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Online-Nachricht - Donnerstag, 27.01.2022

Einkommensteuer | Zufluss bei inkongruenten Gewinnverwendungsbeschlüssen (BFH)

Ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn hingegen nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, ist grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Für 23 GmbHs stellten die Gesellschafter die Jahresabschlüsse fest und entschieden sodann über die Verwendung und Verteilung der jeweiligen Bilanzgewinne. Hierzu stellten sie zunächst die Höhe der jeweils ausschüttbaren Gewinne fest. Im Weiteren beschlossen sie, dass die der jeweiligen Beteiligungshöhe entsprechenden Gewinnanteile der Minderheitsgesellschafter an diese ausgeschüttet wurden. Die ebenfalls der Beteiligungshöhe entsprechenden Anteile des Klägers am Gewinn wurden hingegen - so die jeweiligen Gesellschafterbeschlüsse - "nicht ausgeschüttet und den personenbezogenen Rücklagen zugeführt".

Nach den Feststellungen des FG wurde im Streitjahr auf diese Weise ein Gesamtbetrag von ... € personenbezogenen Rücklagen des Klägers zugeführt. In den Jahresabschlüssen wurden diese Rücklagen als Gewinnrücklagen im Eigenkapital der jeweiligen Gesellschaft ausgewiesen.

Das FA war der Meinung, dem Kläger seien damit Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen. Dementsprechend änderte das FA die bereits bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung des und erhöhte die gemäß § 32d Abs. 1 EStG besteuerten Kapitalerträge des Klägers.

Der BFH führte aus:

  • Das FG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass dem Kläger mit der Einstellung seiner anteiligen Gewinne in die personenbezogenen Gewinnrücklagen Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen sind.

  • Es hat insbesondere verkannt, dass es infolge entsprechender Gesellschafterbeschlüsse in den Streitjahren bereits nicht zu Gewinnausschüttungen an den Kläger gekommen ist, so dass sich die Frage des Zuflusses von Gewinnanteilen gar nicht stellt.

  • Eine solche Einstellung in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt auch beim beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Anmerkung von Dr. Christian Levedag, Richter im VIII. Senat des BFH:

Mit Urteil vom – VIII R 25/19 hat der VIII. Senat entschieden, dass inkongruente Gewinnverwendungsbeschlüsse steuerlich anzuerkennen sein können. Im Besprechungsfall war der Kläger an mehreren Kapitalgesellschaften als Mehrheitsgesellschafter beteiligt. Im Rahmen der Feststellung der Jahresabschlüsse der einzelnen Beteiligungsgesellschaften wurde über die Gewinnverwendung in der Weise entschieden, dass an die Minderheitsgesellschafter ausgeschüttet wurde und ein Betrag, der dem Anteil des Mehrheitsgesellschafters entsprochen hätte, in eine personengebundene Rücklage für diesen eingestellt und thesauriert wurde. Um Beträge aus den personengebundenen Rücklagen ausschütten zu können, bedurfte es eines erneuten Ausschüttungsbeschlusses, zudem unterlagen die den Rücklagen gutgeschriebenen Beträge dem Risiko, vorher durch Verluste verbraucht zu werden. Anders als das FA und das FG nahm der BFH aufgrund der gespaltenen Gewinnverwendungsbeschlüsse keine dem Mehrheitsgesellschafter zugeflossenen Ausschüttungen an. Er hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Gespaltene Gewinnverwendungen wie im Besprechungsfall seien gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie nach der Satzung der GmbH möglich seien und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss fassten. Da die Beschlüsse nach diesen Vorgaben im Besprechungsfall zivilrechtlich wirksam seien, seien insoweit keine Ausschüttungsansprüche des Mehrheitsgesellschafters entstanden und mangele es am Bezug von Gewinnanteilen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Es genüge insoweit auch nicht, dass der Kläger die Mehrheitsbeschlüsse für eine Ausschüttung der Beträge aus den personengebundene Rücklagen in einer Gesellschafterversammlung hätte herbeiführen können. Auch aufgrund der besonderen Zuflussgrundsätze für beherrschende Gesellschafter im Rahmen des § 11 EStG gelte nicht anderes. Diese Grundsätze zielten nur darauf ab, bei herausgeschobener Fälligkeit im Gewinnverwendungsbeschluss für den entstandenen Ausschüttungsanspruch einen sofortigen Zufluss zu fingieren, sie seien aber nicht geeignet, den Ausschüttungsanspruch selbst zu fingieren. Wichtig ist, dass die inkongruente Gewinnverwendung als Form der Teilthesaurierung des ausschüttbaren Gewinns von der inkongruenten Gewinnverteilung zu unterscheiden ist. Letztere liegt vor, wenn die Ausschüttung des Gewinns beschlossen, dieser aber nicht nach Maßgabe der Beteiligungsquoten verteilt wird.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
YAAAI-02752