Online-Nachricht - Mittwoch, 02.03.2022

Umsatzsteuer | Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen (FG)

Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen sind gem. § 4 Nr. 16 UStG umsatzsteuerfrei ().

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die eine Seniorenresidenz bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens betreibt. Die Wohnungen befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die Klägerin Betreuungsverträge ab, die diverse Leistungen einer (erweiterten) Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfassten. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass diese Umsätze teilweise steuerfrei seien, soweit die entsprechenden Leistungen eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhingen. Dem folgte das Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagungen der Streitjahre nicht.

Das FG Münster gab der Klage statt:

  • Nach § 4 Nr. 16 UStG sind die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen steuerfrei, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmten Einrichtungen erbracht werden.

  • Im Streitfall zählten die Bewohner des betreuten Wohnens zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen i. S. des § 4 Nr. 16 Satz 1 Hs. 1 UStG, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen litten.

  • Die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen sind auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. Die Klägerin bietet den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an Leistungen an, die zur ambulanten Pflege gehören und der Altenhilfe i. S. des § 71 SGB XII zuzurechnen sind. Hierzu gehören verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung. Auch soweit diese Leistungen der Befriedigung von Grundbedürfnissen dienen, sind diese spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet, weil auch diese Leistungen durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal erbracht werden.

  • Da die Leistungen der Klägerin im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen bereits nach § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG steuerbefreit sind, brauchte nicht darüber entschieden werden, ob die Vorschrift mit dem Unionsrecht unvereinbar ist und die Leistungen der Klägerin aus dem betreuten Wohnen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie umsatzsteuerfrei wären.

Quelle: FG Münster Pressemitteilung v. (JT)

Fundstelle(n):
NWB AAAAI-05365