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Online-Nachricht - Donnerstag, 03.03.2022

Einkommensteuer | Keine Steuerermäßigung für Berechnungen eines Statikers (BFH)

Eine Steuerermäßigung für die Leistung (hier: statische Berechnung) eines Statikers kann auch dann nicht gewährt werden, wenn diese für die Durchführung einer begünstigten Handwerkerleistung erforderlich war (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20% (§35a EStG).

Sachverhalt: Im Streitfall wurde ein Handwerksbetrieb mit dem Austausch schadhafter Dachstützen beauftragt. Nach Einschätzung des Handwerksbetriebs war für die fachgerechte Ausführung dieser Arbeiten zunächst eine statische Berechnung erforderlich, die sodann auch von einem Statiker durchgeführt wurde. Neben der – insoweit unstreitigen – Steuerermäßigung für die Handwerkerleistung (Dachstützenaustausch) beantragten die Kläger diese auch für die Leistung des Statikers.

Dem folgte der BFH – anders als zuvor das FG – nicht:

  • Die Steuerermäßigung kann nicht gewährt werden, da ein Statiker grundsätzlich nicht handwerklich tätig ist. Er erbringt ausschließlich Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken.

  • Auch auf die Erforderlichkeit der statischen Berechnung für die Durchführung der Handwerkerleistungen kann die Steuerermäßigung nicht gestützt werden. Denn die Leistungen des Handwerkers und diejenige des Statikers sind für die Gewährung der Steuerermäßigung getrennt zu betrachten.

  • Allein die sachliche Verzahnung beider Gewerke führt nicht zu einer Umqualifizierung der statischen Berechnung in eine Handwerksleistung.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen (ohne haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse sowie Pflege- und Betreuungsleistungen) nach § 35a EStG sind mehrfach in den Blick des Bundesrechnungshofs geraten (BT-Drucksache 17/4641 sowie Bericht vom , www.bundesechnungshof.de.). Die „Obersten Rechnungsprüfer“ (vgl. Art. 114 Abs. 2 GG) haben dabei u.a. festgestellt,

  • dass die mit der Steuerermäßigung verfolgten Ziele, Stärkung des Handwerks und Bekämpfen der Schwarzarbeit, deutlich verfehlt werden. Denn in 82% aller Fälle werden Leistungen begünstigt, die auch ohne Steuerermäßigung legal in Auftrag gegeben werden,

  • dass die Finanzämter in rund 90 % der Fälle das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nicht prüfen, da in den weitaus meisten Fällen die Prüfung dem maschinellen Risikofilter, der nicht einmal die Schlüssigkeit der erklärten Angaben erkennen kann, übertragen ist und,

  • dass die die Finanzämter Doppelförderungen (immer noch) nicht ausschließen können.

Diese Kontrolldefizite bewertet der Bundesrechnungshof als nicht hinnehmbar. Um eine gesetzeskonforme Besteuerung sicherzustellen, ist nach seiner Ansicht, die Prüfung eines jeden Einzelfalls erforderlich. Dies ist jedoch mit den Zielen des „maschinellen Risikomanagement“ und den Bestrebungen der Steuerverwaltung, das Besteuerungsverfahren zu modernisieren und die Steuern in den meisten Fällen ausschließlich maschinell festzusetzen, nicht zu vereinbaren. Der Bundesrechnungshof sieht deshalb wenige Ansatzpunkte, die vorgenannten Probleme zu lösen. Er hält deshalb an seiner Einschätzung aus dem Jahr 2011 fest und empfiehlt (erneut), die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen abzuschaffen; alternativ die Einführung eines Sockelbetrags, um zumindest Mitnahmeeffekte deutlich zu verringern.

Trotz der in die Kritik geratenen verwaltungspragmatischen Handhabung der Vorschrift durch die Finanzbehörden sind beim BFH jedoch eine Vielzahl von Revisionsverfahren betreffend § 35a EStG anhängig.

In den Verfahren VI R 14/21 (vorgehend , s.a. NWB 28/2021 S. 2015) VI R 8/21 (vorgehend ) und VI R 7/21 (vorgehend ) ist streitig, ob die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 EStG i. V. mit § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG bei Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem (Gerätebereitstellung und der 24-Stunden-Zentrale) außerhalb eines "Betreuten Wohnens" befindlichen Haushalt eines Steuerpflichtigen zu gewähren ist. Angesprochen ist insoweit der räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen, weil die Entgegennahme und Übermittlung des eingegangenen Notrufs in einer außerhalb des Haushaltes belegenen Servicezentrale erfolgt und die letztliche Hilfeleistung nicht Bestandteil der vergüteten Leistung ist, sondern von einem Dritten erbracht wird.

Das Verfahren VI R 2/20 (vorgehend ) betrifft die Frage, ob Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung von nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern in ihrem eigenen Haushalt lebenden Familienangehörigen im Rahmen von § 35a EStG als haushaltsnahe Dienstleistungen abziehbar sind und, falls ja, der Abzug voraussetzt, dass die Rechnung auf den Steuerpflichtigen (und nicht auf den Leistungsempfänger) ausgestellt ist (zum Abzug von stationär erbrachten Pflegeleistungen siehe auch sowie Kanzler, NWB 27/2020 S. 2000).

In der Sache VI R 23/20 (vorgehend ) ist zu entscheiden, ob die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen zu gewähren ist, wenn diese von einer GmbH erbracht werden, an der der Leistungsempfänger beteiligt ist und es ausreicht, dass dessen Gesellschafterverrechnungskonto entsprechend belastet wird oder die Einbindung eines Kreditinstituts erforderlich ist.

Im Verfahren VI R 24/20 (vorgehend ) ist zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Mieter einer Eigentumswohnung die Steuervergünstigung des § 35a EStG in Anspruch nehmen kann. Neben der Frage des Rechnungsadressaten steht in Streit, in welchem Veranlagungszeitraum die Steuerermäßigung unter Berücksichtigung des Zufluss-/Abflussprinzips geltend gemacht werden kann.

Quelle: BFH Pressemitteilung v. (JT)

Fundstelle(n):
ZAAAI-05494