Einkommensteuer / Verfahrensrecht | Vergütung eines Insolvenzverwalters keine agB (BFH)
Die zugunsten des
Insolvenzverwalters festgesetzte Tätigkeitsvergütung ist beim
Insolvenzschuldner nicht als außergewöhnliche Belastung (agB) gem.
§ 33 Abs. 1
EStG zu berücksichtigen (; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Nach § 33 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Sachverhalt: Der Kläger ist Insolvenzverwalter in einem Verbraucherinsolvenzverfahren. Der Insolvenzschuldner hatte zuvor betriebliche Einkünfte erzielt. Das Insolvenzgericht setzte zu Gunsten des Klägers eine Insolvenzverwaltervergütung in Höhe von 3.760 € fest und kündigte die Restschuldbefreiung an. Die Vergütung machte der Kläger im Rahmen der für den Insolvenzschuldner eingereichten Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab (s. unsere Online-Nachricht v. 15.11.2018).
Der BFH verneint ebenfalls eine Berücksichtigung als agB:
Die streitigen Aufwendungen sind mangels Außergewöhnlichkeit nicht gem. § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen. Die Überschuldung von Privatpersonen ist kein gesellschaftliches Randphänomen. Daher sind Insolvenzverfahren von Verbrauchern und bestimmten natürlichen unternehmerisch tätigen Personen (Privatpersonen) keineswegs unüblich.
Da auch das vereinfachte Insolvenzverfahren für jedermann kostenpflichtig ausgestaltet ist, fallen insbesondere Vergütungen und Auslagen des Insolvenzverwalters/Treuhänders, Gerichtskosten sowie unter Umständen Kosten einer Schuldnerberatung an. Es kann vorliegend deshalb nicht angenommen werden, dem vormaligen Insolvenzschuldner seien durch die in Rede stehende Tätigkeitsvergütung des Insolvenzverwalters größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen.
Soweit der Senat entschieden hat, die Insolvenztreuhändervergütung könne unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn der Steuerpflichtige die Ursache seiner Überschuldung und damit die Notwendigkeit eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht selbst gesetzt habe, als agB abziehbar sein (), hält er hieran nicht länger fest.
Darüber hinaus urteilte der BFH, dass der (Einkommen )Steuerbescheid nicht dem ehemaligen Insolvenzschuldner, sondern dem Insolvenzverwalter/Treuhänder als Inhaltsadressaten bekannt zu geben ist, wenn wegen des Einkommensteuererstattungsanspruchs die Nachtragsverteilung angeordnet worden ist. Lesen Sie hierzu die folgende Anmerkung:
Die Frage, ob ein Steuererstattungsanspruch dem freien Vermögen des Schuldners oder der Masse zuzuordnen ist, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht, sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist. Der Anspruch hängt in diesem Fall nur noch vom Zeitablauf ab. Geht der Einkommensteuererstattungsanspruch (anders als im Besprechungsfall) auf die vom Arbeitslohn des Schuldners einbehaltene Lohnsteuer zurück, wird der Rechtsgrund für den Anspruch bereits mit der Abführung der Lohnsteuer gelegt. Der Erstattungsanspruch steht dann lediglich unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer ist als die Summe der Anrechnungsbeträge, so dass sich gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 37 Abs. 2 AO ein Erstattungsanspruch ergibt. Die Finanzbehörde ist bereits dann etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt verwirklicht worden ist. Der Insolvenzschuldner erlangt mit der Vorauszahlung eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch, so dass dieser in die Masse fällt, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht ist (, ZInsO 2006, 139 Rz 15ff.).
Nach diesen Grundsätzen bemisst sich auch, ob ein Steuererstattungsanspruch zur Masse oder zu dem insolvenzfreien Neuerwerb gehört, der nach Ablauf der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO entsteht, wenn dem Schuldner - wie hier - während des laufenden Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung erteilt wird (vgl. , Rn. 30, 36 ff zur Entstehung des insolvenzfreien Neuerwerbs). Ob der Insolvenzbeschlag mit der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens insgesamt erlischt oder nur für den Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungsfrist entfällt, ist insoweit ohne Bedeutung. Wird dem Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren die Restschuldbefreiung erteilt, gehört der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen deshalb zur Insolvenzmasse und nicht zum insolvenzfreien Neuerwerb des Schuldners, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während des Verfahrens vor Ablauf der Abtretungsfrist verwirklicht worden ist ().
Quelle: ; NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
PAAAI-05493