ODF Berlin - St 127 - S 2295 - 1/97

Anwendung des Progressionsvorbehalts bei nur zeitweiser unbeschränkter Einkommensteuerpflicht (§ 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG)

Runddruck vom , Zur ESt-Nr. 400

Mit der Bezugsverfügung hatte die OFD über den Ausgang des Revisionsverfahrens I R 63/00 unterrichtet (-, DB 2002 S. 874) und gebeten, die Bearbeitung der ruhenden Einspruchsverfahren wieder aufzunehmen. Gegen die Wiederaufnahme der ruhenden Verfahren wenden Steuerpflichtige und deren Berater - hier ist insbesondere die Beratungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers GmbH, Stuttgart, zu nennen - vielfach ein, dass noch das Revisionsverfahren I R 91/01 (Vorinstanz EFG 2002 S. 410) offen sei und die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm in einem Verfahren vor dem Finanzgericht Köln (8 K 1213/02) erneut geprüft werde. Sie bitten deshalb, die Einspruchsverfahren weiterhin ruhen zu lassen.

Für ein weiteres Ruhen anhängiger Einspruchsverfahren besteht jedoch keine Veranlassung. Die Verfahren können daher festgesetzt werden.

Der BFH hat mit seinem o.g. Urteil vom für den Fall des Wegzugs eines Steuerpflichtigen in einen Nicht-EU-Staat die Anwendbarkeit des Progressionsvorbehalts auf die nach dem Wegzug erzielten Einkünfte bejaht. In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat er mit dem Urteil vom - I R 40/01 - (BStBl 2002 II S. 660) entschieden, dass die nach einem Wegzug erzielten Einkünfte auch dann im Wege des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen seien, wenn sich der neue Wohnsitz des Steuerpflichtigen in einem EU-Staat befindet.

Dagegen betrifft das von den Steuerpflichtigen angeführte Revisionsverfahren I R 91/01 vor allem die Rechtsfrage, ob einem schwedischen Arbeitnehmer, der im Streitjahr Ende Mai nach Schweden zurückkehrte, Kinderfreibeträge für das gesamte Jahr oder nur für Monate der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht zustehen. Soweit im vorinstanzlichen Verfahren vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg (a.a.O.) auch die Frage des Progressionsvorbehalts strittig war, ist diese mittlerweile durch das (a.a.O.) höchstrichterlich entschieden worden. Es ist daher nicht zu erwarten, dass der BFH im Revisionsverfahren I R 91/01 nochmals zur Anwendung des Progressionsvorbehalts in den vorgenannten Fällen Stellung nimmt oder sogar seine bisherige Rechtsprechung ändern wird.

Auch der Hinweis darauf, dass im Verfahren in zweiten Rechtsgang vor dem Finanzgericht Köln (8 K 1213/02, nachfolgend dem Revisionsverfahren I R 63/00) die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm erneut geprüft werde, ist nicht geeignet, die Verfahren weiterhin ruhen zu lassen. Das Finanzgericht Köln ist in diesem Verfahren an die rechtliche Beurteilung des BFH gebunden (vgl. § 126 Abs. 5 FGO). Dies gilt auch für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm (herrschende Auffassung, vgl. die Nachweise bei Tipke/Kruse FGO § 126 Rz. 80). Dagegen ist der insbesondere von der Beratungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers GmbH unter Bezugnahme auf Tipke/Kruse FGO § 126 Rz. 81 vertretenen abweichenden Auffassung nicht zu folgen.

ODF Berlin v. - St 127 - S 2295 - 1/97

Fundstelle(n):
YAAAA-81327