BAG Urteil v. - 6 AZR 141/21

Einkommenssicherung nach dem TV UmBw

Gesetze: § 1 TVG

Instanzenzug: ArbG Hameln Az: 1 Ca 323/19 Ö Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 16 Sa 754/20 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Einkommenssicherung.

2Der Kläger ist seit dem bei der Beklagten als Zivilangestellter der Bundeswehr beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst in der für den Bund geltenden Fassung Anwendung. Dies umfasst den Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom .

3Dieser lautet in der seit dem geltenden Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 4 vom auszugsweise wie folgt:

4Der Kläger war bis zum in der Luftfahrzeugtechnik der Heeresfliegerwaffenschule als Fluggerätemechaniker beschäftigt und wurde nach Lohngruppe 9 Fallgruppe 9b des damals geltenden Lohngruppenverzeichnisses zum MTArb (TVLohngrV als Anhang I/2 zum MTArb Sonderverzeichnis (SV) 2a) vergütet. Mit Wirkung zum wurde er als Fluggerätemechaniker und Kraftfahrer in die Zweite Luftfahrzeugtechnikstaffel versetzt. Diese Tätigkeiten entsprachen der Lohngruppe 8 Fallgruppe 1 TVLohngrV SV 2a. Anlässlich dieser Herabgruppierung erhielt der Kläger nach § 6 Abs. 1 TV UmBw eine Einkommenssicherung. Infolge der Anrechnung allgemeiner Entgelterhöhungen nach § 6 Abs. 3 TV UmBw verringerte sich diese in den Folgejahren und lief zum aus.

5Mit Wirkung zum wurde der Kläger zum Hubschraubergeschwader versetzt. Hierbei handelte es sich um eine zeitlich befristete Versetzung, da die entsprechende Abteilung nur bis zum eingerichtet wurde. Der Kläger wurde nach Entgeltgruppe 8 TVöD vergütet.

6Vor diesem Hintergrund fand am ein Gespräch zwischen dem Kläger und der Personalsachbearbeiterin J im Beisein eines Personalratsmitglieds statt. Gegenstand des Gesprächs war eine Versetzung des Klägers in den Bereich Betriebsführung bei der Heeresfliegerwaffenschule nach Durchführung entsprechender Qualifizierungsmaßnahmen. Die Gesprächsteilnehmer fertigten einen von ihnen unterschriebenen Vermerk, welcher auszugsweise lautet:

7Die in dem Vermerk genannte Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. c TV UmBw bezieht sich auf die damals geltende Fassung des TV UmBw. Nach der Neufassung zum entspricht diese Regelung nunmehr § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw.

8Nach Abschluss der vereinbarten Qualifizierungsmaßnahme wurde der Kläger mit Wirkung zum auf den vorgesehenen Dienstposten im Bereich Betriebsführung bei der Heeresfliegerwaffenschule in B versetzt. Diese Tätigkeit wird nach Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD vergütet. Vorher bezog der Kläger eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TVöD. Er erhält deshalb eine persönliche Zulage zur Einkommenssicherung nach § 6 Abs. 1 TV UmBw. Diese wurde zunächst auf 591,54 Euro brutto monatlich festgesetzt. Die Beklagte reduzierte sie jedoch unter Berufung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw bei den folgenden allgemeinen Entgelterhöhungen. So wurde die persönliche Zulage ab dem auf monatlich 579,59 Euro brutto und mit Wirkung zum auf monatlich 566,68 Euro brutto festgesetzt.

9Mit Schreiben vom forderte der Kläger die ungekürzte Fortzahlung der persönlichen Zulage rückwirkend ab . Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom ab.

10Mit seiner Klage hat der Kläger bezogen auf den Zeitraum vom bis einschließlich September 2021 die Feststellung verlangt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die persönliche Zulage ohne Verringerung bei allgemeinen Entgelterhöhungen zu zahlen. Verringerungen anlässlich allgemeiner Entgelterhöhungen hätten nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw zu unterbleiben. Dies ergebe sich aus dem unmissverständlichen Wortlaut der Tarifregelung, welche mit der Formulierung „erhalten hat“ alle vorangegangenen Vergütungs-, Lohn- und Entgeltsicherungen erfasse, und aus der Bezugnahme auf Vorgängertarifverträge. Die Tarifvertragsparteien hätten diejenigen Beschäftigten, welche bereits in der Vergangenheit von Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen gewesen seien, vor einer weiteren Entgeltsenkung bewahren wollen. Der bereits verminderte Lebensstandard solle damit dauerhaft gesichert werden.

11Zudem habe die zuständige Personalsachbearbeiterin J in dem Gespräch am rechtsverbindlich zugesagt, dass eine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw künftig unterbleiben werde.

12Der Kläger hat beantragt

13Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Die vorgenommenen Verringerungen der persönlichen Zulage des Klägers seien tarifkonform. Nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw unterbleibe die Verringerung nur, falls „zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1“ noch eine Einkommenssicherung bezogen werde. Es handle sich um eine Stichtagsregelung. Andernfalls wäre die Formulierung „zum Zeitpunkt der Maßnahme“ überflüssig. Die Tarifvertragsparteien hätten nur diejenigen Beschäftigten von einer Verringerung ausnehmen wollen, welche in einem kurzen zeitlichen Abstand von einer Verringerung ihres Entgelts aufgrund einer Umstrukturierungsmaßnahme betroffen seien. Dies sei der Fall, wenn noch während des Bezugs einer persönlichen Zulage zur Einkommenssicherung ein weiterer Sicherungsfall eintrete und auch die weitere persönliche Zulage anlässlich allgemeiner Entgelterhöhungen ohne die Ausnahmeregelung abschmelzen würde. § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw beziehe sich nicht auf frühere, bereits abgeschlossene Einkommenssicherungen. Nur der zuletzt erreichte Lebensstandard solle gesichert werden. Im Falle des Klägers sei die zuerst erfolgte Einkommenssicherung bereits vor über neun Jahren beendet gewesen.

14Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf eine individuelle Vereinbarung stützen. Die Sachbearbeiterin J habe in dem Gespräch am ersichtlich nur eine unverbindliche Auskunft erteilen wollen.

15Im Übrigen habe der Kläger die vorgenommenen Anrechnungen der Entgelterhöhungen seit dem ohne Widerspruch hingenommen. Ein etwaiger Anspruch auf Differenzausgleich sei daher verwirkt.

16Das Arbeitsgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts durch Zurückweisung der Berufung.

Gründe

17Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte die der Klage stattgebende erstinstanzliche Entscheidung nicht abändern und die Klage abweisen dürfen. Die Klage ist zulässig und begründet.

18I. Die Klage ist zulässig.

191. Der Feststellungsantrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (zu den Anforderungen vgl.  - Rn. 18). Er bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf Verringerungen aufgrund allgemeiner Entgelterhöhungen und somit nicht auf Verringerungen nach § 6 Abs. 3 Satz 5 TV UmBw. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht zudem klargestellt, dass sich der Antrag nicht auf eine Einschränkung oder gar den Entfall der persönlichen Zulage aus anderen Gründen beziehe. Letztlich will der Kläger nur festgestellt wissen, dass bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum eine Verringerung bei allgemeinen Entgelterhöhungen nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw unterbleibt. Es ist daher ohne Belang, dass die Vertreterin der Beklagten in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht erklärt hat, der Kläger sei im Jahre 2019 höhergruppiert worden. Die daraus nach § 6 Abs. 3 Satz 5 TV UmBw folgende Verringerung ist nicht streitgegenständlich.

202. Für den so verstandenen Feststellungsantrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Mit der erhobenen Feststellungsklage kann der Streit über eine Verringerung der persönlichen Zulage bei allgemeinen Entgelterhöhungen bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt abschließend geklärt werden (vgl. zu diesem Erfordernis  - Rn. 15 mwN).

21II. Die Klage ist auch begründet. Die persönliche Zulage des Klägers verringerte sich bei allgemeinen Entgelterhöhungen in der Zeit vom bis einschließlich September 2021 nicht gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw. Dies unterblieb gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw, weil der Kläger bereits aufgrund einer früheren Personalmaßnahme eine Entgeltsicherung nach dem TV UmBw erhalten hatte.

221. Der Geltungsbereich des TV UmBw ist nach § 1 Abs. 1 TV UmBw eröffnet. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die streitbefangene Einkommenssicherung ab dem auf eine durch die Umstrukturierung der Bundeswehr veranlasste Organisationsentscheidung zurückzuführen ist (vgl. hierzu  - Rn. 19 mwN). Die nach einer Qualifizierungsmaßnahme ab dem aufgenommene Tätigkeit ist auf die Auflösung der bisherigen Beschäftigungsabteilung im Hubschraubergeschwader zurückzuführen.

232. Zwischen den Parteien steht weiterhin außer Streit, dass der Kläger seit dem nach § 6 Abs. 1 TV UmBw eine Einkommenssicherung wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Herabgruppierung von der Entgeltgruppe 8 in die Entgeltgruppe 6 TVöD in Anspruch nehmen kann. Zu beantworten ist lediglich die Frage, ob bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum bei allgemeinen Entgelterhöhungen eine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw erfolgt oder ob diese nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw unterbleibt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist Letzteres der Fall.

24a) § 6 TV UmBw dient der Sicherung des Besitzstands ( - Rn. 19 mwN). Durch § 6 Abs. 1 TV UmBw wird das Einkommen gesichert, welches dem Beschäftigten aus der „bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat“. Damit soll der Lebensstandard erhalten werden, den der Beschäftigte vor dem Wegfall seines Arbeitsplatzes durch eine Organisationsmaßnahme iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw erreicht hatte ( - Rn. 23, BAGE 157, 23). Die persönliche Zulage nimmt nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw an allgemeinen Entgelterhöhungen teil, dh., sie ist dynamisch ausgestaltet (vgl.  - Rn. 27). Unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw verringert sie sich jedoch um einen bestimmten Anteil des Erhöhungsbetrages. Dieses „Abschmelzen“ der persönlichen Zulage führt meist zu ihrem Entfall ( - Rn. 26). Die beabsichtigte Besitzstandssicherung hat dann nach Vorstellung der Tarifvertragsparteien ihren Zweck erfüllt.

25b) Die Verringerung unterbleibt jedoch in den von der Spezialregelung des § 6 Abs. 3 Satz 4 TV UmBw erfassten Fällen. Es handelt sich hierbei um einen erweiterten Schutz des Besitzstands, der den betroffenen Beschäftigten ungeschmälert den dynamisierten Bezug der persönlichen Zulage belässt, solange keine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 5 TV UmBw eintritt. Im Falle des Klägers sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw erfüllt.

26aa) Nach dieser Vorschrift unterbleibt eine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw, wenn der Beschäftigte zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 TV UmBw bereits eine Einkommenssicherung nach im Einzelnen aufgeführten Tarifverträgen erhalten hat. Diese Regelung verhindert, dass die erfassten Arbeitnehmer mehrfach einer abbaubaren Einkommenssicherung unterfallen ( - Rn. 30). § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw ist dahingehend auszulegen, dass jedweder Bezug einer Einkommenssicherung nach den genannten Tarifverträgen - einschließlich bereits abgeschlossener Einkommenssicherungen - eine Verringerung bei einer nachfolgenden Einkommenssicherung verhindert (zu den Grundsätzen der Tarifauslegung vgl.  - Rn. 27). Letztlich kann ein Abschmelzen der Einkommenssicherung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw entsprechend dem Tarifverständnis des Klägers nur einmal erfolgen.

27(1) Der Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw ist diesbezüglich allerdings unklar.

28(a) Die Formulierung „zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1“ kann mit der Beklagten dahingehend verstanden werden, dass bei Beginn der Einkommenssicherung noch eine andere Einkommenssicherung „auf Grund einer früheren Personalmaßnahme“ bezogen werden muss (in diesem Sinne auch  - zu A I 1 a cc 3) b) der Gründe). Hierauf abstellend, wäre es folgerichtig, das Unterbleiben der Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw nur für den Fall eines „Doppelbezugs“ von Einkommenssicherungen anzunehmen. Ein solcher Doppelbezug ist möglich bei Fallgestaltungen, in denen Beschäftigte aufgrund des fortlaufenden Umstrukturierungsprozesses der Bundeswehr mehrfach von einem Wegfall des Arbeitsplatzes betroffen sind und die bereits erhaltene persönliche Zulage eine Zulage iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw darstellt (vgl.  - Rn. 20 ff.). Dessen ungeachtet lässt die Formulierung „zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1“ aber auch das Verständnis zu, dass damit nur der Gegensatz zur „früheren Personalmaßnahme“ zum Ausdruck gebracht werden soll. Demnach könnten auch in der Vergangenheit beendete Einkommenssicherungen erfasst sein.

29(b) Diese Unsicherheit über den Bedeutungsgehalt der Norm wird nicht durch die Verwendung des Perfekts bezüglich des Erhalts einer Einkommenssicherung aus einer früheren Personalmaßnahme („erhalten hat“) beseitigt. Diese Zeitform bringt zum Ausdruck, dass ein in der Vergangenheit abgeschlossener Sachverhalt in der Gegenwart als Zustand noch andauert oder von Bedeutung bleibt (vgl. Duden Richtiges und gutes Deutsch 7. Aufl. Stichwort: Perfekt). Die Formulierung „erhalten hat“ macht damit nur deutlich, dass in der Vergangenheit ein Sicherungsfall eingetreten sein muss und entsprechende Zahlungen geleistet worden sein müssen. Ob diese bereits vollständig eingestellt worden sein dürfen und nur der Erhalt der bis dahin erfolgten Leistungen verbleibt oder ob noch aktuell weitere Zahlungen bei Eintritt des erneuten Sicherungsfalls erfolgen müssen, wird nicht unterschieden. Eindeutig wären nur die - ggf. alternativ verwendeten - Formulierungen „erhält“ oder „erhalten hatte“, denn damit wäre zum Ausdruck gebracht, dass es sich um den aktuellen Bezug einer Einkommenssicherung oder um einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Bezug handeln muss.

30(2) Entscheidend für das Verständnis des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw ist die Inbezugnahme früherer Personalmaßnahmen nach dem Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom und dem Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom , welcher zwischen der damals bestehenden Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ötv) und der Beklagten, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände abgeschlossen wurde. Diese Tarifwerke stehen in einem inneren Zusammenhang zum TV UmBw. Der Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom knüpfte inhaltlich an den Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom an, indem er bei Wegfall von Arbeitsplätzen aus Anlass der Verringerung der Bundeswehr eine Vergütungs- und Lohnsicherung auf Grundlage eines sog. Sicherungsbetrages vorsah, welcher sich mit jeder allgemeinen Vergütungserhöhung grundsätzlich verminderte. Eine ähnliche Vergütungssicherung sieht der Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom vor. Die Tarifvertragsparteien des TV UmBw haben diese Systematik übernommen und waren sich bewusst, dass bei Inkrafttreten des TV UmBw am Beschäftigte existierten, welche sich noch in einer Einkommenssicherung nach dem Tarifvertrag vom befanden. Vor diesem Hintergrund haben sie sich mit § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw darauf verständigt, dass Beschäftigte nicht mehrfach einer abbaubaren Einkommenssicherung unterfallen sollen. Dies gilt ausdrücklich auch für Einkommenssicherungen „nach diesem Tarifvertrag“, dh. nach dem TV UmBw (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Teil VI Begleitmaßnahmen Umgestaltung Bundeswehr Stand Juni 2006 Erl. 8.1). An diesem Konzept haben die Tarifvertragsparteien auch bei der letzten Änderung des § 6 TV UmBw mit Änderungsvertrag Nr. 4 vom festgehalten, obwohl die beiden älteren Tarifwerke keine große praktische Bedeutung mehr haben dürften. Jedenfalls der nach wie vor geltende Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom kann aber auf Angestellte, die von einem anderen öffentlichen Arbeitgeber zur Bundeswehr gewechselt sind, Anwendung gefunden haben. Auch bei diesen Arbeitnehmern, bei denen aufgrund des Arbeitgeberwechsels kein gleichzeitiger Bezug beider Sicherungen möglich ist, soll eine Abschmelzung der späteren Einkommenssicherung entfallen. Daraus ergibt sich als Grundkonzeption der Vorschrift, dass wegen des langwierigen Reformprozesses der Bundeswehr bei mehrfacher Betroffenheit von Entgeltreduzierungen nur einmal eine Verringerung der persönlichen Zulage bei allgemeinen Entgelterhöhungen erfolgen soll. Dabei haben die Tarifvertragsparteien insoweit einen Systembruch hingenommen, als der Lebensstandard des Beschäftigten bei einer mehrere Jahre zurückliegenden früheren Einkommenssicherung zum Zeitpunkt des Eingreifens der erneuten Einkommenssicherung nicht mehr durch das ursprüngliche Einkommensniveau geprägt sein kann (vgl.  - zu A I 1 a cc 3) b) der Gründe). Andernfalls hätten sie eine zeitliche Grenze bestimmen müssen und nicht - gleichsam pauschal - auf „frühere Personalmaßnahmen“ abstellen dürfen. Sie haben sich insoweit nicht für eine zeitliche Betrachtung entschieden, sondern auf den bloßen Umstand abgestellt, dass früher bereits eine Verringerung des Entgelts stattgefunden hat, welche eine Einkommenssicherung nach dem jeweiligen Tarifwerk ausgelöst hat.

31bb) Demnach unterbleibt die Verringerung auch im Falle des Klägers nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw, denn der Kläger unterfiel bis zum bereits einer Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw.

323. Der Kläger hat sein Recht, sich auf das Unterbleiben der Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw zu berufen, auch nicht verwirkt (vgl. hierzu  - Rn. 47). Jedenfalls das erforderliche Umstandsmoment liegt nicht vor. Der Kläger war weder verpflichtet, die sich aus der von der Beklagten vorgenommenen Verringerung ergebenden Differenzbeträge zu fordern, noch ergibt sich aus der vorübergehenden Hinnahme der Verringerung eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl.  - Rn. 39). Er hat lediglich mit der Geltendmachung seiner Ansprüche zugewartet und damit bezogen auf sich ergebende Teilbeträge die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD-AT versäumt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es der Beklagten aufgrund eigener Dispositionen unzumutbar geworden wäre, die Ansprüche des Klägers zu erfüllen (vgl.  - Rn. 24).

334. Es kann daher dahingestellt bleiben, welche rechtliche Qualität der Vermerk vom aufweist und ob der Kläger hieraus einen Anspruch ableiten kann.

34III. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten auch der Berufung und der Revision zu tragen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:251121.U.6AZR141.21.0

Fundstelle(n):
ZAAAI-03057