Aus 0,5 % wird 0,15 %
Der erste Schritt ist gemacht
„Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig“ – das war im August letzten Jahres die Meldung im Steuerrecht. Wirklich überrascht hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber wohl niemanden. Schließlich wurde die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe – für jeden Monat 0,5 %, somit 6 % pro Jahr – schon länger kritisch diskutiert. Als Ergebnis ihrer verfassungsrechtlichen Überprüfung schrieben die Karlsruher Richter dem Gesetzgeber ins Aufgabenheft, bis Ende Juli 2022 für alle offenen Fälle eine rückwirkende verfassungsgemäße Neuregelung des Zinssatzes für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab zu treffen. Mit dem vom Bundesfinanzministerium am veröffentlichten Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der AO und des EGAO, den Baum auf kurz vorstellt, ist nun der erste Schritt gemacht. Vorgesehen ist darin eine rückwirkende Senkung des Zinssatzes auf 0,15 % pro Monat (= 1,8 % pro Jahr). Zudem soll alle drei Jahre überprüft werden, ob der geltende Zinssatz noch angemessen ist – damit es in einigen Jahren nicht wieder heißt, „der Zinssatz ist evident realitätsfern“.
International betrachtet gab es im August letzten Jahres ein weiteres Ereignis, das von den Regierungen der größten Volkswirtschaften sogar als „historisch“ bezeichnet wurde. Die Rede ist von der weltumspannenden Einigung auf eine globale effektive Mindest- und Digitalbesteuerung (s. dazu das Gast-Editorial von Kreienbaum in ). Auch hier geht es mit großen Schritten voran. Im Dezember 2021 veröffentlichte die OECD ihre „Model Rules“ zur globalen Mindestbesteuerung. Zwei Tage später folgte die Europäische Kommission mit einem Richtlinienentwurf zur Einführung der globalen Mindestbesteuerung in der EU. Da die Regelungen nach Vorstellung von OECD und EU bereits ab 2023 angewendet werden sollen, bleibt den Unternehmen nicht viel Zeit, sich vorzubereiten. Suttner berichtet auf über den Stand dieses Reformvorhabens.
Die zweite Stufe des MwSt-Digitalpakets ist Anfang Juli letzten Jahres in Kraft getreten und damit den Schritt in die praktische Anwendung schon gegangen. Nach nunmehr gut einem halben Jahr Praxis lassen sich erste Problemfelder und Fallstricke erkennen, die es von Beratern und Unternehmern zu vermeiden gilt. Auf ziehen Fietz/Kranzfelder daher für die Neuregelung des innergemeinschaftlichen Fernverkaufs sowie das EU-OSS-Verfahren, denen in der Praxis erfahrungsgemäß die größte Bedeutung zukommt, eine erste Bilanz, gehen auf zentrale Fragen und bisher gewonnene Erkenntnisse ein und geben Handlungsempfehlungen. Auch die Sonderfälle des Amazon-Pan-EU-Geschäfts oder des Dropshipping-Modells nehmen sie in den Blick.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2022 Seite 569
NWB IAAAI-05384