§ 13 EStG Einkünfte aus der Beteiligung an Realgemeinden
Zu den Realverbänden I. S. des § 1 Realverbandsgesetz vom (Nds. GVBl S. 187) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom (Nds. GVBl S. 157) gehören insbesondere auch die Hauberg-, Laub-, Wald- und Forstgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden. Realverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Realverbandsgesetz). Verbandsvermögen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Realverbandsgesetzes
die zu den gemeinschaftlichen Angelegenheiten gehörenden Wege und Gewässer sowie diejenigen Vermögensgegenstände, die - wie Friedhöfe oder Feuerlöschteiche - überwiegend oder ausschließlich Interessen der Allgemeinheit dienen (Zweckvermögen),
das sonstige gemeinschaftliche Vermögen (Nutzvermögen; z. B. Wald).
Die Einnahmen des Realverbandes sind für seine Ausgaben und für Rücklagen zu verwenden. Ergeben sich Überschüsse, so sind diese vorbehaltlich abweichender Beschlüsse der Mitgliederversammlung an die Mitglieder (Beteiligte) auszuschütten (§ 26 Realverbandsgesetz).
Für die steuerliche Beurteilung der Einkünfte aus der Beteiligung an einem Realverband im vorgenannten Sinn ist von Bedeutung, ob die Beteiligung
an einer Hauberg-, Wald-, Forst- oder Laubgenossenschaft oder ähnlichen Realgemeinde (nachfolgend = Realgemeinde i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG),
an einer anderen Realgemeinde (nachfolgend = andere Realgemeinde)
besteht.
1 Abgrenzung Realgemeinde i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG/andere Realgemeinde
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG sind Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden persönlich nicht körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie weder einen Gewerbebetrieb, der über den Rahmen eines Nebenbetriebes hinausgeht, unterhalten noch einen solchen Gewerbebetrieb verpachtet haben. Ähnliche Realgemeinden i. S. dieser Regelung sind Realgemeinden, deren Betätigung einer von den ausdrücklich aufgeführten Genossenschaften ausgeübten Tätigkeit (Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Nebenbetriebe) vergleichbar ist oder die durch ihr Tätigwerden unmittelbar den betrieblichen Zwecken der an der Realgemeinde beteiligten Land- und Forstwirte dient (z. B. Instandhaltung der gemeinschaftlichen Feldwege). Hierbei ist nicht erforderlich, dass alle Beteiligten einen eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb i. S. des § 13 EStG betreiben. Die von Realgemeinden in diesem Sinne (= Realgemeinde i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4) erzielten Einkünfte sind unmittelbar (§ 3 Abs. 2 Satz 2 KStG, § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG) bei den Beteiligten als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu versteuern. Das gilt auch dann, wenn das betreffende Mitglied selbst keine Land- und Forstwirtschaft betreibt.
Die nicht dem vorstehend bezeichneten Kreis zuzuordnenden Realgemeinden bzw. die gewerblichen Teile von Realgemeinden sind andere Realgemeinden i. S. dieser Regelung.
2. Ertragsteuerliche Folgen bei Realgemeinden i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG
Aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG und der sich daraus ergebenden Zurechnung der Einkünfte bei den Beteiligten sind die vorgenannten Realgemeinden wie Personengesellschaften zu behandeln ( BStBl 1987 II S. 169). Das Betriebsvermögen der als Mitunternehmerschaft zu behandelnden Realgemeinde umfasst alle in ihrem Eigentum stehenden Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Substanzvorkommen, Maschinen etc.).
Bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft der Realgemeinde bzw. des Gewinnanteils der an ihr Beteiligten ist § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten und der Realgemeinde entsprechend anzuwenden (§ 13 Abs. 5 EStG). Soweit ein Beteiligter Vergütungen für eine Tätigkeit im Dienst der Realgemeinde, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern erhält, sind die Erträge als Teil des Gewinns des Beteiligten aus der Realgemeinde zu erfassen (Vorabgewinn). Der steuerliche Gewinn der Realgemeinde wird durch derartige Vorabvergütungen nicht gemindert.
Erzielt die Realgemeinde einen nach §§ 6 b, 6 c EStG begünstigten Gewinn, so ist es den Beteiligten ebenso wie bei anderen Mitunternehmerschaften möglich, Gewinnübertragungen auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebsvermögens (z. B. eines land- und forstwirtschaftlichen Einzelbetriebs) vorzunehmen ( a. a. O.). Dies gilt nicht bei begünstigten Veräußerungen im Zeitraum vom bis in der Fassung des § 6 b EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002.
Zur Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Anteils an einer Realgemeinde vgl. ESt-Kartei (LuF) § 14 EStG Nr. 2.
Die anzuwendende Gewinnermittlungsart bestimmt sich nach den allgemein für land- und forstwirtschaftliche Betriebe geltenden Regelungen. Für das Bestehen der Buchführungspflicht ist deshalb neben der Feststellung des Überschreitens einer der in § 141 Abs. 1 AO genannten Buchführungspflichtgrenzen eine besondere Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht erforderlich (§ 141 Abs. 2 AO), die an die Realgemeinde als eigene Rechtspersönlichkeit zu richten ist. Ich bitte sicherzustellen, dass die Realgemeinde beim Überschreiten einer der Buchführungspflichtgrenzen nach § 141 Abs. 1 AO auf die Buchführungspflicht hingewiesen wird.
Zu den ertragsteuerlichen Folgen bei gleichzeitiger gewerblicher Tätigkeit oder bei Verpachtung eines Gewerbebetriebes vgl. Tz. 3.
Die Beteiligung an der Realgemeinde gehört regelmäßig nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Einzelbetriebs eines Beteiligten. Der festgestellte Gewinnanteil ist daher grundsätzlich nicht im Einzelbetrieb zu erfassen.
Sollte wegen der engen Verknüpfung des Einzelbetriebs und der Beteiligung gleichwohl der Ertrag aus der Beteiligung bei der Gewinnermittlung des Einzelbetriebs zu erfassen sein, so bitte ich zu beachten, dass in Fällen der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG a. F. der Beteiligungsertrag als Gewinnkorrektur nach § 13 a Abs. 8 Nr. 3 EStG a. F. zu erfassen ist.
In Fällen der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG n. F. ist der Beteiligungsertrag grundsätzlich mit Ansatz des Grundbetrags gem. § 13 a Abs. 4 EStG abgegolten (Ausnahme: Erfassung im Rahmen der forstwirtschaftlichen Nutzung nach § 13 a Abs. 6 Nr. 1 EStG).
3. Ertragsteuerliche Folgen bei anderen Realgemeinden
Unterhalten die in § 3 Abs. 2 KStG bezeichneten Körperschaften einen Gewerbebetrieb, der über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht, oder haben sie einen solchen Gewerbebetrieb verpachtet, so sind sie nur insoweit körperschaftsteuerpflichtig. Die ertragsteuerliche Behandlung der land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte nach den vorgenannten Grundsätzen bleibt davon unberührt. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat insoweit für den als Mitunternehmerschaft zu beurteilenden land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeitsbereich keine Bedeutung. Unabhängig davon, ob die andere Realgemeinde mit ihren Einkünften körperschaftsteuerpflichtig ist, sind von ihr getätigte Ausschüttungen bei den Beteiligten Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Derartige Gewinnanteile sind zwar in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich aufgeführt, weil die Realgemeinden nicht zu den Kapitalgesellschaften gehören. Die Aufzählung der Kapitaleinkünfte in § 20 EStG ist jedoch nicht erschöpfend ( BStBl 1962 III S. 7). Außer den ausdrücklich aufgeführten Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG) fallen unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch Ausschüttungen aller anderen kooperationsähnlichen Gebilde, wenn sie Mitgliedsrechte gewähren, die einer kapitalmäßigen Beteiligung gleichstehen, wie z. B. wirtschaftliche Vereine, Forstgenossenschaften und Realgemeinden ( BStBl 1971 II S. 47).
Die Ausschüttungen führen bei den Beteiligten regelmäßig zu Einkünften aus Kapitalvermögen, es sei denn, die Kapitalerträge sind den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen (§ 20 Abs. 3 EStG ).
OFD Hannover v. - S 2230 - 11 - StH 225 S 2230 - 7 - StO 252
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BAAAA-81018