Online-Nachricht - Mittwoch, 19.01.2022

Zivilrecht | Wirecard-Anleger - kein Schadensersatzanspruch gegen die BaFin (LG)

Das LG Frankfurt am Main hat vier Klagen von Anlegern der Wirecard-Aktien gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgewiesen (LG Frankfurt am Main, Urteile v. - 2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20, 2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20; nicht rechtskräftig).

Sachverhalt. Die Kläger hatten sich vor dem sog. Wirecard-Skandal als Aktionäre an der Wirecard-AG beteiligt. Infolge der Insolvenz des Unternehmens im Juni 2020 erlitten sie erhebliche Verluste. Die Kläger haben nun von der BaFin Schadensersatz in unterschiedlicher Höhe von rund dreitausend Euro bis rund sechzigtausend Euro verlangt. Sie sind der Meinung, die beklagte BaFin habe die Marktmanipulationen von Wirecard nicht verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstöße der Wirecard AG sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen.

Hierzu führten die Richter des LG Frankfurt am Main weiter aus:

  • Schadensersatzsprüche von Anlegern gegen die BaFin im Wirecard-Skandal bestehen nicht.

  • Nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften nimmt die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, nicht aber im Interesse einzelner Anleger.

  • Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten der BaFin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber einem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sog. Drittschutz.

Hinweise:

Die schriftlichen Gründe der am verkündeten Urteile (zu Az.: 2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20, 2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20) werden in den nächsten Wochen vorgelegt werden. Mit ihren Urteilen ist die Amtshaftungskammer des LG Frankfurt am Main einer bereits am ergangenen Entscheidung der 8. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main (Az.: 2-08 O 98/21) gefolgt. Die 8. Zivilkammer hatte eine Klage eines Anlegers von Wirecard-Aktien gegen die BaFin ebenfalls abgewiesen.

Die Entscheidungen werden in der Landesrechtsprechungsdatenbank (https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/search) veröffentlicht werden. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung der 8. Zivilkammer ist Berufung eingelegt worden. Die Urteile der 4. Zivilkammer können ebenfalls mit der Berufung zum OLG Frankfurt am Main angefochten werden.

Die Amtshaftungskammer des LG Frankfurt am Main hatte ursprünglich vorgesehen, am über rund weitere 60 Verfahren von Wirecard-Anlegern gegen die BaFin zu verhandeln. Die Kanzlei, welche diese weiteren Anleger vertritt, hat jüngst einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt. Ihm wurde nicht stattgegeben. Daraufhin haben diese Anwälte der Anleger einen Befangenheitsantrag gegen die Richter der Kammer gestellt.

Quelle: LG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAI-02232