Online-Nachricht - Donnerstag, 10.02.2022

Gesetzgebung | Verstetigung der virtuellen Hauptversammlung (BMJV)

Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde die Möglichkeit geschaffen, Hauptversammlungen ausschließlich im virtuellen Format abzuhalten. Die virtuelle Hauptversammlung soll als dauerhafte Regelung im AktG eingeführt werden. Zu diesem Zweck hat das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf veröffentlicht.

Der Entwurf sieht im Einzelnen u. a. vor:

  • In das AktG soll ein neuer § 118a als zentrale Vorschrift der virtuellen Hauptversammlung eingefügt werden. Die Entscheidung für die virtuelle Hauptversammlung bedarf einer Grundlage in der Gesellschaftssatzung, so dass die Aktionäre über deren Format entscheiden. Die Präsenzversammlung bildet damit weiterhin die Grundform der Hauptversammlung. Die Regelung in der Satzung oder eine entsprechende Ermächtigung des Vorstands muss auf bis zu fünf Jahre befristet werden, um die Legitimation der Entscheidung regelmäßig zu erneuern.

  • Die Abhaltung der Versammlung als virtuelle Hauptversammlung wird zum Schutz der Aktionäre u. a. an folgende Voraussetzungen geknüpft:

    Die gesamte Versammlung ist in Bild und Ton zu übertragen.

    Es ist die elektronische Stimmrechtsausübung der Aktionäre zu ermöglichen.

    Aktionäre müssen Anträge in der Versammlung elektronisch stellen können (etwa Antrag zur Abwahl des Versammlungsleiters).

    Die Aktionäre erhalten ein Auskunftsrecht im Wege elektronischer Kommunikation. Dieses Auskunftsrecht kann, wie in der Präsenzversammlung, im Versammlungstermin gewährt werden. Der Vorstand kann allerdings auch entscheiden, dass Aktionärsfragen bis spätestens vier Tage vor dem Versammlungstermin einzureichen sind. In diesem Fall erhalten die Aktionäre in der Versammlung ein Nachfragerecht.

    Zur Verbesserung der Transparenz ist der Bericht des Vorstands oder dessen wesentlicher Inhalt bereits vor der Versammlung den Aktionären zugänglich zu machen.

    Alle Aktionäre erhalten die Möglichkeit, Stellungnahmen im Vorfeld der Versammlung einzureichen, die den Aktionären zudem ebenfalls zugänglich zu machen sind.

    Es wird eine Redemöglichkeit in der Versammlung für alle Aktionäre im Wege der Videokommunikation vorgesehen. Damit diese für die Emittenten beherrschbar bleibt, wird der Gebrauch an ein Vorverfahren geknüpft (etwa Möglichkeit zur Festlegung eines Zeitraums für die Gesamtheit der Redebeiträge sowie einer Anzahl von Redebeiträgen in der Einberufung, die nach dem Prioritätsprinzip vergeben werden).

    Es ist den elektronisch zur Versammlung zugeschalteten Aktionären eine Widerspruchsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen.

  • Um Anfechtungsrisiken für die Gesellschaften abzumildern, werden die bestehenden Vorschriften des Aktiengesetzes, die Anfechtungsmöglichkeiten im Falle technischer Störungen begrenzen, auf die virtuelle Hauptversammlung ausgedehnt. Über solche technischen Störungen hinaus ist das Anfechtungsrecht eröffnet.

  • Die virtuelle Hauptversammlung enthält keine Einschränkung bezüglich in ihr zu behandelnder Gegenstände.

  • Neben Aktiengesellschaften erfasst das Gesetz auch die Versammlungen der verwandten Rechtsformen Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA), Europäische Aktiengesellschaft (SE) und Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG).

Hinweis

Die Länder und Verbände haben nun Gelegenheit bis zum Stellung zu nehmen.

Der Referentenentwurf ist auf der Homepage des Bundesministerium für Justiz veröffentlicht.

Quelle: BMJV Newsletter v. (JT)

Fundstelle(n):
NWB TAAAI-03837