Online-Nachricht - Donnerstag, 24.02.2022

Einkommensteuer | Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG bei Darlehensgewährung an eine Personengesellschaft (BFH)

Ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG des Gläubigers der Kapitalerträge zu einer Personengesellschaft ist zu bejahen, wenn der Gläubiger eine Beteiligung innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen. Das Gleiche gilt, wenn die Anteile an der Personengesellschaft zwar von einer rechtsfähigen Stiftung gehalten werden, der Gläubiger jedoch aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der Stiftung mittelbar in der Lage ist, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG gilt der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG u.a. nicht für Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge einander nahe stehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG keine Anwendung findet.

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute, die zunächst die alleinigen Kommanditisten einer GmbH & Co. KG waren. Sie übertrugen ihre Gesellschaftsanteile an eine von ihnen errichtete Familienstiftung, blieben aber Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Zugleich bildeten sie neben einer dritten Person den Vorstand der Stiftung. Die Darlehenskonten der bisherigen Gesellschafter wurden als sonstige Verbindlichkeiten gegenüber den Klägern fortgeführt und zu fremdüblichen Bedingungen verzinst.

Die von der KG an die Kläger im Streitjahr 2016 gezahlten Zinsen unterwarf das Finanzamt dem persönlichen Einkommensteuersatz der Kläger, weil sie der KG nahestehende Personen seien. Demgegenüber vertraten die Kläger die Auffassung, dass nach dem zivilrechtlichen Grundkonstrukt einer Stiftung ein Beherrschungsverhältnis ausscheide. Das FG der ersten Instanz gab der Klage statt (, s. hierzu Krüger, )

Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA ab:

  • Bei dem Begriff der nahe stehenden Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der normspezifisch für Zwecke des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG auszulegen ist (vgl. u.a. , BStBl II 2014).

  • Bei einer Personengesellschaft kann ein Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss aufgrund seiner Beteiligung grundsätzlich nur dann ausüben, wenn für Gesellschafterbeschlüsse ein Stimmrechtsverhältnis vereinbart ist, das es dem betreffenden Gesellschafter ermöglicht, seine Mitgesellschafter zu überstimmen (, BStBl II 1991, 510).

  • Die Beherrschung einer Personengesellschaft durch einen ihrer Gesellschafter setzt daher grundsätzlich voraus, dass dieser eine Beteiligung an der Personengesellschaft innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen (vgl. , BStBl II 1991, 510). Die Beherrschung der Personengesellschaft braucht dabei nicht auf einer unmittelbaren Beteiligung beruhen. Sie kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden (vgl. u.a. , BStBl II 1993, 134).

  • In besonderen Ausnahmefällen kann der Gesellschafter trotz fehlender, rechtlicher Möglichkeit zur Durchsetzung des eigenen Willens die Gesellschaft faktisch beherrschen. Eine solche faktische Beherrschung liegt insbesondere dann vor, wenn auf die Gesellschafter, deren Stimmen zur Erreichung der im Einzelfall erforderlichen Stimmenmehrheit fehlen, aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen Druck dahingehend ausgeübt werden kann, dass sie sich dem Willen der beherrschenden Person unterordnen. Dass solche besonderen Umstände vorliegen, muss im Einzelfall festgestellt werden. Die objektive Feststellungslast hat derjenige zu tragen, der daraus günstige Rechtsfolgen für sich ableitet (vgl. , BStBl II 2002, 771).

  • Bei Anwendung dieses Maßstabs ist das FG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen den Klägern als Darlehensgebern und der KG als Darlehensnehmerin kein solches Beherrschungsverhältnis bestand.

  • Eine Beherrschung der KG aufgrund einer Gesellschafterstellung der Kläger scheidet bereits deswegen aus, weil die Kläger im Zuflusszeitpunkt (vgl. hierzu , BStBl II 2021, 418, Rz 56) nicht mehr an der KG beteiligt waren.

  • Die Kläger beherrschten die KG auch nicht mittelbar über die von ihnen errichtete Stiftung. Weder der Kläger noch die Klägerin waren jeweils für sich betrachtet in der Lage, die Einflussmöglichkeiten, die der Stiftung auf Ebene der KG zustanden, mittelbar zu beherrschen. Denn aufgrund der Besetzung des Stiftungsvorstands mit drei Mitgliedern konnten weder der Kläger noch die Klägerin Mehrheitsbeschlüsse des Vorstands ohne die Mitwirkung eines anderen Vorstandsmitglieds herbeiführen.

  • Entgegen der Auffassung des FA führt auch der Umstand, dass den Klägern gemeinschaftlich die Stimmrechtsmehrheit im Stiftungsvorstand zustand, nicht zur Annahme einer beherrschenden Stellung. Wie der Senat bereits entschieden hat, genügt ein aus der Ehegatteneigenschaft abgeleitetes, persönliches Interesse für sich genommen nicht, um ein Näheverhältnis zwischen Ehegatten zu begründen (u.a. , BStBl II 2020, 807).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
TAAAI-05016