BBK Nr. 23 vom Seite 1097

Von „genau“ bis „scheingenau“: Wesentlichkeit als GoB auch in der Steuerbilanz

Christoph Linkemann | verantw. Redakteur | bbk-redaktion@nwb.de

Manchmal wundert man sich, wie das eine oder andere Finanzgerichtsverfahren den Weg zum BFH findet und was die Protagonisten damit bezweckten. Ein Beispiel hierfür bildet das zur Wesentlichkeit von Rechnungsabgrenzungsposten, das BBK-Herausgeber StB/WP Wolfgang Eggert in dieser Ausgabe ab kommentiert. In seiner bisherigen Rechtsprechung ging der BFH davon aus, dass auf die Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten dann verzichtet werden darf, wenn sie von untergeordneter Bedeutung sind und das Jahresergebnis dadurch nur unwesentlich beeinflusst wird. Als Maßstab diente die Grenze für die geringwertigen Wirtschaftsgüter. Die Praxis insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen sah das mit Erleichterung, denn diesen Posten wohnt im Zuge der Jahresabschluss-Erstellung ein hoher Lästigkeitsfaktor inne, wenn es keine hinreichende Abbildung im ERP-System gibt. Nachdem das FG Baden-Württemberg sich der bisherigen BFH-Auffassung angeschlossen hatte, ging die Finanzverwaltung dagegen vor und trug die Sache nach München. Denn es ging wohl ums Prinzip, wenn auch nicht um das Prinzip der Wesentlichkeit, denn die Beträge lagen je Prüfungsjahr bei zweimal ca. 1.300 € und einmal bei ca. 1.500 € und spielten in der Gewinnermittlung nicht gerade eine dominierende Rolle. Der BFH schaute ins Gesetz, d. h. ins Einkommensteuergesetz, und fand in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG keinen Hinweis, dass geringfügige Rechnungsabgrenzungsposten nicht gebildet werden müssen. Da aber der Wesentlichkeitsgrundsatz ein handelsrechtlicher ist, hätte sich über die Maßgeblichkeit auch eine andere Lösung ergeben können, wie Wolfgang Eggert in seinem Beitrag analysiert. Dass solche RAP in einer bilanziellen Gewinnermittlung eher im Bereich der Scheingenauigkeit anzusiedeln sein dürften, wenn man an die vielen Schätzungserfordernisse im Abschluss denkt, steht auf einem anderen Blatt.

Außerdem in diesem Heft: Im Buchführungs-Seminar ab zeigt StB Rüdiger Happe nach seinem Beitrag in BBK 22/2019 S. 1069, welche Buchungen ein Investmentfonds im Betriebsvermögen nach sich zieht und welche Sonderposten dabei zu führen sind. WP/StB Prof. Dr. Holger Philipps schließt seine dreiteilige Reihe zu den fehlerkritischen Anhangangaben ab und erläutert diesmal ab den Verbindlichkeitenspiegel, den man vielleicht nicht als problematisch vermutet hätte. Im Beitrag von Dr. Benjamin Roos geht es ab um die Bestandsveränderungen in Handels- und Produktionsbetrieben, die in der GuV unterschiedlich behandelt werden. Jörg Romanowski beschließt diese Ausgabe in seiner Rubrik Update Sozialversicherung mit der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung „euBP“.

Beste Grüße

Christoph Linkemann

Fundstelle(n):
BBK 2021 Seite 1097
NWB BAAAH-95296