStR 2001).

Bei Fristversäumnis ist zu prüfen, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) gewährt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige ohne Verschulden verhindert war, die Antragsfrist einzuhalten. Verhindert kann auch sein, wer sich im unverschuldeten Rechtsirrtum über verfahrensrechtliche Vorschriften befand. Nachdem die ”Anleitung zur Einkommensteuererklärung” (auf den Seiten 1 und 2) die Steuerbürger seit Jahren ausführlich über Pflicht- und Antragsveranlagungen (einschließlich Abgabefristen und deren Wirkung) informiert, muss allerdings ein strenger Maßstab angelegt werden.

  • Keine Verlängerung der Antragsfrist durch Ergehen eines Schätzungsbescheids

Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger erzielte im Veranlagungszeitraum 1999 im wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie geringe Einkünfte (über 800 DM) aus Vermietung und Verpachtung. Da im Dezember 2002 noch keine ESt-Erklärung für 2000 beim FA eingegangen war, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und erließ am einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid. Gegen diesen Bescheid legte der Steuerpflichtige form- und fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung reichte er am die ESt-Erklärung für 2000 ein. Darin erklärte er neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung. Daraufhin hob das FA den ESt-Bescheid auf und erklärte den Einspruch für erledigt. Eine Veranlagung der eingereichten Steuererklärung erfolgte nicht.

Bei Steuerpflichtigen, deren Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, wird eine Veranlagung von Amts wegen nach § 46 Abs. 2 EStG nur durchgeführt, wenn ein besonderer Veranlagungsgrund im Sinne der Nrn. 1 bis 7 bzw Abs 2a vorliegt. Im Beispielsfall wäre lediglich eine Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG in Betracht gekommen, da der Steuerpflichtige in den Vorjahren positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Der Steuerpflichtige erklärt jedoch einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung, so dass nur die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG möglich ist.

Der Antrag auf Durchführung einer Veranlagung zur ESt ist gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer ESt-Erklärung zu stellen. Bezogen auf den Beispielsfall hätte der Steuerpflichtige die ESt-Erklärung 2000 bis spätestens abgeben müssen. Da die Erklärung jedoch erst am eingereicht wurde und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO weder beantragt noch von Amts wegen zu gewähren war, kann dem Antrag auf Durchführung einer ESt-Veranlagung nicht entsprochen werden.

Auch der am und damit noch vor Ablauf der Antragsfrist erlassene Schätzungsbescheid ändert nichts an der Verpflichtung, die Steuererklärung innerhalb der Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG einzureichen und zwar selbst dann nicht, wenn - wie im Beispielsfall - der Schätzungsbescheid rechtzeitig mit dem Einspruch angefochten wurde.

  • Keine Verlängerung der Antragsfrist durch Ergehen eines Grundlagenbescheids

Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger erzielte im Veranlagungszeitraum 2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Verluste aus Vermietung und Verpachtung, die gesondert und einheitlich festgestellt wurden. Im Februar 2003 reichte er die ESt-Erklärung 2000 sowie die Feststellungserklärung für 2000 beim FA ein. Das FA führte daraufhin die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte (Verlust) aus Vermietung und Verpachtung durch, lehnte jedoch die Veranlagung zur ESt ab, da der erforderliche Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG nicht fristgerecht gestellt worden sei.

Das FA hat zu Recht wegen Versäumung der Antragsfrist die Veranlagung zur Einkommensteuer 2000 versagt. Dem steht auch nicht entgegen, dass das FA im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung einen Grundlagenbescheid erlassen hat.

§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO verpflichtet zwar zum Erlass eines Steuerbescheides, soweit ein Grundlagenbescheid ergeht. dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt. Für die ESt ist jedoch § 46 EStG als speziellere Norm vorrangig. Da im Beispielsfall kein Veranlagungsgrund gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 bzw. Abs. 2a EStG vorliegt, werden die im Grundlagenbescheid festgestellten Besteuerungsgrundlagen bedeutungslos, und der Grundlagenbescheid ist nicht mehr auszuwerten (vgl. auch . BFH/NV 1991 S. 311).

OFD München v. - S 2270 - 38 St 312

Fundstelle(n):
ZAAAA-81532