Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Disquotale Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften
Ertragsteuerliche und schenkungsteuerliche Anwendungsfragen bei disquotalen Gewinnausschüttungen
Während bei quotalen bzw. kongruenten Gewinnausschüttungen bei
Kapitalgesellschaften die Ausschüttungen dem Anteil des jeweiligen
Gesellschafters am Stammkapital (GmbH) bzw. am Grundkapital (AG) seiner
Gesellschaft entsprechen, weichen diese bei disquotalen bzw. inkongruenten
Gewinnausschüttungen hiervon ab.
Werden diese disquotalen
Gewinnausschüttungen zwar gesellschaftsrechtlich umgesetzt, aber
(ertrag-)steuerlich durch die Finanzverwaltung nicht anerkannt, werden in Folge
die Ausschüttungen steuerrechtlich den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer
Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft (also quotal) zugerechnet.
Werden disquotale Gewinnausschüttungen (ertrag-)steuerlich
anerkannt, stellen sich komplexe schenkungsteuerliche Folgefragen.
Disquotale Gewinnausschüttungen können unter bestimmten Voraussetzungen für ertragsteuerliche Zwecke anerkannt werden.
Zusätzlich sollten auch immer noch schenkungsteuerliche Aspekte berücksichtigt werden.
Insbesondere die Frage, ob hierbei eine Schenkung der Gesellschafter untereinander vorliegt, ist umstritten.
I. Ertragsteuer: Entwicklungshistorie der Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat im Laufe der Zeit mehrere BMF-Schreiben zum Thema der inkongruenten Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften veröffentlicht, deren Inhalte folgend in chronologischer Reihenfolge dargestellt werden.
1.
Im (alten) wurde für die steuerliche Anerkennung disquotaler Gewinnausschüttungen entscheidend darauf abgestellt, ob andere als steuerliche Gründe für solche Maßnahmen erkennbar sind.
Früher konnten disquotale Gewinnausschüttungen steuerlich dann anerkannt werden, wenn besondere Leistungen eines Gesellschafters hierfür ursächlich waren, also (wirtschaftlich) beachtliche Gründe vorlagen.
Beispielhaft wurden als beachtliche Gründe zusätzliche Beiträge zum Gesellschaftszweck genannt, u. a. wenn ein Gesellschafter der Kapitalgesellschaft wertvolle Grundstücke unentgeltlich zur Nutzung überlässt oder wenn er unentgeltlich die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft übernimmt.
In dem diesem BMF-Schreiben vorangehenden stellte der BFH zunächst die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit disquotaler Gewinnausschüttungen fest sowie, dass grundsätzlich keine Bedenken bestehen, dem auch in steuerrechtlicher Hinsicht zu folgen. Dementsprechend sollten auch offene disquotale Gewinnausschüttungen, die mit dem Gesellschaftsrecht im Einklang stehen, steuerlich nicht hiervon abweichend behandelt werden. Zudem sollte grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vorliegen, wenn andere als steuerliche Gründe nicht erkennbar sind.
Im wurde explizit klargestellt, dass die Grundsätze dieses Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht allgemein anzuwenden sind (Nichtanwendungserlass). S. 173