NWB-BB Nr. 12 vom Seite 353

Dienstags geschlossen

Dipl.-Kfm. Heiko Lucius | Verantw. Redakteur | nwb-bb-redaktion@nwb.de

Schon von weitem sah ich, dass im Innenraum alles dunkel war. Kurze Zeit später dann die Gewissheit: „Dienstags geschlossen“ stand auf einem handgeschriebenen Zettel an der Eingangstür meines Lieblingslokals. Die Freude über die ein wenig zurückgekehrte Normalität ging bei mir jäh über in eine große Enttäuschung.

So wie mir wird es einigen von Ihnen sicherlich auch bereits ergangen sein. Denn viele Köche und Kellner haben wegen des langen Lockdowns in der Pandemie ihre Jobs aufgegeben. Da sind tageweise Schließungen für die Gastronomen noch das geringere Übel.

Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie auf unter eine Million gesunken: Sie lag im März 2021 bei 944.000. Das sind 125.000 weniger Beschäftigte als in Zeiten vor der Pandemie im März 2019 – ein Rückgang von 11,6 %. Diese Zahl dürfte in der Praxis noch größer ausfallen, da Minijobber nicht unter die Statistik fallen. Und gerade diese Beschäftigten haben dieser Branche zahlreich den Rücken gekehrt. Denn sie haben weder einen Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld, noch sind sie versichert. So spricht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auch davon, dass jeder sechste Beschäftigte das Gastgewerbe im Corona-Jahr verlassen hat.

Für die unmittelbare Zukunft der Gastronomiebranche wird sicherlich der Verlauf der Pandemie sowie der Umgang damit entscheidend sein. Viele Betriebe fürchten bei Verschlechterung der pandemischen Situation die verpflichtende Einführung der 2G-Regelung. Auch dem traditionell so wichtigen Weihnachts- und Silvestergeschäft sieht die Branche mit gemischten Gefühlen entgegen. Aber es gibt auch hoffnungsvolle Signale: So kann die geplante Verlängerung der aktuellen Kurzarbeitergeld-Regelung zu den bestehenden Konditionen bis zum den Abwärtstrend bei den Beschäftigten stoppen. Darüber hinaus besteht die Hoffnung, dass die Überbrückungshilfe III ebenso fortgesetzt wird.

Ist jetzt überhaupt an Gründungen in der Gastronomiebranche zu denken? Ja und nein. Zum einen stehen Gründer natürlich aktuell vor neuen und teilweise sehr großen Herausforderungen, die es vor Corona noch nicht gegeben hat. Einige Gründungsvorhaben sollten daher zunächst verschoben werden. Andererseits können clevere Geschäftsmodelle, die stark auf Lieferservice und Online-Bestellung setzen, auch aktuell durchaus erfolgsversprechend sein. Denn diese Bestellwege haben in der Corona-Pandemie stark zugenommen. Und eines dürfen wir nicht vergessen: Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, die sich hoffentlich bald halbwegs normalisieren wird.

Dr. Bernd Fischl, Sebastian Neuhoff und Jonas Ernst schildern ihre Erfahrungen aus der Gründungsberatung von Gastronomiemandaten. Sie gehen dabei selbstverständlich auch auf die aktuelle schwierige Situation ein.

Beste Grüße

Heiko Lucius

Fundstelle(n):
NWB-BB 12/2021 Seite 353
EAAAH-95003