BGH Beschluss v. - EnVR 36/20

Anreizregulierung: Anwendbarkeit einer Übergangsregelung auf Investitionsmaßnahme von Übertragungsnetzbetreibern - Genehmigung der Investitionsmaßnahme

Leitsatz

Genehmigung der Investitionsmaßnahme

Die Übergangsregelung in § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV in der seit dem geltenden Fassung ist auch auf Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern anwendbar, die bis zum beantragt, aber noch nicht genehmigt worden sind.

Gesetze: § 23 ARegV, § 34 Abs 11 S 3 ARegV vom

Instanzenzug: Az: VI-3 Kart 730/19 (V) Beschluss

Gründe

1A. Die Antragstellerin betreibt ein Elektrizitätsübertragungsnetz. Am stellte sie bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf Genehmigung der Investitionsmaßnahme "Maßnahmenpaket 348§1: Ad-Hoc Lastflusssteuernde Maßnahme in Wilser West". Die Inbetriebnahme war zunächst im Jahr 2023 vorgesehen, später teilte die Antragstellerin mit, dass sie von einer Inbetriebnahme des Projekts im Jahre 2024 ausgehe.

2Mit Beschluss vom genehmigte die Bundesnetzagentur die Investitionsmaßnahme, befristete die Genehmigung und die Anpassung der Erlösobergrenze jedoch nicht - wie von der Antragstellerin beantragt - bis zum Ablauf der vierten Regulierungsperiode (), sondern nur bis zum (dem Ende der dritten Regulierungsperiode) und lehnte den weitergehenden Antrag ab.

Die gegen diese Teilablehnung gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Bundesnetzagentur entgegentritt, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2020, 484) im Wesentlichen wie folgt begründet:

6Ein Anspruch auf Genehmigung der Investitionsmaßnahme über die dritte Regulierungsperiode hinaus bis zum Ende der vierten Regulierungsperiode ergebe sich nicht aus § 23 Abs. 1 und 3 ARegV in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: § 23 Abs. 1 und 3 ARegV aF).

7Er lasse sich auch nicht auf die Bindungswirkung des Leitfadens der Bundesnetzagentur aus dem Jahr 2017 stützen. Dieser habe zwar die Erteilung der Genehmigung bis zum Ende der folgenden Regulierungsperiode vorgesehen, wenn - wie hier - der Projektabschluss erst nach dem Basisjahr für die folgende Regulierungsperiode erfolgte. Der Leitfaden könne jedoch nur eine Bindung der Regulierungsbehörde nach dem Gleichbehandlungsgebot oder aus Vertrauensgesichtspunkten begründen. Eine Änderung der Verwaltungspraxis sei mit Wirkung ex nunc möglich. Die Umstellung der Regulierungspraxis habe die Bundesnetzagentur mit sachgerechten Erwägungen begründet. Da der angefochtene Beschluss zu der Frage, ob eine gleichmäßige und willkürfreie Stichtagsregelung gewährleistet sei, keine Angaben enthalte, habe die Bundesnetzagentur das ihr im Hinblick auf die Befristung zustehende Ermessen zwar nicht fehlerfrei ausgeübt. Die Bundesnetzagentur sei jedoch nach § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV gehindert, mit einem neuen Bescheid die Genehmigung über den hinaus bis zum Ende der vierten Regulierungsperiode zu befristen. Die Regelung erfasse nach dem eindeutigen Wortlaut alle Anträge auf Genehmigung vor dem Stichtag, unabhängig davon, ob eine über die dritte Regulierungsperiode hinausgehende Genehmigung bis zum bereits erteilt worden sei.

8§ 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV verstoße weder gegen das im verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rückwirkungsverbot noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

9II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Befristung der Genehmigung bis zum Ende der dritten Regulierungsperiode rechtmäßig ist.

101. Ein Anspruch der Antragstellerin auf eine Genehmigung der Investitionsmaßnahme für eine Dauer von zwei Regulierungsperioden ergibt sich weder aus § 23 ARegV aF noch aus der seit dem geltenden Fassung des § 23 ARegV (im Folgenden: § 23 ARegV nF).

11a) Die Regelungen der Anreizregulierungsverordnung finden auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (C-718/18, juris Rn. 112 ff.) weiterhin Anwendung. Sie sind allerdings angesichts der durch das Unionsrecht geforderten Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur von externen Weisungen anderer öffentlicher oder privater Stellen wo auch immer möglich und bis zu der den Gerichten durch den Willen des nationalen Gesetzgebers gezogenen Grenze im Sinne einer Gewährleistung und Sicherung dieser Unabhängigkeit auszulegen. Eine gerichtliche Überprüfung erfolgt in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BGH, RdE 2020, 78 Rn. 60 ff. - Normativer Regulierungsrahmen) daher im Grundsatz nur noch in Bezug auf den nach diesen Maßstäben fortgeltenden nationalen Regulierungsrahmen sowie anhand unionsrechtlicher Vorgaben (vgl. , z. Veröffentl. best.).

12b) Die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen gemäß § 23 ARegV eröffnet dem Netzbetreiber die Möglichkeit, die Kosten bestimmter Maßnahmen früher in die Festlegung der Erlösobergrenze einfließen zu lassen, als dies nach den allgemeinen Bestimmungen in §§ 4 ff. ARegV möglich wäre.

13aa) Für die Festlegung der Erlösobergrenze sind grundsätzlich die Kosten maßgeblich, die in dem nach § 6 Abs. 1 ARegV relevanten Basisjahr angefallen sind. Dies ist, sofern sich das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr deckt, das drittletzte Kalenderjahr vor Beginn der Regulierungsperiode. Danach können die Kosten einer Investitionsmaßnahme frühestens in der jeweils nächsten Regulierungsperiode berücksichtigt werden, und selbst dies wäre nur möglich, soweit die Kosten spätestens zwei Jahre vor Beginn dieser Periode angefallen sind (vgl. , RdE 2015, 463 Rn. 11 - GASCADE Gastransport GmbH).

14Um eine frühere Berücksichtigung zu ermöglichen, sieht § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ARegV vor, dass Kosten genehmigter Investitionsmaßnahmen, die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 ARegV als nicht beeinflussbare Kostenanteile gelten, bei der jährlichen Anpassung der Erlösobergrenze zu berücksichtigen sind (BGH, RdE 2015, 463 Rn. 12 - GASCADE Gastransport GmbH).

15bb) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV genehmigt die Bundesnetzagentur Investitionsmaßnahmen für Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen in die Übertragungs- und Fernleitungsnetze, soweit diese Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internatio-nale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 ARegV notwendig sind.

16c) Mit der am in Kraft getretenen Verordnung zur Berechnung der Offshore-Netzumlage und zu Anpassungen im Regulierungsrecht vom (BGBl. I, S. 333) wurden § 23 Abs. 1 ARegV die Sätze 4 und 5 angefügt. Nach Satz 4 sind die Genehmigungen für Investitionsmaßnahmen jeweils bis zum Ende derjenigen Regulierungsperiode zu befristen, in der ein Antrag gestellt worden ist. Für den Fall, dass ein Antrag erst nach dem Basisjahr, welches nach § 6 Abs. 1 Satz 4 ARegV für die folgende Regulierungsperiode zugrunde zu legen ist, gestellt wird, sieht Satz 5 der Neuregelung vor, dass die Genehmigung bis zum Ende dieser folgenden Regulierungsperiode zu befristen ist.

17Gemäß § 34 Abs. 11 ARegV nF ist § 23 Abs. 1 Satz 4 und 5 ARegV nF nur für Investitionsmaßnahmen anzuwenden, die nach dem (im Folgenden: Stichtag) erstmalig beantragt werden. Jedoch sieht Satz 3 der Regelung vor, dass bei Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern, die vor dem Stichtag über die dritte Regulierungsperiode hinaus nach § 23 Abs. 1 ARegV beantragt oder genehmigt wurden, der Genehmigungszeitraum mit Ablauf der dritten Regulierungsperiode endet, sofern sie bis zum für einen längeren Zeitraum genehmigt wurden.

18d) Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Genehmigung für die vierte Regulierungsperiode ist im Streitfall nach § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV und nicht nach dem zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung und der Beschwerdeeinlegung geltenden § 23 ARegV aF zu beurteilen. Die Frage nach dem für das anzuwendende Recht maßgebenden Zeitpunkt beantwortet sich nicht nach allgemeinen prozessualen Regeln. Entscheidend ist vielmehr das materielle Recht, soweit sich diesem eine Aussage über den maßgeblichen Zeitpunkt entnehmen lässt (vgl. BVerwGE 78, 114 [juris Rn. 10]). Zu Recht hat das Beschwerdegericht danach angenommen, dass Genehmigungen von Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern, die vor Inkrafttreten der Änderungsverordnung über die dritte Regulierungsperiode hinaus beantragt wurden, nach der Übergangsregelung des § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV auf das Ende der dritten Regulierungsperiode zu befristen sind.

19aa) Die Regelung ordnet für alle bis zum Stichtag beantragten Genehmigungen für Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern an, dass der Genehmigungszeitraum mit Ablauf der dritten Regulierungsperiode endet. Dies gilt auch für noch nicht bestandskräftig beschiedene Anträge. Die Übergangsregelung betrifft ausdrücklich "über die dritte Regulierungsperiode hinaus nach § 23 Abs. 1 beantragte oder genehmigte" Investitionsmaßnahmen. Der letzte Halbsatz, der die Beendigung des Genehmigungszeitraums mit Ablauf der dritten Regulierungsperiode davon abhängig macht ("sofern"), dass die Investitionsmaßnahmen bis zum für einen längeren Zeitraum genehmigt wurden, bezieht sich dabei lediglich auf bereits bestandskräftig erteilte Genehmigungen.

20bb) Dass die Regelung auch noch nicht bestandskräftig beschiedene Anträge erfassen sollte, ergibt sich auch aus der Begründung zum Verordnungsentwurf (BR-Drucks. 13/19, S. 11). Danach sollten alle Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern "auch dann" zum Ende der dritten Regulierungsperiode auslaufen, wenn sie ursprünglich für einen längeren Zeitraum genehmigt wurden. Dem lässt sich entnehmen, dass dies erst recht für noch nicht (bestandskräftig) beschiedene Anträge gelten soll. Im Vergleich zu bereits erteilten Genehmigungen ist bei noch nicht rechtsbeständig abgeschlossenen Genehmigungsverfahren das Vertrauen des Antragstellers, dass über den Antrag nur nach dem bislang geltenden Recht entschieden werde, weniger schutzwürdig (vgl. BVerwGE 78, 114 [juris Rn. 10]).

21cc) Dieses Verständnis liegt auch der Empfehlung des federführenden Wirtschaftsausschusses vom (BR-Drucks. 13/1/19, S. 2) und dem Antrag des Freistaates Bayern vom zu dem Verordnungsentwurf (BR-Drucks. 13/2/19, S. 1) zugrunde. Dort wurden § 34 Abs. 11 Satz 1 und 2 ARegV des Entwurfs, die unverändert in § 34 Abs. 11 Satz 1 und 3 ARegV übernommen wurden, dahin zusammengefasst, dass sich die vorgesehene Vertrauensschutzregelung lediglich darauf beziehe, dass für diese Investitionsmaßnahmen die bereits erteilte oder noch zu erteilende Genehmigung spätestens mit dem Ablauf der dritten Regulierungsperiode ende.

22e) Bei der Neuregelung handelt es sich nicht um eine Klarstellung, sondern um eine konstitutive Änderung der alten Rechtslage. Nach § 23 ARegV aF war die Befristung auf eine Regulierungsperiode zwar erlaubt, jedoch nicht zwingend. Die Genehmigung konnte vielmehr, wovon das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen ist, wie im Leitfaden der Bundesnetzagentur aus dem Jahr 2017 vorgesehen, bis zum Ende der Regulierungsperiode, in der das Investitionsprojekt abgeschlossen wird, erteilt werden.

23aa) Entgegen der Rechtsbeschwerde folgt aus dem Charakter der Genehmigung nach § 23 ARegV aF als gebundene Entscheidung nicht, dass die Betroffenen in Fällen, in denen sich die Investitionsmaßnahme über mehrere Regulierungsperioden erstrecken sollte, einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung bis zum Ende der Regulierungsperiode haben, in der das Investitionsprojekt abgeschlossen werden sollte. Wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat, handelt es sich lediglich insoweit um eine gebundene Entscheidung, als es um die Frage geht, ob die Genehmigung zu erteilen ist. Da die Regulierungsbehörde nach dem unverändert fortgeltenden § 23 Abs. 5 Satz 2 ARegV dazu ermächtigt war, die Genehmigung mit Nebenbestimmungen, und damit auch mit einer Befristung (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) zu versehen, stand es in ihrem Ermessen, die Genehmigung zunächst auf eine Regulierungsperiode zu befristen. Dies eröffnete ihr insbesondere die Möglichkeit, bei sich über mehrere Regulierungsperioden erstreckenden Investitionsmaßnahmen die Voraussetzungen für die Genehmigung für jede neue Regulierungsperiode einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. Gegenüber einem Widerrufsvorbehalt hatte das für die Behörde, der bei der Auswahl der in Betracht kommenden Nebenbestimmungen zur Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit ein weiter Einschätzungsspielraum zukommt (vgl. Rn. 11), den Vorteil, dass die Initiativ- und Darlegungslast auf Seiten der Betroffenen lag.

24Damit wurde der Behörde insbesondere eine am konkreten Stand des Projekts orientierte Überprüfung ermöglicht, ob der Abschluss des Projekts im Basisjahr für die folgende Regulierungsperiode möglich war. Auf diese Weise hätte bereits nach § 23 ARegV aF der Fehlanreiz ausgeschlossen werden können, die Projektplanung so auszurichten, dass die Genehmigung der gesamten Investitionsmaßnahme für eine weitere Regulierungsperiode erteilt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die betroffenen Netzbetreiber bisher tatsächlich ihre Projektplanung so ausgerichtet haben, dass die Genehmigung der gesamten Investitionsmaßnahme für eine weitere Regulierungsperiode erteilt wird. Vielmehr durfte die Behörde dieses abstrakt vorhandene Risiko bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen. Dass sie das tatsächlich nicht getan hat, ist für die Frage, ob eine konstitutive Änderung der Verordnung vorliegt, ebenso wenig relevant wie die Frage, ob sich aus dem Leitfaden 2017 eine Selbstbindung der Bundesnetzagentur ergibt.

25bb) Der Umstand, dass § 23 Abs. 3 Satz 7 ARegV aF eine Antragstellung für mehrere Regulierungsperioden ermöglichte, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Daraus ergab sich - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - lediglich, dass der Antrag und damit die Bewilligung der Genehmigung für eine Regulierungsperiode der Regelfall war (F.-P. Hansen in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 23 ARegV Rn. 27).

26cc) Systematische Erwägungen führen nicht zu einer anderen Bewertung. § 23 Abs. 2a ARegV, nach dem bestimmte in den letzten drei Jahren der "Genehmigungsdauer der Investitionsmaßnahme" entstandene Betriebs- und Kapitalkosten als Abzugsbetrag zu berücksichtigen sind, nimmt zwar ausdrücklich auf die Genehmigungsdauer und nicht auf die Regulierungsperiode Bezug. Daraus lässt sich jedoch mit dem Beschwerdegericht nur entnehmen, dass die Genehmigungsdauer auch einen längeren Zeitraum als die Regulierungsperiode umfassen kann. Aus der Regelung ergibt sich indessen nicht, dass eine Beschränkung auf eine Regulierungsperiode unzulässig und die Genehmigung stets bis zum Ende der Regulierungsperiode zu erteilen ist, in der die Maßnahme abgeschlossen wird.

27dd) Dies folgt auch nicht aus dem Zweck der Investitionsmaßnahme. Die Genehmigung der Investitionsmaßnahme eröffnet dem Netzbetreiber die Möglichkeit, die Kosten bestimmter Maßnahmen früher in die Festlegung der Erlösobergrenze einfließen zu lassen, als dies nach den allgemeinen Bestimmungen in §§ 4 ff. ARegV möglich wäre (BGH, RdE 2015, 463 Rn. 11 - GASCADE Gastransport GmbH; im Einzelnen: Rn. 12 ff.). Da durch sie lediglich eine "Anpassung" (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 ARegV) der nach §§ 4 ff. ARegV festgelegten Erlösobergrenze erfolgen soll, bedürfen Investitionen, die bereits im Basisjahr und somit im Ausgangsniveau der Erlösobergrenze der folgenden Regulierungsperiode Berücksichtigung finden können, keiner privilegierten Refinanzierung mehr. Für Anlagegüter, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Anlagevermögen aktiviert wurden, ist ein Neuantrag nach § 23 ARegV möglich.

28ee) Dass die Kosten für bereits fertiggestellte Anlagegüter, die nach Ablauf der Genehmigung bei der Festlegung der Erlösobergrenze berücksichtigt werden, dem Effizienzvergleich unterliegen, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine andere Beurteilung. Es folgt bereits aus dem Zweck der Anreizregulierung und den Vorgaben der §§ 1 Abs. 1, 21 Abs. 2, 21a EnWG, auch bei Kapital- und Betriebskosten infolge von Investitionsmaßnahmen langfristig eine effiziente Leistungserbringung sicherzustellen (vgl. Mohr, N&R 2016, 194, 201; Schuler, Die Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV, 2020, S. 273). Damit wird Art. 37 Abs. 8 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Elektrizitätsrichtlinie) Rechnung getragen. Danach stellen die Regulierungsbehörden bei der Festsetzung oder Genehmigung der Tarife oder Methoden und der Ausgleichsleistungen sicher, dass für die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber angemessene Anreize geschaffen werden, sowohl kurzfristig als auch langfristig unter anderem die Effizienz zu steigern. Da eine Überprüfung der Kostenhöhe bei der Genehmigung der Investitionsmaßnahme grundsätzlich nicht mehr vorgesehen ist, gibt es keinen Grund für eine längerfristige Ausnahme vom Effizienzvergleich (Lüdtke-Handjery/Paust/Weyer in Holznagel/Schütz, Anreizregulierungsrecht, 2. Aufl., § 23 ARegV Rn. 171).

29ff) Es war vom Verordnungsgeber nicht beabsichtigt, die Kosten genehmigter Investitionsmaßnahmen von der Effizienzkontrolle auszuschließen. Die frühere Praxis der Regulierungsbehörden, die Investitionsmaßnahmen zunächst nur für eine Regulierungsperiode zu genehmigen, wurde vom Verordnungsgeber bei Umstellung vom genehmigten Investitionsbudget zu einer genehmigten Investitionsmaßnahme, bei der keine Überprüfung der Kosten, sondern eine Prüfung dem Grunde nach und ein Ansatz von Planwerten erfolgt (mit Wirkung zum ), nicht beanstandet. Es wurde vielmehr als Vorteil dieser Praxis herausgestellt, dass die entsprechenden Kosten spätestens in der zweiten Regulierungsperiode dem Effizienzvergleich unterliegen, so dass es zum Schutz der Interessen von Verbrauchern bei einer zügigen Effizienzkontrolle verbleibe (BR-Drucks. 860/11, S. 10/11).

30f) Entgegen der Rechtsbeschwerde verstößt die Übergangsregelung des § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV, die damit die Rechtslage zum Nachteil der Übertragungsnetzbetreiber ändert, nicht gegen das im verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rückwirkungsverbot (vgl. zur entsprechenden Anwendung BGH, Beschlüsse vom - EnVR 122/18, RdE 2020, 419 Rn. 20 - Anpassung der Erlösobergrenze, und vom - EnVR 14/20, RdE 2021, 414 Rn. 26 - Erweiterungsfaktor III).

31aa) Eine echte Rückwirkung, die grundsätzlich gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstößt und daher unzulässig ist, liegt schon nicht vor, weil nicht nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingegriffen wird (vgl. BVerfG, NVwZ 2016, 300 Rn. 41; NJW 2021, 2424 Rn. 52; , RdE 2013, 321 Rn. 52 - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG). Die Genehmigung konnte angesichts ihrer besonderen rechtlichen und tatsächlichen Umstände den relevanten Sachverhalt nicht zum Abschluss bringen (vgl. BVerfGE 155, 238 Rn. 135), weil eine Anpassung der Erlösobergrenze von der Kostenwirksamkeit der Maßnahme in der künftigen (vierten) Regulierungsperiode abhängig ist. Die Genehmigung der Investitionsmaßnahme ist notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für die Berücksichtigungsfähigkeit der maßgeblichen Kosten bei der Anpassung der Erlösobergrenze für die künftige (vierte) Regulierungsperiode. Nach §§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 ARegV ist darüber hinaus erforderlich, dass die Investitionsmaßnahme in der vierten Regulierungsperiode kostenwirksam wird (vgl. , RdE 2018, 483 Rn. 13 - DB Energie GmbH; Empfehlung des Wirtschaftsausschusses BR-Drucks. 417/1/07 S. 15; Mohr, N&R 2016, 194, 197).

32Dass die Regelung lediglich Wirkungen für die Anpassung der Erlösobergrenzen in der künftigen (vierten) Regulierungsperiode trifft, ist ein weiterer Grund, weshalb von einem abgeschlossenen Sachverhalt nicht ausgegangen werden kann (vgl. BGH, RdE 2013, 321 Rn. 53 - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG).

33Auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Finanz- und Investitionsplanung kommt es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht an. Im Übrigen folgt aus einer Investitionsentscheidung für Anlagen in der Vergangenheit nicht, dass diese in der Zukunft dauerhaft unternehmerischer Einflussnahme entzogen sind. So kann der Netzbetreiber ineffiziente Kapitalkostenanteile reduzieren, indem er etwa Netzteile verkauft oder Ersatzinvestitionen an die tatsächlich notwendige Netzinfrastruktur anpasst (vgl. VI-3 Kart 10/10 (V), juris Rn. 36 mwN).

34bb) Auch unter dem Gesichtspunkt der unechten Rückwirkung, welche einen bereits vor der Verkündung ins Werk gesetzten Sachverhalt voraussetzt (vgl. BVerfG, NJW 2021, 2424 Rn. 59), begegnet die Regelung keinen Bedenken im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz.

35(1) Eine unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig (BVerfGE 127, 1, 16 f.; 131, 20, 39; 148, 217, 255 Rn. 135; Beschluss vom - 2 BvL 1/11, juris Rn. 53). Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel zulasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (BVerfGE 155, 238 Rn. 125; NJW 2021, 2424 Rn. 53). Auch ein in umfangreichen Dispositionen ausgeübtes besonderes Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts begründet grundsätzlich noch keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz (BVerfGE 145, 20 Rn. 189; BVerfGE 155, 238 Rn. 125). Eine Garantie der Erfüllung aller Investitionserwartungen besteht nicht (BVerfGE 155, 238 Rn. 125). Der Gesetzgeber muss aber, soweit er künftige Rechtsfolgen an bereits ins Werk gesetzte Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt werden. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfGE 127, 1, 18; 131, 20, 40; NJW 2021, 2424 Rn. 54; BGH, RdE 2021, 414 Rn. 29 - Erweiterungsfaktor III).

36(2) Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den Bestand des geltenden Rechts ist hier gering.

37(a) Da nach altem Recht zwar eine Befristung auf eine Regulierungsperiode möglich war, der Leitfaden der Bundesnetzagentur jedoch eine Genehmigung bis zum Ende der folgenden Regulierungsperiode vorsah, wenn das Projekt - wie hier - erst nach dem Basisjahr für die abgeschlossene Regulierungsperiode abgeschlossen werden konnte, war die Rechtsänderung geeignet, ein entsprechendes Vertrauen der Betroffenen zu enttäuschen. Erst Recht gilt dies für die Fälle, in denen eine entsprechende Genehmigung bereits erteilt worden war.

38(b) Die Schutzwürdigkeit dieses Vertrauens ist jedoch gering. Bei der für die Abwägung erforderlichen Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens können unterschiedliche Faktoren erheblich sein. Es kommt darauf an, ob sich Anhaltspunkte für eine besondere Stabilität des zuvor geltenden Rechts finden, die Anlass zu der Annahme geben konnten, in absehbarer Zeit müsste nicht mit einer kompensations- und ausgleichsfreien, unechten rückwirkenden Rechtsänderung zum Nachteil des Betroffenen gerechnet werden. In Rechtsgebieten, in denen es ohnehin häufig oder gar in regelmäßigen Abständen zu Rechtsänderungen kommt, kann auf den Bestand der Rechtslage weniger vertraut werden als in stabileren Rechtsgebieten (BVerfGE 155, 238 Rn. 133).

39So verhält es sich hier. Dass die Vorgaben für die Erlösobergrenzen sich von einer Regulierungsperiode zur nachfolgenden Regulierungsperiode ändern können, ist im Gesetz angelegt. § 21a Abs. 3 Satz 2 EnWG sieht vor, dass die Vorgaben für Erlösobergrenzen für eine Regulierungsperiode unverändert bleiben, sofern nicht Änderungen staatlich veranlasster Mehrbelastungen auf Grund von Abgaben oder der Abnahme- und Vergütungspflichten nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz oder anderer, nicht vom Netzbetreiber zu vertretender Umstände eintreten. Der Bestimmung ist die Wertung des Verordnungsgebers zu entnehmen, dass die jeweilige Anpassung der Erlösobergrenze in der Regel für die Zukunft erfolgen soll (BGH, RdE 2020, 419 Rn. 20 - Anpassung der Erlösobergrenze). Eine Änderung der Verordnung mit Wirkung für die nachfolgende Regulierungsperiode ist dem Verordnungsgeber grundsätzlich möglich. Die Betroffenen konnten daher nicht sicher erwarten, dass die maßgeblichen Regelungen auch nach Ablauf der dritten Regulierungsperiode Bestand haben werden. Darauf beruhende Dispositionen sind weniger schutzwürdig.

40(3) Dieses als gering anzusehende Vertrauen wird durch die Neuregelung nicht unverhältnismäßig enttäuscht. Normadressaten müssen eine Enttäuschung ihres Vertrauens in die alte Rechtslage hinnehmen, wenn dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Dass der Gesetzgeber insgesamt legitime Zwecke verfolgt und die Änderungen zur Erreichung dieser Zwecke geeignet, erforderlich und angemessen sind, genügt für die Rechtfertigung der Rückwirkung nicht. Vielmehr müssen die Vorschriften gerade insoweit verhältnismäßig sein, als sie eine unechte Rückwirkung herbeiführen (BVerfGE 155, 238 Rn. 151).

41(a) Mit der Neuregelung sollte im Interesse einer zügigen Umsetzung der für die Energiewende nötigen Maßnahmen im Bereich von Übertragungsnetzen ein Anreiz zum zügigen Abschluss beantragter Investitionsmaßnahmen gesetzt werden. Die Beschränkung auf Übertragungsnetze erfolgte im Hinblick auf die herausragende Bedeutung, die ein zügiger Ausbau dieser Netze für die Umsetzung der Energiewende hat (BR-Drucks. 13/19, S. 22, S. 24 f.). Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie und die nach § 1 Abs. 2 EEG angestrebte erhebliche Erhöhung des Anteils des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms erfordert den Ausbau dieser Netze. Sie müssen dringend ausgeweitet und modernisiert werden, um den aus erneuerbaren Energieträgern erzeugten Strom zu transportieren und Schwankungen auszugleichen (Kommission, Mitteilung Energieinfrastrukturprinzipien […], KOM[2010] 677 endgültig, S. 6; vgl. Mitteilung Energie 2020 KOM[2010] 639 endgültig, S. 11; Schuler, Die Investitionsmaßnahme nach § 23 ARegV, 2020, S. 37). Da die Genehmigung der Investitionsmaßnahme eine Ausnahme von dem Budgetprinzip der Anreizregulierung ist, sollte sie ferner als solche in ihrer Anwendung auf das notwendige Mindestmaß beschränkt werden (BR-Drucks. 13/19, S. 22).

42(b) Die Neuregelung ist ein geeignetes Mittel zur Verwirklichung dieser Ziele.

43(aa) Wegen der nach § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV auf die dritte Regulierungsperiode begrenzten Genehmigungsdauer ist für bereits genehmigte oder beantragte Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern ein Änderungsantrag in Form eines Verlängerungsantrags zu stellen, sofern diese Investitionsmaßnahmen noch nicht bis zum Ende der dritten Regulierungsperiode abgeschlossen worden sind. Durch die Neuregelung sollten die Zeiträume nicht verkürzt werden, für die eine Genehmigung der Investitionsmaßnahme insgesamt möglich ist. Vielmehr sollten die sich über mehrere Regulierungsperioden erstreckenden Investitionsmaßnahmen in jedem Einzelfall auf den Stand ihrer Verwirklichung und daraufhin überprüft werden können, ob Zeitverzug auf den Netzbetreiber zurückzuführen ist (BR-Drucks. 13/19, S. 25). Nach dem Willen des Verordnungsgebers obliegt es im Kern den betroffenen Netzbetreibern darzulegen, warum eine Investitionsmaßnahme noch nicht abgeschlossen wurde und warum sie dies nicht zu vertreten haben.

44(bb) Dies verbessert gegenüber der bisherigen Rechtslage die Anreize für eine Beschleunigung des Netzausbaus. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es keiner tatsächlichen Belege dafür, dass Übertragungsnetzbetreiber in der Vergangenheit (bewusst) Investitionsmaßnahmen verzögerten. Es reicht aus, dass nach den bisherigen Regelungen und der bisherigen Regulierungspraxis eine einzelfallbezogene Prüfung auf den Stand der Verwirklichung der Maßnahme und darauf, ob ein Zeitverzug auf den Netzbetreiber zurückzuführen ist, nicht zwingend war, weil eine Genehmigung für die Dauer mehrerer Regulierungsperioden erteilt werden konnte. Jedenfalls in diesen Fällen bestand für die Betroffenen kein Anreiz für eine Beschleunigung der Maßnahmen.

45Durch die Neuregelung wird sichergestellt, dass der Umfang der als nicht beeinflussbar fingierten Kosten - und damit die Kosten, die abweichend von §§ 1 Abs. 1, 21 Abs. 2, 21a EnWG (vgl. oben Rn. 28) ohne Effizienzvorgaben in die Erlösobergrenze eingestellt werden - auf das notwendige Maß beschränkt wird (vgl. Mohr N&R 2016, 194).

46(cc) Die Rückwirkung auf noch nicht beschiedene und bereits genehmigte Vorhaben dient dazu, effektiv und rasch auf das neue Regelungssystem umstellen zu können (vgl. BVerfGE 155, 238 Rn. 152) und die zügige Umsetzung der Energiewende auch insoweit sicherzustellen.

47(c) Die Regelung ist auch erforderlich. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Bundesnetzagentur hätten bereits nach § 65 EnWG rechtliche Mittel und nach § 12d EnWG die notwendigen Informationen zur Verfügung gestanden, um gegen etwaige Verzögerungen vorzugehen. Das Ziel, die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken, kann, wenn wie hier der notwendige Zeitraum der Genehmigung der Investitionsmaßnahme in Frage steht, naturgemäß am besten durch eine Befristung der Genehmigungsdauer erreicht werden.

48Dieses Ziel könnte zwar grundsätzlich auch durch einen Widerrufsvorbehalt und den Widerruf im Falle der schuldhaften Verzögerung der Investitionsmaßnahme erreicht werden. Das wäre aber im Vergleich zur Beschränkung der Genehmigungsdauer nicht als milderes Mittel anzusehen. Denn die Bundesnetzagentur wäre auch dann gehalten, eine einzelfallbezogene Prüfung auf den Stand der Verwirklichung der Maßnahme und darauf vorzunehmen, ob ein Zeitverzug auf den Netzbetreiber zurückzuführen ist. Die damit verbundenen Belastungen für den Betroffenen wären nicht geringer gewesen als bei der vom Verordnungsgeber gewählten Vorgehensweise.

49Dass die Neuregelung auch solche Fälle erfasst, in denen sich die Maßnahme trotz effizientester Planung und Ausführung über mehr als eine Regulierungsperiode erstreckt, ist unschädlich. Denn nach dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers ist in diesen Fällen eine Verlängerung der Genehmigung möglich. Dasselbe gilt in den von der Rechtsbeschwerde angeführten Fällen, in denen die Verzögerung durch Umstände herbeigeführt wird, die dem Netzbetreiber nicht anzulasten sind (vgl. oben Rn. 43).

50(d) Die Enttäuschung des ohnehin wenig schutzwürdigen Vertrauens der betroffenen Netzbetreiber erscheint bei der gebotenen Gesamtabwägung zumutbar, zumal auch die Interessen der Netznutzer zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, RdE 2013, 321 Rn. 56 - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG). Diese haben ein Interesse daran, dass der Umfang der als nicht beeinflussbar fingierten Kosten auf ein Mindestmaß beschränkt wird, weil diese ausnahmsweise ohne Effizienzvorgaben (vgl. §§ 1 Abs. 1, 21 Abs. 2, 21 a EnWG, vgl. oben Rn. 28) in die Erlösobergrenze eingestellt und damit an die Netznutzer weitergereicht werden (Mohr, N&R 2016, 194, 195).

51g) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Soweit die Rechtsbeschwerde eine Schlechterstellung der Antragstellerin gegenüber Fernleitungsnetzbetreibern darin erkennt, dass § 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV lediglich die Investitionsmaßnahmen von Übertragungsnetzbetreibern betrifft, kann sie daraus für sich nichts herleiten, weil es bereits an einer Vergleichbarkeit dieser Gruppen von Netzbetreibern fehlt (vgl. BGH, RdE 2018, 483 Rn. 18 - DB Energie GmbH; RdE 2021, 414 Rn. 33 - Erweiterungsfaktor III).

52Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt, wenn hinreichende Sachgründe vorhanden sind, die eine Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigen können (BVerfGE 133, 1 Rn. 46). Stromtransport und Gastransport unterscheiden sich nicht nur in technischer Hinsicht. Durch den wachsenden Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien (vgl. § 1 Abs. 2 EEG) entstehen für Übertragungsnetzbetreiber neue Aufgaben, die einen bedarfsgerechten Ausbau der Stromnetze erforderlich machen (vgl. im Einzelnen oben Rn. 41). Wegen der herausragenden Bedeutung, die ein solcher Netzausbau für die Umsetzung der Energiewende hat (vgl. BR-Drucks. 13/19, S. 25; oben Rn. 41), hat das Beschwerdegericht zu Recht die Geltung der Übergangsregelung nur für Übertragungsnetzbetreiber als sachlich gerechtfertigt angesehen. Dass den Fernleitungsnetzbetreibern bei der Umsetzung der Energiewende ebenfalls Bedeutung zukommt, hindert den Verordnungsgeber nicht, primär den Ausbau der Stromnetze zu beschleunigen.

532. Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch angenommen, dass die Bundesnetzagentur nicht nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung gehalten war, die Genehmigung bis zum Ende der vierten Regulierungsperiode zu befristen.

54a) Allerdings sah der Leitfaden der Bundesnetzagentur aus dem Jahr 2017 eine Genehmigung bis zum Ende der folgenden Regulierungsperiode vor, wenn das Projekt - wie hier - erst nach dem Basisjahr für die folgende Regulierungsperiode abgeschlossen werden sollte.

55b) Bei dem Leitfaden handelt es sich um keine Festlegung im Sinne des § 29 Abs. 1 EnWG i.V. mit § 23 Abs. 1 Nr. 8 ARegV, sondern um Verwaltungsvorschriften mit materiell-rechtlichem Inhalt (, RdE 2018, 531 Rn. 26).

56aa) Der aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung verpflichtet eine Behörde, eine durch solche Verwaltungsvorschriften vorgegebene oder durch tatsächliche Übung entstandene Verwaltungspraxis bei der Ausübung eines Ermessensspielraums einzuhalten (, Rn. 24 mwN). Eine Selbstbindung der Verwaltung im Sinne gleichförmiger Verwaltungspraxis kann somit zwar Auswirkungen auf das Verwaltungshandeln entfalten, ein solches Verwaltungshandeln wirkt aber nicht auf die dem Behördenverfahren zugrundeliegenden Rechtsnormen zurück (BGH, RdE 2018, 531 Rn. 26; Beschluss vom - EnVR 44/20, Rn. 24 mwN). Einen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen oder rechtswidrig gewordenen Verwaltungspraxis vermittelt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Insoweit gibt es keine "Gleichheit im Unrecht" (vgl. BVerfG, NVwZ 1994, 475, 476; , NJW 1995, 3248, 3250).

57bb) Nach diesen Maßstäben kommt dem Leitfaden und der mittlerweile aufgegebenen, ihm entsprechenden tatsächlichen Übung der Bundesnetzagentur keine Bindungswirkung zu. Sie widersprechen den Vorgaben der §§ 23 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ARegV nF und 34 Abs. 11 Satz 3 ARegV nF.

58C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:091121BENVR36.20.0

Fundstelle(n):
WM 2022 S. 1247 Nr. 25
IAAAI-01661