Allgemeine Geschäftsbedingungen eines sozialen Netzwerks: Befugnis zur Sperrung eines Nutzerkontos und zur Löschung von Beiträgen
Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 12 Abs 1 S 1 GG, § 123 Abs 1 Alt 1 BGB, § 138 Abs 1 BGB, § 249 Abs 1 BGB, § 280 Abs 1 S 1 BGB, § 305 Abs 2 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 3 BGB
Instanzenzug: Az: 3 U 3641/19 Urteilvorgehend LG Regensburg Az: 72 O 1943/18 KOIN
Tatbestand
1Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer vorübergehenden Teilsperrung des F. -Benutzerkontos des Klägers und der Löschung eines seiner Beiträge durch die Beklagte.
2Der Kläger unterhält ein privates Nutzerkonto für ein von der Muttergesellschaft der Beklagten betriebenes weltweites soziales Netzwerk, dessen Anbieterin und Vertragspartnerin für Nutzer mit Sitz in Deutschland die Beklagte ist. Er nimmt die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - auf Freischaltung eines von ihm in dem Netzwerk veröffentlichten und von der Beklagten gelöschten Beitrags, auf Unterlassung einer erneuten Sperrung seines Nutzerkontos und Löschung seines Beitrags sowie auf Auskunft über ein mit der Durchführung der Kontosperre beauftragtes Unternehmen in Anspruch.
3Zur Regelung der Einzelheiten der Nutzung ihres Netzwerks verwendet die Beklagte unter anderem von ihr vorgegebene Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards. Am änderte sie die vorgenannten Bedingungswerke und gab dies den Nutzern über ein sogenanntes Pop-up-Fenster bekannt, das mit einem Hyperlink zu den aktualisierten Nutzungsbedingungen verbunden war. Die weitere Nutzung des Netzwerks und der damit verbundenen Funktionen war den Nutzern nur möglich, wenn sie den geänderten Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards durch Betätigung einer in dem Pop-up-Fenster enthaltenen Schaltfläche zustimmten. Dies tat der Kläger am .
Die zum geänderten Nutzungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:
"1. Unsere Dienste
…
Wir bekämpfen schädliches Verhalten und schützen und unterstützen unsere Gemeinschaft:
Menschen werden nur dann eine Gemeinschaft auf F. bilden, wenn sie sich sicher fühlen. Wir beschäftigen weltweit spezielle Teams und entwickeln fortschrittliche technische Systeme, um Missbrauch unserer Produkte, schädliches Verhalten gegenüber anderen und Situationen aufzudecken, in denen wir möglicherweise dazu beitragen können, unsere Gemeinschaft zu unterstützen und zu schützen. Wenn wir von derartigen Inhalten oder Verhaltensweisen erfahren, werden wir geeignete Maßnahmen ergreifen, z. B. indem wir Hilfe anbieten, Inhalte entfernen, den Zugriff auf bestimmte Features sperren, ein Konto deaktivieren oder Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden aufnehmen.
…
…
2. Was du auf F. teilen und tun kannst
Wir möchten, dass Menschen F. nutzen, um sich auszudrücken und Inhalte zu teilen, die ihnen wichtig sind. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit und des Wohlergehens anderer oder der Integrität unserer Gemeinschaft erfolgen. Du stimmst deshalb zu, dich nicht an den nachfolgend beschriebenen Verhaltensweisen zu beteiligen (oder andere dabei zu fördern oder zu unterstützen):
1. Du darfst unsere Produkte nicht nutzen, um etwas zu tun oder zu teilen, auf das Folgendes zutrifft:
○ Es verstößt gegen diese Nutzungsbedingungen, unsere Gemeinschaftsstandards [Hyperlink] und sonstige Bedingungen und Richtlinien [Hyperlink], die für deine Nutzung von F. gelten.
○ Es ist rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch.
○ Es verletzt bzw. verstößt gegen die Rechte einer anderen Person.
…
Wir können Inhalte entfernen, die du unter Verstoß gegen diese Bestimmungen geteilt hast, sowie gegebenenfalls aus den nachfolgend beschriebenen Gründen [Hyperlink] Maßnahmen bezüglich deines Kontos ergreifen. Wir können außerdem dein Konto deaktivieren, wenn du wiederholt die geistigen Eigentumsrechte anderer Personen verletzt.
Soweit möglich werden wir dich davon in Kenntnis setzen, wenn wir deine Inhalte wegen eines Verstoßes gegen unsere Gemeinschaftsstandards [Hyperlink] entfernen. Gegebenenfalls kann es uns jedoch nicht in allen Fällen möglich sein, darauf hinzuweisen, beispielsweise wenn uns dies rechtlich untersagt ist oder wenn dies unserer Gemeinschaft oder der Integrität unserer Produkte schaden könnte.
…
…
2. Aussetzung oder Kündigung von Konten
Wir möchten, dass F. ein Ort ist, an dem Menschen sich Menschen willkommen und sicher dabei fühlen, sich auszudrücken und ihre Gedanken und Ideen zu teilen.
Unser Recht auf Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Partei gegen Pflichten aus diesen Nutzungsbedingungen, Gesetze, Rechte Dritter oder Datenschutzrichtlinien verstößt, und der kündigenden Partei unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls und nach Abwägung der Interessen beider Parteien die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum vereinbarten Kündigungstermin oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nur innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens nach Kenntniserlangung von dem Verstoß möglich.
Ist der wichtige Grund ein Verstoß gegen eine Pflicht dieser Nutzungsbedingungen, so ist die Kündigung nur nach dem erfolglosen Ablauf einer gewährten Abhilfefrist oder nach einer erfolglosen Abmahnung zulässig. Eine Abhilfefrist ist jedoch nicht erforderlich, wenn die andere Seite die Erfüllung ihrer Pflichten ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn nach Abwägung der Interessen beider Parteien besondere Umstände eine sofortige Kündigung rechtfertigen.
Du kannst mehr dazu [Hyperlink] erfahren, was du tun kannst, wenn dein Konto deaktiviert worden ist, und wie du uns kontaktieren kannst, wenn wir nach deiner Meinung dein Konto irrtümlicherweise deaktiviert haben.
…
4. Streitfälle
…
Wenn du ein Verbraucher bist und deinen ständigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hast, gelten die Gesetze dieses Mitgliedstaats für jeglichen Anspruch, Klagegegenstand oder Streitfall, den du uns gegenüber hast und der sich aus diesen Nutzungsbedingungen oder aus den F. -Produkten oder im Zusammenhang damit ergibt ("Anspruch"). Du kannst deinen Anspruch vor jedwedem Gericht in diesem Mitgliedstaat klären lassen, das für den Anspruch zuständig ist.
…
• Gemeinschaftsstandards [Hyperlink]: Diese Richtlinien skizzieren unsere Standards bezüglich der Inhalte, die du auf F. postest, sowie bezüglich deiner Aktivitäten auf F. und anderen F. -Produkten.
…"
Die zum geänderten Gemeinschaftsstandards, auf die in Nr. 3.2 und Nr. 5 der Nutzungsbedingungen Bezug genommen und zu denen jeweils durch einen Hyperlink eine Verknüpfung hergestellt wird, lauten auszugsweise wie folgt:
"EINLEITUNG
…
Wir wissen, wie wichtig es ist, dass F. ein Ort ist und bleibt, an dem die Menschen sicher und unbesorgt miteinander kommunizieren können. Deshalb nehmen wir unsere Aufgabe sehr ernst, unseren Dienst vor jeglicher Art von Missbrauch zu schützen. Aus diesem Grund haben wir Gemeinschaftsstandards formuliert, die festlegen, was auf F. gestattet ist und was nicht. …
Das Ziel unserer Gemeinschaftsstandards ist es, die freie Meinungsäußerung zu unterstützen und dazu ein sicheres Umfeld zu schaffen.
…
Sicherheit: Die Menschen müssen sich sicher fühlen, um Gemeinschaften zu bilden. Wir verpflichten uns, Inhalte zu entfernen, die Schäden in der realen Welt verursachen können. Dazu gehören sowohl körperliche und seelische Verletzungen … .
Ausdrucksmöglichkeiten: Auf F. geht es in erster Linie um Vielfalt - Vielfalt der Meinungen und der Sichtweisen. Im Zweifelsfall lassen wir Inhalte zu, selbst wenn manche sie für unangemessen halten. Sie werden jedoch entfernt, wenn dadurch ein konkreter Schaden verhindert werden kann. …
Gleichheit: Unsere Gemeinschaft ist global und vielfältig. Wenn unsere Richtlinien weit gefasst erscheinen, dann liegt das daran, dass wir sie einheitlich und fair auf eine Gemeinschaft anwenden, die sich über die verschiedensten Religionen, Kulturen und Sprachen erstreckt. Daher erscheinen unsere Gemeinschaftsstandards vielleicht manchmal weniger differenziert, als wir es uns wünschen würden, was dazu führt, dass sie am Ende nicht immer ihrer zugrundeliegenden Absicht entsprechen. Steht uns mehr Kontext zur Verfügung, entspricht unsere letztendliche Entscheidung eher dem Grundgedanken der Richtlinie als ihrem Wortlaut.
Jeder auf F. muss dazu beitragen, die Sicherheit der Plattform sowie einen respektvollen Umgang zu wahren. Deshalb appellieren wir an alle Nutzerinnen und Nutzer, sich dieser Verantwortung bewusst zu sein, wenn sie Beiträge posten oder teilen. …
Verstöße gegen unsere Gemeinschaftsstandards haben Folgen. Wie diese Folgen konkret aussehen, hängt von der Schwere des Verstoßes und dem bisherigen Verhalten der jeweiligen Person auf F. ab. So können wir bei einem ersten Verstoß eine Verwarnung aussprechen. Bei einem Folgeverstoß können wir die Posting-Rechte des Nutzers/der Nutzerin einschränken oder das entsprechende Profil deaktivieren.
…
Teil III
Anstößige Inhalte
12. Hassrede
Grundgedanke dieser Richtlinie
Wir lassen Hassrede auf F. grundsätzlich nicht zu. Hassrede schafft ein Umfeld der Einschüchterung, schließt Menschen aus und kann in gewissen Fällen Gewalt in der realen Welt fördern.
Wir definieren Hassrede als direkten Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigenschaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, Behinderung oder Krankheit. Auch Einwanderungsstatus ist in gewissem Umfang eine geschützte Eigenschaft. Wir definieren Angriff als gewalttätige oder entmenschlichende Sprache, Aussagen über Minderwertigkeit oder Aufrufe, Personen auszuschließen oder zu isolieren. Wir teilen Angriffe wie unten beschrieben in drei Schweregrade ein.
Manchmal teilen Menschen Inhalte, die Hassrede einer anderen Person enthalten, um für ein bestimmtes Thema zu sensibilisieren oder Aufklärung zu leisten. So kann es vorkommen, dass Worte oder Begriffe, die ansonsten gegen unsere Standards verstoßen könnten, erklärend oder als Ausdruck von Unterstützung verwendet werden. Dann lassen wir die Inhalte zu, erwarten jedoch, dass die Person, die solche Inhalte teilt, ihre Absicht deutlich macht, so dass wir den Hintergrund besser verstehen können. Ist diese Absicht unklar, wird der Inhalt unter Umständen entfernt.
Wir lassen Humor und Gesellschaftskritik in Verbindung mit diesen Themen zu.
…
Folgende Inhalte sind untersagt:
…"
4Am teilte der Kläger auf seinem Nutzerkonto ein von einem anderen Nutzer auf der Kommunikationsplattform der Beklagten hochgeladenes Video, in dem eine männliche Person mit Migrationshintergrund es ablehnt, von einer Polizistin kontrolliert zu werden. Den Inhalt dieses Videos kommentierte der Kläger wie folgt:
"Was suchen diese Leute hier in unserem Rechtsstaat……kein Respekt…keine Achtung unserer Gesetze…keine Achtung gegenüber Frauen…….DIE WERDEN SICH HIER NIE INTEGRIEREN UND WERDEN AUF EWIG DEM STEUERZAHLER AUF DER TASCHE LIEGEN ….. DIESE GOLDSTÜCKE KÖNNEN NUR EINES MORDEN … KLAUEN …RANDALIEREN.….UND GANZ WICHTIG.…NIE ARBEITEN."
5Noch am selben Tag löschte die Beklagte den Kommentar des Klägers, so dass der Beitrag für andere Nutzer nicht mehr wahrnehmbar war, und sperrte für drei Tage bestimmte Teilfunktionen des Nutzerkontos des Klägers. Während der Sperre war das Konto des Klägers in einen Lesemodus ("Read-only-Modus") versetzt. Der Kläger konnte auf sein Konto zugreifen und Inhalte einsehen, war aber daran gehindert, seinerseits Inhalte zu veröffentlichen, die Beiträge anderer Nutzer zu kommentieren und die Messenger-Funktion zu nutzen. Die Beklagte begründete ihre Maßnahmen damit, dass der Kläger aufgrund des Kommentars gegen das Verbot der "Hassrede" in den Gemeinschaftsstandards verstoßen habe.
6Der Kläger meint, die Entfernung seines Kommentars sowie die vorübergehende Teilsperrung seines Nutzerkontos seien rechtswidrig gewesen. Die am geänderten Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards der Beklagten seien bereits nicht wirksam in den Nutzungsvertrag der Parteien einbezogen worden. Davon abgesehen verstießen die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards in der ab dem verwendeten Fassung gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und seien darüber hinaus auch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil die Nutzer durch die der Beklagten eingeräumte Befugnis zur Entfernung von Beiträgen und Sperrung von Nutzerkonten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt würden. Dies gelte insbesondere in Ansehung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Im Übrigen habe er, der Kläger, auch nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen, da sein Kommentar nicht unter die dort enthaltene Definition der "Hassrede" falle. Durch die Löschung des Beitrags und Sperrung des Nutzerkontos habe die Beklagte nicht nur ihre Pflichten aus dem Nutzungsvertrag verletzt, sondern auch rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen und ihn in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.
7Der Kläger hat die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kontosperrung begehrt (Klage- und Berufungsantrag zu 1) sowie die Verurteilung der Beklagten zur Freischaltung des gelöschten Beitrags (Klage- und Berufungsantrag zu 2), zur Unterlassung einer erneuten Kontosperrung und Löschung des Beitrages bei dessen erneuter Einstellung (Klageantrag zu 3) sowie zur Erteilung von Auskunft darüber, ob die Sperrung durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt sei (Klageantrag zu 4, Berufungsantrag zu 3) und ob die Beklagte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten habe (Klageantrag zu 5, Berufungsantrag zu 4). Ferner hat er Schadensersatz in Höhe von 150 € (Klageantrag zu 6, Berufungsantrag zu 5) und Freistellung von Rechtsanwaltskosten verlangt (Klageantrag zu 7, Berufungsantrag zu 6). Hilfsweise zum Klage- und Berufungsantrag zu 1 hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Berichtigung seiner Daten dahingehend begehrt, dass das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen durch den gelöschten Beitrag aus dem Datensatz gelöscht und der Zähler, der die Zahl der Verstöße erfasst, um einen Verstoß zurückgesetzt wird.
8Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, zur Löschung des Kommentars des Klägers sowie zur vorübergehenden Teilsperrung seines Nutzerkontos berechtigt gewesen zu sein. Zweck des Nutzungsvertrages sei nicht die Gewährleistung grenzenloser Meinungsäußerung, sondern die Kundgabe von Meinungen innerhalb des durch die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards vorgegebenen Rahmens. Als privates Unternehmen habe sie das Recht, für die auf der von ihr angebotenen Plattform eingestellten Inhalte zum Schutz der übrigen Nutzer einschränkende Vorgaben zu machen. Das Interesse des Klägers an der Veröffentlichung seines Beitrags überwiege nicht ihr Interesse an einer zivilisierten Diskussionskultur, auf die sie, die Beklagte, hinarbeite, um den Nutzern eine Kommunikationsplattform zur Verfügung stellen zu können, auf der diese sich sicher und geschützt fühlen könnten.
9Das Landgericht hat die Beklagte - unter Klageabweisung im Übrigen - verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des Textes:
10"Was suchen diese Leute in unserem Rechtsstaat - kein Respekt - keine Achtung unserer Gesetze - keine Achtung gegenüber Frauen. Die werden sich hier nie integrieren und werden auf ewig dem Steuerzahler auf der Tasche liegen."
11erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen, wenn sich der Beitrag auf Personen bezieht, die sich der Anweisung einer Polizistin mit dem Argument widersetzen, dass sie sich von einer Frau nichts sagen ließen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht beschränkt zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine Berufungsanträge weiterverfolgt, soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat.
Gründe
12Die Revision des Klägers ist nicht zulässig, soweit dieser seinen Auskunftsanspruch (Klageantrag zu 4 = Berufungsantrag zu 3) weiterverfolgt. In Bezug auf den Freischaltungsanspruch (Klage- und Berufungsantrag zu 2) hat die zulässige Revision dagegen Erfolg. Im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch (Klageantrag zu 3) ist sie, soweit dieser Anspruch Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen ist, zulässig, aber unbegründet.
I.
13Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in ZUM-RD 2021, 16 veröffentlicht ist, hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt, die vom Kläger mit der Berufung weiterverfolgten Klageanträge seien unbegründet.
14Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien seien die Nutzungsbedingungen der Beklagten in der seit dem geltenden Fassung. Diese seien aufgrund der Zustimmung des Klägers durch Anklicken der entsprechenden Schaltfläche wirksam geworden. Das Einbeziehen der Nutzungsbedingungen in der neuen Fassung sei nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, weil die Beklagte den Kläger vor die Wahl gestellt habe, die neuen Bedingungen anzunehmen oder das Vertragsverhältnis faktisch zu beenden. Auch wenn die Plattform der Beklagten im Bereich der sozialen Netzwerke eine überragend wichtige Stellung einnehme, unterliege die Beklagte keinem Kontrahierungszwang, sondern sei bei der Auswahl ihrer Vertragspartner im Rahmen allgemeiner Diskriminierungsverbote frei. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, weshalb die Annahme der geänderten Bedingungen für den Kläger so unzumutbar sei, dass eine de-facto erzwungene Zustimmung insgesamt als sittenwidrig anzusehen sei.
15Die Nutzungsbedingungen und die Gemeinschaftsstandards, insbesondere die Regelungen zum Verbot der "Hassrede", hielten auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand. Bei der Bestimmung dessen, was die Beklagte als Kommunikationsinhalte untersagen dürfe, ohne die Nutzer entgegen Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen, seien die Wertungen des Grundgesetzes in Anwendung des Grundsatzes der praktischen Konkordanz relevant. Auf Seiten des Klägers sei bei der Abwägung die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) zu berücksichtigen, während der Beklagten die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zugutekomme. Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards zur "Hassrede" halte einer Prüfung an den hieraus abzuleitenden Vorgaben stand.
16Die Regelungen seien auch transparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie stellten eine taugliche Grundlage für Sanktionen der Art dar, wie sie die Beklagte zu verhängen pflege und gegenüber dem Kläger ergriffen habe. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht für die vergleichbare Situation des Stadionverbots erwogen, dass derjenige, der andere wegen des Vorwurfs eines pflichtwidrigen Verhaltens mit Sanktionen belege, ein Anhörungsverfahren etablieren müsse, um ihm Gelegenheit zur Äußerung und Stellungnahme zu geben. Die Beklagte verweise aber unter Nr. 4.2 ihrer Nutzungsbedingungen darauf, dass der Nutzer im Fall der Deaktivierung des Kontos etwas unternehmen könne, wenn er meine, dass dies irrtümlich geschehen sei. Insoweit gewähre die Beklagte die Möglichkeit, dass der Nutzer geltend mache, die Deaktivierung sei zu Unrecht erfolgt. Dafür, dass die Beklagte dies im Fall einer zeitweisen Sperrung einzelner Funktionen und der Löschung eines Beitrags nicht unternehme, sei nichts ersichtlich. Es sei nicht geboten, zwingend ein vorheriges Anhörungsverfahren durchzuführen. Insbesondere könne es das Ziel, Beiträge nicht weiter auf Dritte wirken zu lassen, gebieten, diese sofort zu entfernen und den Nutzer darauf zu verweisen, Einwendungen geltend zu machen.
17Der Kommentar des Klägers erfülle die Merkmale einer "Hassrede" im Sinne der Gemeinschaftsstandards. Der Kläger könne dementsprechend nicht verlangen, dass der entfernte Beitrag wiedereingestellt werde.
18Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Auskunft darüber zu, ob und gegebenenfalls welche Person die Beklagte mit Aufgaben im Zusammenhang mit der Sperre betraut habe. Einer entsprechenden Verpflichtung aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) stehe bereits der Umstand entgegen, dass Ansprüche des Klägers gegen Dritte, deren beabsichtigte Geltendmachung er zur Begründung des Informationsbedürfnisses anführe, aus Rechtsgründen von vornherein ausgeschlossen schienen.
19Die Berufung der Beklagten sei dagegen begründet. Der Kläger habe in seiner Berufungserwiderung ausgeführt, dass er ein Interesse daran habe, die Rechtmäßigkeit einer Äußerung mit dem Inhalt der ersten beiden Sätze seines Beitrags zu klären. Damit habe er zu erkennen gegeben, dass er jedenfalls Unterlassung der erneuten Löschung eines derartigen Kommentars verlange, und damit konkludent einen Hilfsantrag dieses Inhalts zur Entscheidung gestellt.
20Ein solcher Antrag sei jedoch unbegründet, weil ein Unterlassungsanspruch nicht bestehe. Gesetzliche Unterlassungsansprüche setzten eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr voraus. Nichts Anderes gelte, wenn aus rechtsgeschäftlichen Beziehungen Unterlassungsansprüche abgeleitet würden, die sich gegen ein der Leistungserbringung entgegenstehendes oder abträgliches Verhalten richteten. Vorliegend habe die Beklagte zwar den Post des Klägers vollständig entfernt, obwohl die ersten beiden Sätze für sich genommen mit ihren Gemeinschaftsstandards vereinbar seien. Eine Wiederholungsgefahr lasse sich daraus aber nicht ableiten. Die Beklagte habe noch keinen Anlass gehabt, in eine Prüfung einzutreten, ob sie die ersten beiden Sätze isoliert zulassen wolle. Sie habe eine etwaige Entscheidung, einen Post mit dem Inhalt der ersten beiden Sätze zu löschen, nicht sachlich verteidigt. Daher lasse sich auch aus ihrem Verhalten im vorliegenden Rechtsstreit keine Erstbegehungsgefahr herleiten.
21Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der Ausführungen in den Urteilsgründen zugelassen. Dort hat es ausgeführt, die Revision sei beschränkt hinsichtlich der in den Berufungsanträgen des Klägers zu Ziffern 2 und 3 entscheidungsrelevanten Rechtsfragen zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts. Die Revision sei zu der im Zentrum des Rechtsstreits stehenden Frage zuzulassen, unter welchen Voraussetzungen der Nutzer einer Social-Media-Plattform gegen den ihm vertraglich verbundenen Betreiber einen Anspruch darauf habe, dass von ihm eingestellte Beiträge nicht von der Plattform entfernt würden und das Einstellen von Beiträgen nicht mit einer zeitweiligen Funktionseinschränkung des Profils ("Sperren") sanktioniert werde. Diese Frage berühre die Entscheidungen zu den Anträgen zu Ziffern 2 und 3 in tragender Weise. Insoweit basierten die Erwägungen des Berufungsgerichts auf der höchstrichterlich nicht geklärten und in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten Rechtsfrage, ob und inwieweit auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien, die teilweise durch die verfassungs- und einfachrechtlichen Bestimmungen überlagert würden, der Freischaltungs- und Unterlassungsanspruch bestehe. Dagegen beruhe die Abweisung der übrigen Anträge, die hiervon unterschiedliche Streitgegenstände darstellten, nicht auf diesen Erwägungen, sondern erfolge aus anderen, hiervon unabhängigen Gründen.
II.
22Die Revision ist nicht statthaft, soweit der Kläger mit ihr seinen Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Erteilung von Auskunft darüber weiterverfolgt, ob die Sperrung seines Profils durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt ist, und in letzterem Fall, durch welches (Klageantrag zu 4 = Berufungsantrag zu 3).
231. Der Kläger beantragt mit dem Revisionsantrag zu 1, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Schlussanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen, soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat. Ausweislich der Revisionsbegründung (S. 9, 51, 53) versteht der Kläger das Berufungsurteil (S. 51) dahingehend, dass dieses die Revision in Bezug auf den Freischaltungsantrag, den Unterlassungsantrag und das Auskunftsverlangen, ob und durch welches Unternehmen die Sperre vom erfolgt ist, zugelassen hat. In diesem Umfang begründet er die Revision. Revisionsanträge und -begründung sind mithin dahin auszulegen, dass der Kläger die von ihm eingelegte Revision auf den Freischaltungsanspruch (Klage- und Berufungsantrag zu 2), den Unterlassungsanspruch (Klageantrag zu 3) und den Auskunftsanspruch in Bezug auf ein mit der Sperre beauftragtes Unternehmen (Klageantrag zu 4 = Berufungsantrag zu 3) beschränkt. Nicht Gegenstand der vom Kläger eingelegten Revision sind mithin der Klage- und Berufungsantrag zu 1 (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kontosperrung), der Hilfsklage- und Berufungsantrag zu 1 (Datenberichtigung), der Klageantrag zu 5 (Auskunft zu Weisungen u.ä. der Bundesregierung = Berufungsantrag zu 4), der Klageantrag zu 6 (Schadensersatz i.H.v. 150 € = Berufungsantrag zu 5) und der Klageantrag zu 7 (Freistellung von Rechtsanwaltskosten = Berufungsantrag zu 6).
242. Indes hat das Berufungsgericht - anders als der Kläger meint - die Revision nicht zugelassen, soweit es dessen Berufung im Hinblick auf den Anspruch auf Auskunftserteilung zu einem mit der Sperre beauftragten Unternehmen (Klageantrag zu 4 = Berufungsantrag zu 3) zurückgewiesen hat. Zwar hat es - insofern missverständlich - ausgeführt, die Revision sei "beschränkt hinsichtlich der in den Berufungsanträgen des Klägers Ziffern 2. und 3. entscheidungsrelevanten Rechtsfragen zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts" (Berufungsurteil S. 51 Abs. 4). Aufgrund seiner weiteren Erläuterungen der beschränkten Revisionszulassung und des prozessgeschichtlichen sowie inhaltlichen Zusammenhangs mit dem zeitgleich verhandelten Parallelverfahren OLG N. (= Senat - III ZR 179/20 -) sind die Ausführungen des Berufungsgerichts jedoch dahin auszulegen, dass es die Revision nicht hinsichtlich der Berufungsanträge zu 2 und 3, sondern hinsichtlich der Klageanträge zu 2 und 3 zulassen wollte und zugelassen hat (zur Auslegung des Berufungsurteils im Hinblick auf die Beschränkung der Revisionszulassung vgl. MüKo/Krüger, ZPO, 6. Aufl., § 543 Rn. 43).
25Das Berufungsgericht hat am die Parallelverfahren 3 U 4039/19 und 3 U 3641/19 verhandelt und in beiden Sachen die Endurteile am verkündet. Die Verfahren betreffen jeweils mehrere Ansprüche von Nutzern der Kommunikationsplattform "F. " gegen die Beklagte, nachdem von der Beklagten Beiträge der Nutzer gelöscht und ihre Nutzerkonten vor-übergehend gesperrt worden waren. In beiden Verfahren ist mit den jeweiligen Klageanträgen zu 2 und 3 die Verurteilung der Beklagten zur Freischaltung der gelöschten Beiträge (Klageanträge zu 2) und zur Unterlassung beantragt worden, die Kläger für das Einstellen der gelöschten Beiträge auf "F. " erneut zu sperren oder die Beiträge zu löschen (Klageanträge zu 3).
26a) Im Verfahren OLG N. (= Senat - III ZR 179/20 -) entsprechen die - vom Landgericht zurückgewiesenen - Klageanträge zu 2 und 3 den Berufungsanträgen zu 2 und 3 der Klägerin. Dort hat das Berufungsgericht die Revision - gegen das die Berufung der Klägerin vollumfänglich zurückweisende Berufungsurteil - ebenfalls nur beschränkt zugelassen. Es hat in den Entscheidungsgründen (S. 39 f) ausgeführt, die Revision sei "beschränkt hinsichtlich der in den Anträgen Ziffern 2. und 3. entscheidungsrelevanten Rechtsfragen zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO)". Die Revision sei beschränkt zu der im Zentrum des vorliegenden Rechtsstreits stehenden Frage zuzulassen, unter welchen Voraussetzungen der Nutzer einer Social-Media-Plattform gegen den ihm vertraglich verbundenen Betreiber einen Anspruch darauf habe, dass von ihm eingestellte Beiträge nicht von der Plattform entfernt würden und das Einstellen von Beiträgen nicht mit einer zeitweiligen Funktionseinschränkung des Profils ("Sperren") sanktioniert werde. Diese Frage berühre die Entscheidungen zu den Anträgen Ziffern 2 und 3 in tragender Weise. Denn insoweit basierten die Erwägungen des Berufungsgerichts in entscheidungserheblicher Weise auf der höchstrichterlich nicht geklärten und in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten Rechtsfrage, ob und inwieweit auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien, die teilweise durch die verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Bestimmungen überlagert würden, der Freischaltungs- und Unterlassungsanspruch bestehe. Dagegen beruhe die Abweisung der übrigen Anträge, die hiervon unterschiedliche Streitgegenstände darstellten, nicht auf diesen Erwägungen, sondern erfolge aus anderen, hiervon unabhängigen Gründen.
27Danach hat das Berufungsgericht im Parallelverfahren die Zulassung der Revision eindeutig auf die Freischaltungs- und Unterlassungsansprüche beschränkt, die - bei übereinstimmender Bezifferung im Klage- und Berufungsverfahren - mit den dortigen Klage- und Berufungsanträgen zu 2 und 3 geltend gemacht worden sind. Die im Zentrum des Rechtsstreits stehende Frage, unter welchen Voraussetzungen der Nutzer einer Social-Media-Plattform gegen den ihm vertraglich verbundenen Betreiber einen Anspruch darauf hat, dass von ihm eingestellte Beiträge nicht von der Plattform entfernt werden und das Einstellen von Beiträgen nicht mit einer zeitweiligen Funktionseinschränkung des Profils ("Sperren") sanktioniert wird, berührt, wie das Berufungsgericht im Parallelverfahren zutreffend erkannt hat, die Frage, ob und inwieweit der Freischaltungs- und Unterlassungsanspruch besteht und damit die Entscheidung zu den dortigen Klage- und Berufungsanträgen zu 2 und 3. Dagegen hat das Berufungsgericht im Parallelverfahren die weiteren Anträge der dortigen Klägerin, unter anderem den Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung zu einem mit der Kontosperre beauftragten Unternehmen (S. 32 des dortigen Berufungsurteils), aus hiervon unabhängigen Gründen zurückgewiesen. Es hat die Revision in Bezug auf diese weiteren Anträge nicht zugelassen.
28b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur beschränkten Zulassung der Revision im Verfahren - OLG N. -, das Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist, entsprechen denjenigen im - zeitgleich verhandelten und entschiedenen - Parallelverfahren und stimmen mit ihnen weitgehend wörtlich überein. Daraus wird ersichtlich, dass das Berufungsgericht auch im vorliegenden Verfahren die Zulassung der Revision auf den Freischaltungs- und den Unterlassungsanspruch und die mit diesen Ansprüchen verbundenen Rechtsfragen beschränken wollte. Beide Ansprüche werden von ihm im Hinblick auf die seiner Auffassung nach nicht geklärten Rechtsfragen ausdrücklich genannt. Dagegen hat es auch vorliegend die weiteren vom Kläger geltend gemachten Ansprüche, insbesondere den Anspruch auf Auskunftserteilung zu einem mit der Kontosperre beauftragten Unternehmen, unabhängig von den von ihm als ungeklärt und als Zulassungsgrund bezeichneten Rechtsfragen zurückgewiesen (S. 41 f des Berufungsurteils). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass es die Revision auch hinsichtlich des Auskunftsanspruchs hat zulassen wollen, während es dies im Parallelverfahren ausdrücklich abgelehnt hat.
29Der Umstand, dass das Berufungsgericht zu Beginn seiner Ausführungen zur beschränkten Zulassung der Revision von den "Berufungsanträgen des Klägers Ziffern 2. und 3." spricht (während es kurz darauf die von der zulassungsrelevanten Frage berührten Entscheidungen "zu den Anträgen … Ziffern 2. und 3." erwähnt) ist ersichtlich allein darauf zurückzuführen, dass es die - nur im vorliegenden Verfahren erfolgte - Änderung der Bezifferung des Auskunftsantrags im Verhältnis zum erstinstanzlichen Verfahren (Klageantrag zu 4, Berufungsantrag zu 3) übersehen hat. Die Änderung beruht darauf, dass - anders als im Parallelverfahren - der Unterlassungsantrag zu 3 des Klägers vom Landgericht teilweise zugesprochen worden ist und der Kläger diesen Antrag im Übrigen im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt hat. In der Folge ist der Auskunftsklageantrag zu 4 in der Bezifferung vorgerückt und als Berufungsantrag zu 3 gestellt worden.
30In Berücksichtigung der vorstehenden Umstände ist das Berufungsurteil dahin auszulegen, dass die Zulassung der Revision auf die mit den Klageanträgen zu 2 und 3 (= Berufungsantrag zu 2 und Antrag des Klägers auf Zurückweisung der Berufung der Beklagten) geltend gemachten Freischaltungs- und Unterlassungsansprüche beschränkt und hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 4 und Berufungsantrag zu 3 geltend gemachten Auskunftsanspruchs die Revision nicht zugelassen worden ist. Die dennoch hinsichtlich des Berufungsantrags zu 3 vom Kläger eingelegte Revision ist daher nicht statthaft (§ 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
313. Die vorgenannte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam.
32a) Die Zulassung der Revision kann auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Eine solche Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung kann sich auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Voraussetzung einer Beschränkung der Revisionszulassung ist eine Selbständigkeit des von der Zulassungsbeschränkung erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Fall einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Es muss sich indessen weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln, noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz teilurteilsfähig sein (s. zuletzt Senat, Urteile vom - III ZR 139/20, ZIP 2021, 1160 Rn. 20; vom - III ZR 96/20, NJW-RR 2021, 839 Rn. 12 und vom - III ZR 148/19, WM 2020, 1862 Rn. 13 f m.zahlr.w.N.).
33b) Nach diesem Maßstab war die Beschränkung der Revisionszulassung wirksam. Es handelt sich bei den mit den Klageanträgen zu 2 und 3 geltend gemachten Freischaltungs- und Unterlassungsansprüchen einerseits und dem mit dem Klageantrag zu 4 geltend gemachten Auskunftsanspruch andererseits jeweils um rechtlich selbständige und abtrennbare Teile des Streitstoffs, auf den der Kläger selbst seine Revision hätte begrenzen können (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom - III ZR 497/16, NJW 2019, 215 Rn. 13 mwN). Die Anträge auf Freischaltung und Unterlassung lassen sich ohne weiteres von dem Auskunftsanspruch abgrenzen und können - wie die Ausführungen des Berufungsurteils zum Auskunftsanspruch belegen (S. 41 f) - in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht selbständig beurteilt werden, ohne dass insoweit ein Widerspruch zu befürchten ist.
III.
34Soweit sich die Revision gegen die Zurückweisung des Freischaltungs- und des Unterlassungsantrags durch das Berufungsgericht richtet, ist sie nach den vorstehenden Ausführungen statthaft und auch im Übrigen zulässig. Im Hinblick auf den Freischaltungsantrag hat sie auch in der Sache Erfolg (nachfolgend zu 2). In Bezug auf den Unterlassungsantrag ist sie dagegen, soweit der Antrag Gegenstand des Berufungs- und Revisionsverfahrens geworden ist, unbegründet (nachfolgend zu 3).
351. Die Klage ist zulässig.
36Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 42/19, BGHZ 223, 269 Rn. 17 mwN; grundlegend Senat, Urteil vom - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff), folgt - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel Ia-VO; ABl. L 351 vom , S. 1). Dagegen wendet sich die Revision zu Recht nicht.
372. Klage und Revision sind auch begründet, soweit der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freischaltung seines am gelöschten Beitrags geltend macht.
38a) Zu Recht und ohne dass dies von den Parteien angegriffen wird, haben die Vorinstanzen deutsches Recht angewandt. Aufgrund der Rechtswahlklausel in Nr. 4.4 der Nutzungsbedingungen der Beklagten unterliegt der zwischen den Parteien geschlossene Nutzungsvertrag nach Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO; ABl. L 177 vom , S. 6) dem deutschen Recht. Dessen Anwendbarkeit ergäbe sich im Übrigen auch ohne Rechtswahl der Parteien aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Rom I-VO, weil ein Verbrauchervertrag vorliegt.
39b) Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf, den von ihr am gelöschten Beitrag wieder freizuschalten.
40Zwischen den Parteien besteht ein Nutzungsvertrag, in dessen Rahmen sich die Beklagte gemäß Nr. 1 ihrer Nutzungsbedingungen gegenüber dem Kläger verpflichtet hat, diesem ihre Produkte und Dienste zur Verfügung zu stellen, um ihm die Möglichkeit zu geben, mit anderen Nutzern in Kontakt zu treten und sich mit ihnen auszutauschen, insbesondere Nachrichten zu senden und Daten wie Texte, Fotos und Videos zu teilen. Daraus folgt, dass die Beklagte Beiträge, die der Kläger in ihr Netzwerk eingestellt hat, nicht grundlos löschen darf.
41Gegen diese vertragliche Verpflichtung hat die Beklagte durch die Löschung des streitgegenständlichen Beitrags verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann sie sich insoweit nicht auf den Entfernungs- und Sperrungsvorbehalt in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards berufen, weil dieser gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist (nachfolgend unter aa). Ebenso wenig war sie deshalb zur Löschung des Beitrags berechtigt, weil er einen strafbaren Inhalt enthielt (nachfolgend unter bb).
42aa) Die Beklagte war nicht gemäß Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards zur Löschung des Beitrags des Klägers berechtigt. Denn der dort bestimmte Entfernungsvorbehalt ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
43(1) Allerdings sind die aktualisierten Nutzungsbedingungen (nebst Gemeinschaftsstandards) der Beklagten in der Fassung vom in das Vertragsverhältnis der Parteien einbezogen worden (ebenso in vergleichbaren Konstellationen OLG Dresden, NJW-RR 2020, 1370 Rn. 9 f; OLG Schleswig, GRUR-RS 2020, 8539 Rn. 29 ff; OLG Bamberg, GRUR-RS 2020, 38642 Rn. 34 ff; OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2018, 50856 Rn. 10). Dabei kommt es auf die von der Revision erörterte Frage der Wirksamkeit der Änderungsklausel in Nr. 13 der Nutzungsbedingungen in ihrer vorherigen Fassung vom (Anlage K 21) i.V.m. mit Nr. 3 der Sonderbedingungen für Deutschland in der Fassung vom (Anlage K 23) nicht an. Denn die aktualisierten Nutzungsbedingungen sind nicht auf der Grundlage von Nr. 13 der Nutzungsbedingungen in der Fassung vom , sondern vielmehr aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Änderungsvertrags i.V.m. § 305 Abs. 2 BGB Vertragsinhalt geworden.
44Bei den Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards der Beklagten handelt es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff BGB (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 183/17, BGHZ 219, 243 Rn. 25). Änderungen bereits wirksam in den Vertrag einbezogener Allgemeiner Geschäftsbedingungen bedürfen eines Änderungsvertrags unter Beachtung der Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB, um Vertragsinhalt zu werden (Senat, Urteil vom - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, 3189 mwN; BeckOGK/Lehmann-Richter, BGB, § 305 Rn. 264 [Stand: ]; MüKo/Basedow, BGB, 8. Aufl., § 305 Rn. 88; Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 305 BGB Rn. 164; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 7. Aufl., § 305 BGB Rn. 99).
45Zwischen den Parteien ist ein auf die Einbeziehung der aktualisierten Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards der Beklagten in das bestehende Vertragsverhältnis gerichteter Änderungsvertrag zustande gekommen. In der allen Nutzern in Form eines Pop-up-Fensters zugegangenen Mitteilung über die beabsichtigte Änderung der Nutzungsbedingungen in Verbindung mit der Aufforderung, die mit "Ich stimme zu" bezeichnete Schaltfläche anzuklicken (Anlage B 59), liegt ein an den einzelnen Nutzer gerichtetes Angebot der Beklagten (§ 145 BGB) auf Abschluss eines Änderungsvertrages. Dieses Angebot hat der Kläger angenommen, indem er am auf die Schaltfläche mit der Aufschrift "Ich stimme zu" geklickt hat. In der dadurch ausgelösten elektronischen Übermittlung liegt die Abgabe einer elektronischen Willenserklärung (vgl. Härting, Internetrecht, 6. Aufl., Rn. 655, 888; Kitz in Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 13.1 Rn. 73 f [Stand: Februar 2021]).
46Ebenso sind die Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB erfüllt. Danach muss der Verwender den Kunden ausdrücklich auf die Neufassung hinweisen und ihm den geänderten Text zugänglich machen, während der Kunde sich mit der Einbeziehung der geänderten Geschäftsbedingungen einverstanden erklären muss. Diese Voraussetzungen liegen vor.
47(a) Die Beklagte hat den Kläger auf die geänderten Nutzungsbedingungen hingewiesen, indem sie ihn in einem Pop-up-Fenster gebeten hat, sich unter anderem ihre aktualisierten Nutzungsbedingungen durchzulesen.
48(b) Unter dem Text in dem Pop-up-Fenster erschien eine Schaltfläche mit der Aufschrift "LOS GEHT’S", durch deren Anklicken die aktualisierten Nutzungsbedingungen - und über einen Hyperlink in Nr. 3.2 und Nr. 5 der Nutzungsbedingungen auch die Gemeinschaftsstandards - aufgerufen und ausgedruckt werden konnten. Das genügt für die Möglichkeit der Kenntnisverschaffung im Sinne des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. , NJW 2006, 2976 Rn. 16 mwN).
49Die Möglichkeit der Kenntnisnahme war auch zumutbar. Soweit diesbezüglich - insbesondere bei für den Kunden nachteiligen Abweichungen vom bisherigen Vertragsinhalt (Ulmer/Habersack aaO) - die Hervorhebung der geänderten Klauseln verlangt wird (BeckOGK/Lehmann-Richter aaO; Lapp/Salamon in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 305 Rn. 129 [Stand: ]; MüKo/Basedow aaO; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 305 Rn. 47), ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Beklagte in der Neufassung ihrer Geschäftsbedingungen nicht lediglich einzelne Klauseln geändert, sondern diese vollständig umstrukturiert und insbesondere die Gemeinschaftsstandards um umfangreiche Begriffserklärungen erweitert hat. Eine Hervorhebung der geänderten Passagen wäre daher kaum möglich und überdies für die Nutzer nicht mit einer schnelleren Erfassbarkeit der vorgenommenen Änderungen verbunden gewesen. Vor diesem Hintergrund reichte es aus, dass die Beklagte den Nutzern die Neufassung kurz erläuterte, indem sie in dem Pop-up-Fenster darauf hinwies, ihre Nutzungsbedingungen aktualisiert zu haben, "um genauer zu erklären, wie unser Dienst funktioniert und was wir von allen F. -Nutzern erwarten."
50Das gilt umso mehr, als die Neufassung der vorliegend in Streit stehenden Regelungen zur "Hassrede" von der vorherigen Fassung nicht zum Nachteil der Nutzer abweicht. Gemäß Nr. 5.2 und Nr. 14 i.V.m. Nr. 3.7 der Nutzungsbedingungen in der Fassung vom behielt sich die Beklagte das Recht vor, "Hassreden" auf der von ihr bereitgestellten Plattform zu löschen und gegebenenfalls ihre Dienste für die betreffenden Autoren teilweise oder ganz einzustellen. Die Nutzungsbedingungen in der Fassung vom sehen in Nrn. 1, 3.2 und 4.2 bei schädlichem Verhalten und Verstößen gegen die aktualisierten Gemeinschaftsstandards keine weitergehenden Sanktionsmöglichkeiten vor. Neu sind lediglich zum einen die Anknüpfung der Sanktionsmöglichkeiten an einen objektiven Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen statt - wie zuvor in Nr. 5.2 der Nutzungsbedingungen in der Fassung vom - an die subjektive Ansicht der Beklagten, dass ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen vorliegt, sowie zum anderen die Erläuterungen in Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards zur "Hassrede".
51(c) Der Kläger hat sein Einverständnis mit den aktualisierten Geschäftsbedingungen erklärt, indem er am auf die Schaltfläche mit der Aufschrift "Ich stimme zu" geklickt hat. Diese Einverständniserklärung ist wirksam.
52Die Revision leitet die Unwirksamkeit der Einverständniserklärung daraus ab, dass die Beklagte den Kläger entgegen § 308 Nr. 5 BGB und entgegen ihrer - aus den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zum Einwilligungserfordernis in die Nutzung von Cookies (, NJW 2020, 2540) folgenden - Verpflichtung nicht darüber aufgeklärt habe, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich die Erteilung seines Einverständnisses auf die Entfaltung seiner Aktivitäten im Internet auswirken würde. Darüber hinaus sei die Einverständniserklärung auch nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, weil die Beklagte unter Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung den Kläger vor die Wahl gestellt habe, die aktualisierten Nutzungsbedingungen anzunehmen oder das Vertragsverhältnis zu beenden. Dies greift nicht durch.
53(aa) Angesichts der über der Zustimmungs-Schaltfläche befindlichen Erläuterung "Indem du auf 'Ich stimme zu' klickst, akzeptierst du die aktualisierten Nutzungsbedingungen" und der Möglichkeit, diese über den Hyperlink einzusehen, ist schon nicht ersichtlich, inwieweit für den Kläger Unklarheiten über Bedeutung und Tragweite seiner Einverständniserklärung bestanden haben sollen, die einen Aufklärungsbedarf begründet hätten. Davon abgesehen folgt eine Aufklärungspflicht der Beklagten weder aus § 308 Nr. 5 BGB noch lässt sie sich aus dem ableiten.
55[2] Das von dem Kläger angeführte hat zum Gegenstand, dass die mittels eines voreingestellten Ankreuzkästchens erklärte Einwilligung in den Abruf von auf einem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies nicht dem aus § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG folgenden Erfordernis genügt, Cookies zur Erstellung von Nutzungsprofilen zwecks Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einzusetzen ( aaO Leitsatz 2 sowie Rn. 42 ff). Die Entscheidung betrifft somit einen anders gelagerten Sachverhalt, aus dem sich Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall nicht ableiten lassen.
56(bb) Schließlich ist die Einverständniserklärung des Klägers auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.
57Die Revision stellt darauf ab, dass die Beklagte das Einverständnis des Klägers praktisch dadurch erzwungen habe, dass sie den weiteren Zugang zu ihrem Netzwerk, also die Erbringung der von ihr vertraglich geschuldeten Leistung, von der Zustimmung zu den geänderten Geschäftsbedingungen abhängig gemacht und ihn dadurch in die Zwangslage gebracht habe, entweder den geänderten Geschäftsbedingungen zuzustimmen oder das soziale Netzwerk nicht mehr nutzen zu können. Der Sache nach macht die Revision damit geltend, dass der Kläger zur Abgabe der Einverständniserklärung durch eine widerrechtliche Drohung der Beklagten im Sinne von § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB bestimmt worden ist. Eine solche Drohung muss nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, sondern kann auch versteckt (zum Beispiel durch eine Warnung oder einen Hinweis auf nachteilige Folgen) oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen (, NJW 1988, 2599, 2601 mwN). Drohung ist dabei das Inaussichtstellen eines künftigen Übels. Sie muss den Erklärenden in eine Zwangslage versetzen (Palandt/Ellenberger aaO § 123 Rn. 15 mwN). Als Übel genügt jeder Nachteil (Palandt/Ellenberger aaO Rn. 15a). Dieser kann auch darin bestehen, dass eine vertraglich geschuldete Leistung von einer Gegenleistung abhängig gemacht wird.
58Da die widerrechtliche Drohung in § 123 BGB gesondert geregelt ist, ist ein Rechtsgeschäft nur anfechtbar und nicht gemäß § 138 BGB nichtig, wenn seine Anstößigkeit ausschließlich auf einer unzulässigen Willensbeeinflussung durch widerrechtliche Drohung beruht (Senat, Urteil vom - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 11; BGH, Versäumnisurteil vom - IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774, 2775 und Urteil vom aaO mwN; MüKo/Armbrüster, BGB, 8. Aufl., § 123 Rn. 131; NK/Feuerborn, BGB, 4. Aufl., § 123 Rn. 102; Palandt/Ellenberger aaO § 138 Rn. 14; Staudinger/Singer/von Finckenstein, BGB, Neubearb. 2017, § 123 Rn. 101 mwN). Nur wenn besondere Umstände zu der durch widerrechtliche Drohung bewirkten Willensbeeinflussung hinzutreten, die das Geschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen, kann § 138 Abs. 1 BGB neben § 123 BGB anwendbar sein (Senat, Urteil vom ; und vom ; NK/Feuerborn; Palandt/Ellenberger; Staudinger/Singer/von Finckenstein; jew. aaO).
59Es kann dahinstehen, ob der Kläger gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB zur Anfechtung seiner Einverständniserklärung berechtigt war, weil die Art und Weise, in der die Beklagte ihren Nutzern die Einverständniserklärung zu den geänderten Geschäftsbedingungen abverlangte, die Voraussetzungen einer widerrechtlichen Drohung erfüllte. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, seine Einverständniserklärung vom angefochten zu haben. Dementsprechend beruft sich die Revision auch nicht auf eine Anfechtung der Einverständniserklärung.
60Ebenso wenig hat der Kläger über den seiner Auffassung nach nötigenden Charakter des Zustimmungsverlangens der Beklagten hinaus Umstände dargelegt, die die Einverständniserklärung ihrem Gesamtcharakter nach als sittenwidrig erscheinen lassen. Das gilt auch unter Berücksichtigung der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten (vgl. dazu BVerfG, NJW 2019, 1935 Rn. 15; Senat, Beschluss vom - III ZR 156/20, GRUR-RS 2021, 2284 Rn. 12 mwN; , BGHZ 226, 67 Rn. 14 ff). Die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist nicht per se nach § 138 BGB sittenwidrig. Maßgebend ist vielmehr, ob das marktbeherrschende Unternehmen seine wirtschaftliche Macht sittenwidrig dazu ausnutzt, um sich aus eigensüchtigen Beweggründen unter Missachtung der berechtigten Belange des Vertragspartners unangemessene Vorteile zu verschaffen (Nassall in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 138 BGB Rn. 196 mwN [Stand: ]). In objektiver Hinsicht setzt § 138 Abs. 1 BGB überdies eine grobe Interessenverletzung von erheblicher Stärke voraus (, WM 2012, 1928 Rn. 24 und vom - VIII ZR 135/00, BGHZ 147, 279, 287; Beschluss vom - XI ZR 234/95, ZIP 1996, 957, 961).
61Davon kann vorliegend keine Rede sein. Wie bereits ausgeführt, weicht die Neufassung der vorliegend in Streit stehenden Regelungen zur "Hassrede" von der vorherigen Fassung nicht zum Nachteil der Nutzer ab. Die mit den Änderungen erfolgte umfassendere Erläuterung des Begriffs der "Hassrede" ist für die Nutzer vielmehr - wie das Berufungsgericht hervorgehoben hat - wegen der damit einhergehenden Verdeutlichung der Anforderungen, die an das Nutzerverhalten gestellt werden, von Vorteil. Vor diesem Hintergrund kommt eine grobe Verletzung der Interessen der Nutzer von erheblicher Stärke und damit eine Sittenwidrigkeit nicht in Betracht.
62Die Beklagte hat auch nicht versucht, sich aus eigensüchtigen Beweggründen unangemessene Vorteile zu verschaffen. Einer solchen Wertung steht ihr nachvollziehbares Interesse an der Geltung möglichst einheitlicher Kommunikationsregeln innerhalb ihres Netzwerks entgegen. Die Revisionserwiderung weist insofern zutreffend darauf hin, dass bei Geltung unterschiedlicher Kommunikationsstandards eine "Mehr-Klassen-Gesellschaft" entstünde, innerhalb der identische Äußerungen für einige Nutzer zulässig wären, für andere hingegen nicht. Dies widerspräche dem Gedanken eines sozialen Netzwerks, innerhalb dessen sich die Nutzer möglichst gleichberechtigt austauschen können sollen.
63(2) Die in das Vertragsverhältnis der Parteien einbezogenen Klauseln in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards der Beklagten in der Fassung vom halten indessen einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff BGB nicht stand. Der Entfernungsvorbehalt in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
64(a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Regelungen zur "Hassrede" in den Vertragsbedingungen der Beklagten nicht nach § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff BGB entzogen sind. Dies wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Frage gestellt.
65(b) Die Bestimmung in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards, nach der die Beklagte in ihr Netzwerk eingestellte Inhalte wegen Verstoßes gegen das Verbot der "Hassrede" entfernen und darüber hinaus gegebenenfalls weitergehende Maßnahmen hinsichtlich des Nutzerkontos ergreifen kann, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil dadurch die Nutzer des Netzwerks entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden.
66Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Insoweit bedarf es einer umfassenden Würdigung und Abwägung der wechselseitigen Interessen, bei der die mit der Abweichung vom dispositiven Recht verbundenen Nachteile für den Vertragspartner, die von einigem Gewicht sein müssen, sowie Gegenstand, Zweck und Eigenart des Vertrages zu berücksichtigen sind (Senat, Urteil vom - III ZR 191/18, NJW-RR 2019, 1072 Rn. 19 mwN). Vorliegend ist insoweit von Belang, dass durch die in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards normierte Befugnis der Beklagten, Inhalte wegen Verstoßes gegen das Verbot der "Hassrede" zu entfernen und darüber hinaus gegebenenfalls weitergehende Maßnahmen hinsichtlich des Nutzerkontos zu ergreifen, in das Grundrecht der Nutzer auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eingegriffen wird. Dieses Grundrecht entfaltet im Privatrecht seine Wirkkraft über die Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen (sog. mittelbare Drittwirkung; hierzu grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 f; 152, 152 Rn. 76 ff), und ist insbesondere bei der Auslegung von Generalklauseln (BVerfGE 7, 198, 206; 152, 152 Rn. 76), wie hier von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, zu beachten.
67(aa) Die Reichweite der mittelbaren Grundrechtswirkung hängt von einer Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist, dass die in den Grundrechten liegenden Wertentscheidungen hinreichend zur Geltung gebracht werden. Dabei können die Unausweichlichkeit von Situationen, das Ungleichgewicht zwischen sich gegenüberstehenden Parteien, die gesellschaftliche Bedeutung bestimmter Leistungen oder die soziale Mächtigkeit einer Seite eine maßgebliche Rolle spielen (BVerfGE 152, 152 Rn. 77 mwN; 148, 267 Rn. 33). Je nach den Umständen kann die Grundrechtsbindung Privater einer Grundrechtsbindung des Staates nahe- oder auch gleichkommen, insbesondere wenn sie in tatsächlicher Hinsicht in eine vergleichbare Pflichten- oder Garantenstellung hineinwachsen wie traditionell der Staat (BVerfGE 152, 152 Rn. 88; 128, 226, 248; BVerfG, NJW 2015, 2485 Rn. 6). Für den Schutz der Kommunikation kommt das insbesondere dann in Betracht, wenn private Unternehmen die Bereitstellung schon der Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation selbst übernehmen und damit in Funktionen eintreten, die - wie die Sicherstellung der Post- und Telekommunikationsdienstleistungen - früher dem Staat als Aufgabe der Daseinsvorsorge zugewiesen waren (BVerfGE 152, 152 aaO; 128, 226, 249 f; BVerfG, NJW 2015, 2485 aaO).
68(bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die Reichweite der Bindung von Anbietern sozialer Netzwerke an die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG folgende Meinungsäußerungsfreiheit ihrer Nutzer bei der Entfernung oder Sperrung von Inhalten unterschiedlich beurteilt.
69[1] Einer - auch von der Revision vertretenen - Ansicht nach muss im Hinblick auf die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte gewährleistet sein, dass von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasste Meinungsäußerungen nicht unterbunden werden, weshalb es Anbietern sozialer Netzwerke nicht gestattet sei, in ihren Nutzungsbedingungen Meinungsäußerungen zu untersagen und zu sanktionieren, die weder strafbar seien noch sonst Rechte Dritter verletzen würden (OLG München, GRUR-RS 2020, 2103 Rn. 72, 74; OLG Oldenburg, MMR 2020, 41 Rn. 9; KG, MMR 2020, 47 Rn. 17, 19 [bzgl. YouTube]; Mayer, Soziale Netzwerke im Internet im Lichte des Vertragsrechts, 2018, S. 306; Müller-Riemenschneider/Specht, MMR 2018, 545, 547 Anm. 2; hinsichtlich Kommunikationsplattformen ab einer bestimmten Marktdurchdringung: Elsaß/Labusga/Tichy, CR 2017, 234, 241; Specht, NJW 2018, 3686, 3687; Specht-Riemenschneider in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., Plattformnutzungsverträge Rn. 74).
70[2] Einer anderen Auffassung zufolge, der auch das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung zuneigen, sind Netzwerkbetreiber von Verfassungs wegen nicht gehindert, in ihren Geschäftsbedingungen ein Verbot von "Hassrede" vorzusehen, durch das auch nicht strafbare oder rechtsverletzende Meinungsäußerungen erfasst werden, sofern gewährleistet ist, dass die Entfernung von Inhalten im Einzelfall unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Position des jeweiligen Nutzers erfolgt und sachlich gerechtfertigt ist (OLG Braunschweig, ZUM-RD 2021, 398 Rn. 143 ff; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2020, 41440 Rn. 28 ff; OLG Brandenburg, GRUR-RS 2020, 35273 Rn. 12 f; OLG Hamm, K&R 2020, 841, 845; OLG Schleswig, GRUR-RS 2020, 8539 Rn. 56 ff; OLG Bamberg, GRUR-RS 2020, 38642 Rn. 39 f; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2019, 1006 Rn. 24 ff; OLG Stuttgart NJW-RR 2019, 35 Rn. 29 f; OLG Dresden, NJW 2018, 3111 Rn. 17 ff; Beurskens, NJW 2018, 3418, 3420; Friehe, NJW 2020, 1697, 1702; Holznagel, CR 2018, 369 Rn. 20; ders., CR 2019, 518 Rn. 19, 26; König, AcP 2019, 611, 635 ff; Knoke/Krüger in: BeckOK InfoMedienR/Knoke/Krüger, § 3 NetzDG Rn. 25, 30, 32 [Stand: ]; Löber/Roßnagel, MMR 2019, 71, 75; Lüdemann, MMR 2019, 279, 280 ff; Redeker in Hoeren/Sieber/Holznagel aaO Teil 12 Rn. 76 ff; Ring, MDR 2018, 1469, 1474; Spiegel/Heymann, K&R 2020, 344, 348 f; Spindler, CR 2019, 238 Rn. 23, 33, 35).
71[3] Die zuletzt genannte Ansicht ist überzeugender. Eine staatsgleiche Bindung der Beklagten an Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG besteht nicht. Als privates Unternehmen ist sie nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte grundsätzlich nur Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Eine staatsgleiche Bindung folgt auch nicht aus der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten im Bereich der Social-Media-Plattformen. Die Marktmacht der Beklagten ist nicht gleichzusetzen mit der Monopolstellung staatlicher Unternehmen auf dem Gebiet der öffentlichen Daseinsvorsorge wie etwa früher der Post (ebenso OLG Hamm aaO S. 844 f; OLG Schleswig aaO Rn. 62). Insbesondere übernimmt die Beklagte nicht die - vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 152, 152 aaO; 128, 226, 249 f; BVerfG, NJW 2015, 2485 aaO) als Voraussetzung für eine staatsgleiche Grundrechtsbindung genannte - Bereitstellung der Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation wie etwa die Sicherstellung der Telekommunikationsdienstleistungen. Sie bietet mit ihrem Netzwerk zwar eine bedeutsame Kommunikationsmöglichkeit innerhalb des Internets an, gewährleistet aber nicht den Zugang zum Internet als solchem. Vielmehr ist die Beklagte selbst Trägerin von Grundrechten, die bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 128, 226, 249; BVerfG, NJW 2015, 2485 aaO). Die Grundrechte zielen in zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Privaten nicht auf eine möglichst konsequente Minimierung von freiheitsbeschränkenden Eingriffen, sondern sind als Grundsatzentscheidungen im Ausgleich gleichberechtigter Freiheit zu entfalten. Die Freiheit der einen ist mit der Freiheit der anderen in Einklang zu bringen. Dabei kollidierende Grundrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfGE 152, 152 Rn. 76; 148, 267 Rn. 32).
72(cc) Ob die Klauseln in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards der Beklagten einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten, hängt somit von einer Abwägung der einander gegenüberstehenden Grundrechtspositionen der Parteien ab (nachfolgend zu [1] und [2]). Darüber hinaus sind bei der gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmenden Abwägung auf Seiten des Verwenders auch Drittinteressen berücksichtigungsfähig (Regierungsentwurf eines AGB-Gesetzes, BT-Drs. 7/3919, S. 23; Senat, Urteil vom - III ZR 63/83, NJW 1984, 2816; vgl. auch , BGHZ 127, 35, 43 f und vom - VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178, 180; nachfolgend zu [3]). Schließlich ist das Interesse der Beklagten an der Vermeidung einer Haftung für die auf ihrer Kommunikationsplattform gespeicherten Beiträge einzubeziehen (nachfolgend zu [4]).
73[1] Soweit Grundrechtspositionen der Parteien abzuwägen sind, sind auf Seiten des Klägers sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sowie der Schutz vor willkürlicher Ungleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen.
74[a] Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gibt das Recht, die eigene Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Das Grundrecht greift unabhängig davon ein, ob die Äußerung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist, denn der Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erstreckt sich auch auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (, juris Rn. 13). Das gilt ungeachtet des womöglich ehrschmälernden, polemischen oder verletzenden Gehalts einer Äußerung (BVerfG, MDR 2021, 41 Rn. 8 mwN). Damit fällt der von der Beklagten gelöschte Beitrag des Klägers in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
75[b] Darüber hinaus ist zugunsten des Klägers das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten.
76Art. 3 Abs. 1 GG enthält zwar kein objektives Verfassungsprinzip, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Eine schrankenlose Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf private Rechtsgeschäfte würde die Vertragsfreiheit als Ausfluss der in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit weitgehend aushöhlen (BVerfGE 148, 267 Rn. 40; Senat, Urteil vom - III ZR 59/76, BGHZ 70, 313, 324 f; , NJW 2013, 1519 Rn. 27 mwN). In besonderen Konstellationen können sich jedoch auch für das Verhältnis Privater gleichheitsrechtliche Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben (BVerfG aaO Rn. 41; NJW 2019, 1935 Rn. 15; vgl. auch , NJW 2012, 1725 Rn. 14, 22 und vom - V ZR 253/08, NJW 2010, 534 Rn. 13). Ob und inwieweit dies für Betreiber sozialer Netzwerke gilt, hängt von dem Grad einer etwaigen marktbeherrschenden Stellung des Betreibers, der Ausrichtung der Plattform, dem Grad der Angewiesenheit der Nutzer auf die Plattform und den betroffenen Interessen der Plattformbetreiber und sonstiger Dritter ab (BVerfG, NJW 2019, 1935 aaO).
77In Anwendung dieser Grundsätze liegt den Maßnahmen, die die Beklagte gegenüber dem Kläger zur Durchsetzung ihrer in den Nutzungsbedingungen aufgestellten Verhaltensregeln ergriffen hat, eine besondere Konstellation in vorstehendem Sinne zugrunde, mit der sich gleichheitsrechtliche Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG verbinden (vgl. auch Holznagel, CR 2019, 518 vor Rn. 1, Rn. 13, 19, 26; Seyderhelm, NVwZ 2019, 959, 962 f; Smets, NVwZ 2019, 34, 36). Maßgeblich für die mittelbare Drittwirkung des Gleichbehandlungsgebots ist der Charakter der Durchsetzungsmaßnahmen als einseitiger, auf die strukturelle Überlegenheit der Beklagten gestützter Ausschluss von Dienstleistungen, die die Beklagte im Rahmen ihrer marktbeherrschenden Stellung einer unbegrenzten Vielzahl von Menschen ohne Ansehen der Person anbietet und die für einen beträchtlichen Teil der Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheiden.
78Die Beklagte bietet aufgrund eigener unternehmerischer Entscheidung der allgemeinen Öffentlichkeit den Zugang zu ihrem sozialen Netzwerk an, um den Nutzern zu ermöglichen, ihre durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgte Meinungsäußerungsfreiheit auszuüben. Nach dem Vortrag der Beklagten wurde ihr Netzwerk in Deutschland im Jahr 2017 von 31 Millionen Menschen und im Jahr 2019 von 32 Millionen Menschen genutzt. Angesichts dieser hohen Anzahl von Nutzern ist das Netzwerk eine wichtige gesellschaftliche Kommunikationsplattform, dessen Zugang jedenfalls für Teile der Bevölkerung in erheblichem Umfang über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entscheidet (, BGHZ 226, 67 Rn. 102; Knebel, Die Drittwirkung der Grundrechte und -freiheiten gegenüber Privaten, 2018, S. 186 ff; Wagner, GRUR 2020, 329, 332; a.A. Lüdemann aaO S. 283 f). Gerade in der jüngeren Generation finden Kommunikation und Information weitgehend über die sozialen Medien, insbesondere auch über das von der Beklagten angebotene Netzwerk, statt (vgl. die statistischen Angaben bei BGH aaO Rn. 49 sowie bei Smets aaO). Wer hiervon ausgeschlossen wird oder seine Meinung nicht oder nicht in einer bestimmten Weise kundtun darf, kann sich an den dort stattfindenden gruppeninternen oder öffentlichen Diskussionen nicht mehr oder nur eingeschränkt beteiligen. Der Revisionserwiderung ist zwar zuzugeben, dass ein von den Dienstleistungen der Beklagten Ausgeschlossener seine Meinung immer noch an anderen Orten - auch im Internet - äußern kann. Da er aber nicht davon ausgehen kann, in einem alternativen Netzwerk auch seine Freunde und Bekannten vorzufinden, ist die dortige Äußerungsmöglichkeit nicht von gleicher Qualität (vgl. BGH aaO Rn. 44; Elsaß/Labusga/Tichy aaO S. 239; Raue JZ 2018, 961, 966).
79Der Wechsel zu einem anderen Netzwerk ist daher mit hohen Hürden verbunden (vgl. BGH aaO Rn. 48; Elsaß/Labusga/Tichy aaO S. 235; Knebel aaO S. 158 ff; Mayer aaO S. 287). Da es einem Nutzer nur schwerlich gelingen wird, die meisten seiner Kontakte ebenfalls zu einem Wechsel zu bewegen, würde letzterer für den Nutzer den Verlust zumindest eines Großteils seiner in dem bisher von ihm genutzten Netzwerk aufgebauten sozialen Kontakte bedeuten. Aufgrund dieser Bindungswirkung ("Lock-in-Effekt") sowie ihres hohen Marktanteils und der erheblichen Reichweite ihres Netzwerks (vgl. BGH aaO Rn. 38 ff) verfügt die Beklagte über eine bedeutende Markt- und soziale Macht (BVerfG, NJW 2019, 1935 Rn. 15; Senat, Beschluss vom - III ZR 156/20, GRUR-RS 2021, 2284 Rn. 12 mwN; BGH aaO Rn. 14 ff; Knebel aaO S. 158 ff, 170; Mayer aaO; Raue aaO).
80Der Einwand der Revisionserwiderung, der Kläger sei nicht dauerhaft von dem sozialen Netzwerk der Beklagten ausgeschlossen worden, vielmehr seien lediglich für drei Tage bestimmte Teilfunktionen seines Nutzerkontos gesperrt worden, so dass schwerlich von einem gewichtigen Ausschluss von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gesprochen werden könne (ähnlich Lüdemann aaO S. 284), greift nicht durch. Im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung der Geschäftsbedingungen der Beklagten ist nicht auf die in einem Einzelfall verhängten Maßnahmen, sondern auf die allgemeinen Auswirkungen abzustellen, die die zu prüfenden Klauseln für die Nutzer haben können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen der Beklagten bei einem Verstoß gegen das Verbot der "Hassrede" die Verhängung von wesentlich längeren Kontosperren als die im vorliegenden Fall verhängte dreitägige Sperre und Nr. 4.2 der Nutzungsbedingungen im äußersten Fall sogar die außerordentliche Kündigung des Nutzungsvertrages ermöglicht, mithin den dauerhaften Ausschluss des Nutzers von dem sozialen Netzwerk.
81[2] Auf Seiten der Beklagten ist vor allem die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, aber auch die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen.
82[a] Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die "wesensmäßige Anwendbarkeit" ist bei Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gegeben (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 mwN hinsichtlich Art. 5 Abs. 1 GG; BVerfGE 105, 252, 265 mwN hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG). Die Grundrechtsberechtigung inländischer juristischer Personen ist auf die Beklagte als juristische Person mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union wegen der vertraglichen Gewährleistung der europäischen Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots aufgrund der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) zu erstrecken (vgl. BVerfGE 154, 152 Rn. 63; 129, 78, 94 ff). Daher ist die Beklagte Trägerin des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 129, 78, 94). Dasselbe gilt für die Berufsausübungsfreiheit, wobei dahinstehen kann, ob diese für die Beklagte unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG oder - wegen der im Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommenden Beschränkung auf Deutsche - aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des Art. 2 Abs. 1 GG folgt, da das Schutzniveau dasselbe ist (vgl. BVerfG, NJW 2016, 1436 Rn. 8 ff).
83[b] Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Entscheidung der Beklagten, den Nutzern ihres Netzwerks in Geschäftsbedingungen Verhaltensregeln zur Einhaltung eines bestimmten Diskussionsniveaus vorzugeben und sich das Recht vorzubehalten, gegenüber Nutzern, die gegen diese Verhaltensregeln verstoßen, Maßnahmen von der Entfernung einzelner Beiträge bis zur (vorübergehenden) Sperrung des Netzwerkzugangs zu ergreifen, in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit fällt.
84Die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG sichert die Teilhabe am Wettbewerb, mithin die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit (BVerfGE 25, 1, 11 f). Sie umfasst das Recht der am Markt Tätigen, die Bedingungen ihrer Marktteilhabe selbst festzusetzen (vgl. BVerfGE 106, 275, 299). Die Unternehmerfreiheit schützt somit die freie Gründung und Führung von Unternehmen (vgl. BVerfGE 132, 99 Rn. 88; 50, 290, 363) und damit auch die Ausgestaltung des konkreten Auftretens am Markt. Dabei besteht ein angemessener Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative, mithin der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen durch ein bestimmtes Angebot an Waren und Dienstleistungen (vgl. BVerfGE 29, 260, 266 f; BVerfGE 50, 290, 366 [hinsichtlich der aus Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten wirtschaftlichen Handlungsfreiheit]; s. auch , BGHZ 226, 145 Rn. 29).
85Das Geschäftsmodell der Beklagten zielt darauf ab, ihren Nutzern eine Plattform zu bieten, auf der diese frei, unbesorgt und in einem sicheren Umfeld mit anderen kommunizieren und Informationen austauschen können (vgl. Nrn. 1, 3.2 und 4.2 der Nutzungsbedingungen sowie die Einleitung der Gemeinschaftsstandards). Diese Geschäftstätigkeit finanziert die Beklagte dadurch, dass sie Werbung ihrer Geschäftspartner aufgrund der von ihren Nutzern bereitgestellten Daten zielgruppenorientiert platzieren und damit effizient verbreiten kann (vgl. Nr. 1 der Nutzungsbedingungen; Einzelheiten bei Tief, Kommunikation auf Facebook, Twitter & YouTube, 2020, S. 30 f). Dabei hängt der Wert des Netzwerks der Beklagten als Werbeplattform davon ab, dass sich möglichst viele Personen als Nutzer registrieren und regelmäßig aktiv sind. Die Beklagte hat daher ein geschäftliches Interesse daran, sowohl für ihre Nutzer als auch für ihre Werbekunden ein attraktives Kommunikations- und Werbeumfeld zu schaffen, um weiter Nutzerdaten erheben und Werbeplätze verkaufen zu können. Die Verbreitung eines verrohten Umgangstons steht diesem Interesse entgegen, weil sich dadurch sowohl Nutzer als auch Werbepartner abgeschreckt fühlen können. Durch die in den Gemeinschaftsstandards aufgestellten Verhaltensregeln, zu denen auch das Verbot von "Hassrede" gehört, soll ein Verhaltenskodex für einen respektvollen Umgang aufgestellt und dadurch der Gefahr vorbeugt werden, dass sich Nutzer und Werbepartner wegen eines verrohten Umgangstons von der Kommunikationsplattform der Beklagten abwenden. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Beklagten, in Umsetzung ihres Geschäftsmodells aggressive Ausdrucksweisen wie "Hassrede" zu verbieten, um sich erfolgreich am Markt behaupten zu können, von ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit umfasst.
86[c] Auch auf Seiten der Beklagten ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen. Zwar betreibt sie die Kommunikationsplattform in erster Linie nicht, um ihre eigene Meinung kundzutun, sondern um Dritten die Verbreitung von Meinungen und Informationen zu ermöglichen. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt indessen auch den Kommunikationsprozess als solchen, weshalb die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung selbst dann in den Schutzbereich des Grundrechts fallen kann, wenn der Mitteilende sich diese weder zu eigen macht noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet (vgl. , NJW 2017, 2029 Rn. 24 und vom - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 mwN). Ein soziales Netzwerk wie das der Beklagten macht den Meinungsaustausch unter nicht persönlich miteinander bekannten Personen erst möglich. Die Beklagte ist insoweit als Netzwerkbetreiberin "unverzichtbare Mittlerperson" (vgl. und vom ; jew. aaO). Bereits deshalb wird der Betrieb des sozialen Netzwerks vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst. Von einer rein technischen Verbreitung fremder Meinungen, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fraglich ist (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 470 Rn. 59), unterscheidet sich der Betrieb des Netzwerks dadurch, dass die Beklagte auf den Kommunikationsprozess der Nutzer durch die Vorgabe von Verhaltensregeln in den Gemeinschaftsstandards einwirkt. Die Beklagte bringt durch das Aufstellen von Kommunikationsregeln in ihren Gemeinschaftsstandards zum Ausdruck, welche Formen der Meinungsäußerung sie in ihrem Netzwerk nicht duldet. Auf diese Weise macht sie von ihrem eigenen Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch. Ebenso weist die der Durchsetzung der Gemeinschaftsstandards dienende gezielte Entfernung einer fremden Meinungsäußerung den Charakter einer eigenen Meinungskundgabe auf (vgl. Pille, Meinungsmacht sozialer Netzwerke, 2016, S. 178).
87[3] Die Beklagte kann sich nicht nur auf ihre Grundrechte berufen. Durch die Einhaltung eines bestimmten Kommunikationsniveaus wird auch das hierauf gerichtete Interesse anderer Nutzer der Plattform der Beklagten geschützt. Derartige Drittinteressen sind bei der gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung auf Seiten des Verwenders berücksichtigungsfähig (s.o.). Dementsprechend ist das Interesse anderer Nutzer an einer von gegenseitigem Respekt geprägten Diskussionskultur sowie an einem damit verbundenen Schutz vor der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in die Interessenabwägung einzustellen (ebenso OLG Braunschweig aaO Rn. 153; OLG Stuttgart aaO Rn. 29; Holznagel, CR 2019, 736, 739 Anm. 2; König aaO S. 633 f; Lüdemann aaO S. 282 f; Spindler aaO Rn. 22).
88[4] Schließlich ist im Rahmen der gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmenden Abwägung das Interesse der Beklagten einzubeziehen, nicht für die auf ihrer Kommunikationsplattform gespeicherten Beiträge zu haften.
89Um eine strafrechtliche Verantwortlichkeit, eine zivilrechtliche Haftung oder eine Inanspruchnahme nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz auszuschließen, muss die Beklagte unverzüglich tätig werden, um Beiträge mit strafbaren oder rechtsverletzenden Inhalten, die sie für ihre Nutzer gespeichert hat, zu entfernen oder zu sperren, sobald sie Kenntnis von Tatsachen oder Umständen erlangt hat, aus denen die Rechtswidrigkeit der Beiträge offensichtlich wird (vgl. § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG; § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 NetzDG sowie , BGHZ 217, 350 Rn. 31 f mwN zu den Grundsätzen einer möglichen Störerhaftung). Allerdings ist zur Feststellung der Rechtswidrigkeit fremder Inhalte häufig eine komplexe tatsächliche oder rechtliche Prüfung erforderlich. Insbesondere die Feststellung der Verwirklichung von Straftatbeständen wie §§ 185 ff StGB und § 130 StGB (die zugleich rechtswidrige Inhalte im Sinne von § 1 Abs. 3 NetzDG sind), aber auch von Persönlichkeitsrechtsverletzungen, verlangt die Abwägung widerstreitender (Grund-)Rechtspositionen (vgl. aaO Rn. 32 hinsichtlich Persönlichkeitsrechtsverletzungen; BVerfG, NJW 2021, 298 Rn. 14 hinsichtlich § 185 StGB; BVerfG, NJW 2003, 660, 662 hinsichtlich § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Deshalb wird sich das Vorliegen rechtswidriger Inhalte im Sinne des § 1 Abs. 3 NetzDG oder einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Steht die Strafbarkeit oder der rechtsverletzende Charakter eines gespeicherten Nutzerinhaltes infrage, ist die Beklagte daher vor die Entscheidung gestellt, den Inhalt entweder zu entfernen und sich damit möglicherweise gegenüber dem betreffenden Nutzer vertragswidrig zu verhalten oder den Inhalt unter Inkaufnahme des Risikos einer möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit sowie der Inanspruchnahme auf Schadensersatz, Unterlassung oder nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 NetzDG nicht zu entfernen (vgl. zu diesem "Dilemma" im Fall eines Internetproviders Redeker in Hoeren/Sieber/Holznagel aaO Teil 12 Rn. 67).
90(dd) Die Abwägung der einander gegenüberstehenden Grundrechte und Interessen der Parteien sowie der einzubeziehenden Drittinteressen ergibt, dass die Beklagte grundsätzlich berechtigt ist, den Nutzern ihres Netzwerks in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Einhaltung bestimmter Kommunikationsstandards vorzugeben, die über die strafrechtlichen Vorgaben hinausgehen. In diesem Rahmen darf sie sich das Recht vorbehalten, bei Verstoß gegen die Kommunikationsstandards Maßnahmen zu ergreifen, die eine Entfernung einzelner Beiträge einschließen. Nur auf diese Weise werden sowohl die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte unternehmerische Handlungsfreiheit der Beklagten und ihre in diesem Rahmen getroffene Entscheidung, in Umsetzung ihres Geschäftsmodells aggressive Ausdrucksweisen wie "Hassrede" zu verbieten, um sich erfolgreich am Markt behaupten zu können, als auch das Interesse anderer Nutzer an einer von gegenseitigem Respekt geprägten Diskussionskultur und einem damit verbundenen Schutz vor der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts angemessen geschützt. Dagegen würde eine strenge Ausrichtung der im Rahmen von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmenden Abwägung ausschließlich an der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers auf eine staatsgleiche Bindung der Beklagten an Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG hinauslaufen, die vorliegend indes - wie ausgeführt ((bb) [3]) - nicht besteht. Es bliebe im Ergebnis unberücksichtigt, dass die Beklagte selbst Trägerin von Grundrechten ist, die nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so mit den Grundrechten des Klägers in Ausgleich zu bringen sind, dass sie für alle Beteiligten - das heißt aber auch für die Beklagte - möglichst weitgehend wirksam werden.
91Die Berechtigung der Beklagten, sich in ihren Geschäftsbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen die Entfernung auch solcher Beiträge vorzubehalten, die keine strafbaren oder rechtsverletzenden Inhalte aufweisen, verringert zudem das - vorstehend (unter (cc) [4]) beschriebene - "Dilemma", bei in Frage stehender Strafbarkeit eines gespeicherten Nutzerinhaltes oder einer in Betracht kommenden Rechtsverletzung den Inhalt entweder zu entfernen und sich damit möglicherweise gegenüber dem betreffenden Nutzer vertragswidrig zu verhalten oder den Inhalt unter Inkaufnahme des Risikos einer möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit sowie der Inanspruchnahme auf Schadensersatz, Unterlassung oder nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 NetzDG nicht zu entfernen.
92(ee) Aus dem Grundsatz der praktischen Konkordanz folgt indes zugleich, dass das Recht der Beklagten, in ihren Geschäftsbedingungen Verhaltensregeln aufzustellen und zu deren Durchsetzung Maßnahmen zu ergreifen, nicht unbeschränkt gilt. Vielmehr hat die Beklagte das Grundrecht der Nutzer auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG hinreichend zu berücksichtigen. Die Grundrechtspositionen der Beklagten sind mit denjenigen der Nutzer so in Ausgleich zu bringen, dass auch die Grundrechtspositionen der Nutzer für diese möglichst weitgehend wirksam werden. Daraus leiten sich die folgenden Anforderungen ab:
93[1] Für die Entfernung von Inhalten muss ein sachlicher Grund bestehen. Die Beklagte darf die aus ihrer strukturellen Überlegenheit folgende Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, willkürlich einzelne Meinungsäußerungen zu untersagen (vgl. auch OLG Dresden aaO Rn. 20; Holznagel, CR 2019, 518 Rn. 26). Das folgt auch daraus, dass die Kommunikationsplattform nach dem Geschäftsmodell der Beklagten keine thematische Begrenzung vorsieht, sondern dem allgemeinen Kommunikations- und Informationsaustausch dient. Angesichts dieser freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten wäre etwa ein Verbot der Äußerung von bestimmten politischen Ansichten mit dem Grundrecht der Nutzer auf freie Meinungsäußerung und dem Gleichbehandlungsgebot nicht zu vereinbaren (vgl. auch Raue aaO S. 967).
94Die Entfernungsvorbehalte in den Nutzungsbedingungen der Beklagten müssen zudem gewährleisten, dass ihre darauf gestützten Entscheidungen nachvollziehbar sind. Dazu dürfen sie nicht an bloß subjektive Einschätzungen oder Befürchtungen der Beklagten, sondern müssen an objektive, überprüfbare Tatbestände anknüpfen (vgl. aaO Rn. 17).
95[2] Mit der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der einander gegenüberstehenden Grundrechte und dem aus ihr abgeleiteten Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Entfernung einzelner Beiträge verbinden sich verfahrensrechtliche Anforderungen. Insbesondere müssen Netzwerkbetreiber wie die Beklagte die ihnen zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen (vgl. zur Verhängung eines Stadionverbots BVerfGE 148, 267 Rn. 46). Die Annahme eines sachlichen Grundes für die von der Beklagten ergriffene oder beabsichtigte Maßnahme und damit zugleich die Wahrung sowohl der Meinungsäußerungsfreiheit der Nutzer als auch des Gleichbehandlungsgebotes setzen eine tatsächliche Fundierung voraus, die angesichts der Bedeutung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eine - in den Grenzen der Zumutbarkeit - möglichst sorgfältige Aufklärung des betreffenden Sachverhaltes erfordert. Hier stellt die Anhörung des Äußernden ein wichtiges Mittel der Aufklärung dar (vgl. Kovacs, Die Haftung der Host-Provider für persönlichkeitsrechtsverletzende Internetäußerungen, 2018, S. 293; Müller-Riemenschneider/Specht aaO S. 548; Raue aaO S. 969).
96Die Anerkennung solcher Verfahrensrechte steht nicht im Widerspruch dazu, dass das Verhältnis der Beklagten zu ihren Nutzern nicht öffentlich-, sondern bürgerlich-rechtlichen Charakter hat. Zwar haben solche Rechte im Zivilrecht dann keine Grundlage, wenn es um den Austausch von Leistungen geht, die im freien Belieben der Parteien liegen. Stehen privatrechtlichen Entscheidungen von vorneherein keine eigenen Rechtspositionen Dritter gegenüber und kann über sie ohne Rücksicht auf die Belange der Gegenseite entschieden werden, bedarf es jedenfalls in der Regel solcher Rechte nicht. Das liegt jedoch anders, soweit - wie hier - in das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien das grundrechtliche Gleichbehandlungsgebot einstrahlt und die Ablehnung einer Leistung eines rechtfertigenden Grundes bedarf (vgl. BVerfGE aaO Rn. 47). In solchen Fällen erfordert ein wirksamer Grundrechtsschutz eine verfahrensrechtliche Absicherung (vgl. Raue aaO: "Grundrechtsschutz durch Verfahren"). Denn nur eine in einem verbindlichen Verfahren erfolgende Aufklärung des Sachverhalts gewährleistet, dass die Entscheidung der an das Gleichbehandlungsgebot gebundenen Partei auf einem sachlichen Grund beruht, der in den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen hinreichend verankert ist. Die Anhörung des Nutzers bietet die Möglichkeit, eventuelle Missverständnisse hinsichtlich eines Inhalts schnell und unkompliziert aufzuklären und durch zügige Wiederzugänglichmachung eines zu Unrecht entfernten Beitrags dem Grundrecht des Nutzers auf freie Meinungsäußerung und dem Gleichbehandlungsgebot die nötige Geltung zu verschaffen. Dass die Anhörung ein geeignetes Mittel zur Herbeiführung eines angemessenen Interessenausgleichs sein kann, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Netzwerkbetreiber auch bei der Konfrontation mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Betroffene - ungeachtet der anders gelagerten rechtlichen Ausgangssituation - regelmäßig gehalten sind, den Sachverhalt zu ermitteln und zu diesem Zweck die Beanstandung zunächst an den für den monierten Inhalt verantwortlichen Nutzer zur Stellungnahme weiterzuleiten, auf die der Betroffene wiederum erwidern kann (vgl. aaO sowie vom - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 24, 43; Versäumnisurteil vom - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 ff).
97Aus den vorstehenden Gründen ist es für einen interessengerechten Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen und damit die Wahrung der Angemessenheit im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich, dass sich die Beklagte in ihren Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet, den betreffenden Nutzer über die Entfernung eines Beitrags umgehend zu informieren, ihm den Grund dafür mitzuteilen und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einzuräumen, an die sich eine Neubescheidung anschließt, mit der die Möglichkeit der Wiederzugänglichmachung des entfernten Beitrags einhergeht (ebenso Holznagel aaO; König aaO S. 639; vgl. zu einem solchen vom Anbieter eines sozialen Netzwerks vorzuhaltenden Gegendarstellungsverfahren nunmehr § 3b Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 und 2 NetzDG sowie § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 NetzDG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes vom [BGBl. I S. 1436, 1437 f]). Zugleich hat die Beklagte Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Inhalte bis zur Durchführung des Gegenäußerungsverfahrens nicht unwiederbringlich gelöscht werden.
98Der Einwand der Revisionserwiderung, es könne Fälle wie den vorliegenden geben, in denen ein Aufklärungsbedarf hinsichtlich streitiger Tatsachenbehauptungen nicht bestehe, verfängt nicht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass - wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - aufgrund der häufig komplexen Ausgangslage der inhaltlichen Auslegung und der rechtlichen Bewertung von Äußerungen oft ein hohes Risiko der Fehlbeurteilung innewohnt. Das gilt gerade auch für die Einordnung des von der Beklagten entfernten Kommentars des Klägers als "Hassrede" im Sinne von Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards. Sie erfordert gleichermaßen eine auch den jeweiligen Zusammenhang einbeziehende inhaltliche Auslegung der - nur hinsichtlich ihres Wortlauts unstreitigen - Äußerung wie auch deren Subsumtion im Hinblick auf die Definition der "Hassrede" in den Gemeinschaftsstandards. Auch in solchen Fällen kann die Anhörung des Nutzers zur Verminderung des Risikos einer Fehlbewertung beitragen (vgl. Kovacs aaO S. 296 f). Im Ansatz wird dies auch in den Gemeinschaftsstandards erkannt, wenn dort ausgeführt wird, die Entscheidung der Beklagten entspreche eher dem Grundgedanken der Richtlinie, wenn der Beklagten "mehr Kontext zur Verfügung" stehe (Einleitung Gemeinschaftsstandards unter "Gleichheit"). Dieser "Kontext" der Äußerung des Nutzers kann durch dessen Anhörung der Beklagten zur Kenntnis gebracht werden und dazu führen, dass sie "den Hintergrund besser verstehen" kann (vgl. Gemeinschaftsstandards Teil III Nr. 12 Abs. 3).
99Allerdings ist es - entgegen der Ansicht der Revision - nicht zwingend geboten, die notwendige Anhörung vor der Entfernung eines Beitrags durchzuführen (zum Erfordernis der vorherigen Anhörung im Falle der Sperrung eines Nutzerkontos vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache III ZR 179/20). Ausreichend ist vielmehr, wenn Netzwerkbetreiber im Hinblick auf die Löschung eines Beitrags in ihren Geschäftsbedingungen den Nutzern ein Recht auf unverzügliche nachträgliche Benachrichtigung, Begründung und Gegendarstellung mit anschließender Neubescheidung einräumen. Insoweit ist zum einen das Interesse der Netzwerkbetreiber zu berücksichtigen, einen vermeintlich rechtswidrigen Inhalt aus Haftungsgründen zügig nach Kenntniserlangung zu entfernen (vgl. Redeker in Hoeren/Sieber/Holznagel aaO; Spindler aaO Rn. 32). Zum anderen steigt - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - mit jedem Tag, an dem ein Beitrag auf der Kommunikationsplattform eingestellt bleibt, die Gefahr seiner Verbreitung und damit im Fall seiner Rechtswidrigkeit der Perpetuierung der Rechtsverletzung. Zudem ist, wenn mit dem fraglichen Inhalt eine mögliche Rechtsverletzung Dritter einhergeht, auch deren Interesse an einer zügigen Entfernung zu berücksichtigen. Denn die nachhaltige Entfernung einer (rechtswidrigen) Äußerung, die mehrere Tage auf der Kommunikationsplattform der Beklagten eingestellt war, kann angesichts der Geschwindigkeit der Netzkommunikation nahezu ausgeschlossen sein (vgl. Hong in Albers/Katsivelas, Recht & Netz, 2018, S. 59, 80).
100Durch die Verpflichtung, den Nutzern in ihren Geschäftsbedingungen das Recht auf Benachrichtigung, Begründung und Gegendarstellung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen, wird der Beklagten kein Prüfungsaufwand auferlegt, durch den der Betrieb ihres sozialen Netzwerkes wirtschaftlich gefährdet oder unverhältnismäßig erschwert werden würde. Es handelt sich um rein reaktive Prüfungspflichten, denen ein solches Gewicht nicht zukommt (vgl. aaO Rn. 40).
101(ff) Den vorgenannten Anforderungen wird der Entfernungsvorbehalt in den Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht in jeder Hinsicht gerecht.
102[1] Allerdings knüpft er an objektive, überprüfbare Tatbestände an, indem er gemäß Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen einen Verstoß gegen die Geschäftsbedingungen der Beklagten voraussetzt.
103Das mit dem Verbot von "Hassrede" verfolgte Ziel, einer Verrohung der Debattenkultur in dem sozialen Netzwerk der Beklagten entgegenzuwirken (vgl. zu diesem Ziel auch Fraktionsentwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, BT-Drs. 18/12356, S. 13), stellt, ohne dass der Senat sich mit dem genauen Inhalt der "Hassrede"-Klauseln befassen muss, auch einen sachlichen Grund für den Entfernungsvorbehalt dar. Dadurch werden insbesondere die Interessen der Nutzer geschützt, die sich nicht mit "Hassrede" konfrontiert sehen wollen, weil ihnen an einer von gegenseitigem Respekt geprägten Diskussionskultur sowie einem angemessenen Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gelegen ist. Dem entspricht das - durch die unternehmerische Handlungsfreiheit geschützte - geschäftliche Interesse der Beklagten daran, sowohl für ihre Nutzer als auch für ihre Werbekunden ein attraktives Kommunikations- und Werbeumfeld zu schaffen.
104[2] Durch den Entfernungsvorbehalt werden die Nutzer jedoch deswegen unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt, weil in den Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht ein - nach den vorstehenden Grundsätzen erforderliches - verbindliches Verfahren vorgesehen ist, innerhalb dessen die von der Entfernung von Beiträgen betroffenen Nutzer Stellung nehmen können.
105[a] Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen sieht eine in vorgenanntem Sinne ausreichende Möglichkeit der Stellungnahme der Nutzer nicht vor. Die Beklagte räumt sich darin einen weiten, im Einzelnen nicht nachvollziehbaren und sie im Ergebnis nahezu von jeglicher Anhörungsverpflichtung freistellenden Beurteilungsspielraum ein, die Nutzer über die Entfernung von Inhalten zu informieren oder nicht. Unklar sind insbesondere die dort genannten Ausnahmefälle, in denen der Beklagten die Benachrichtigung der Nutzer nicht möglich sein soll. Es wird nicht deutlich und ist nur schwer vorstellbar, dass und aus welchen Gründen der Beklagten die Benachrichtigung des Nutzers über die Entfernung eines Inhalts rechtlich untersagt sein oder dadurch die Nutzergemeinschaft oder die Integrität ihrer Produkte Schaden nehmen könnte. Eine weitere Unklarheit folgt daraus, dass solche Ausnahmefälle nicht abschließend, sondern nur beispielhaft aufgezählt werden. Zudem beinhaltet die Klausel nicht - wie indes erforderlich - die Verpflichtung der Beklagten, ihre Maßnahmen gegenüber den Nutzern zu begründen und ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme mit anschließender Neubescheidung einzuräumen.
106[b] Ebenso wenig wird den Nutzern - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - durch Nr. 4.2 der Nutzungsbedingungen eine hinreichende Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Klausel steht im Zusammenhang mit der Kündigung von Nutzerkonten und betrifft allein deren dauerhafte Sperrung, nicht hingegen die Entfernung einzelner Inhalte oder die vorübergehende Sperrung einzelner Funktionen oder des gesamten Nutzerkontos.
107Davon abgesehen wird durch die Klausel auch keine Verpflichtung der Beklagten statuiert, die Nutzer von sich aus über ergriffene Maßnahmen zu unterrichten, diese gegenüber den Nutzern zu begründen und ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme mit anschließender Neubescheidung einzuräumen. Vielmehr setzt die Klausel ein Aktivwerden der Nutzer voraus, indem diesen abverlangt wird, sich an die Beklagte zu wenden. Das ist nicht interessengerecht. Es ist die Beklagte, die dem Nutzer durch die Entfernung eines Inhalts und gegebenenfalls weitere beschränkende Maßnahmen die Erbringung vertraglich geschuldeter Leistungen verweigert und hierdurch in - über § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB in die Nutzungsverträge einstrahlende - geschützte Grundrechtspositionen des Nutzers eingreift. Es ist daher ihre Pflicht, aus eigener Initiative mit dem Nutzer in vorgenanntem Sinne Kontakt aufzunehmen.
108(3) Da der in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards bestimmte Entfernungsvorbehalt nach den vorstehenden Ausführungen bereits gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, bedarf die Frage, ob die für die Löschung und Kontosperre im August 2018 maßgeblichen - inzwischen seitens der Beklagten erneut geänderten - Nutzungsbedingungen dem Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügten, keiner Entscheidung.
109bb) Die Beklagte war auch nicht deshalb zur Entfernung des Beitrags des Klägers berechtigt, weil dieser einen strafbaren Inhalt enthielt. Zwar ist die Beklagte gehalten, unverzüglich tätig zu werden, um strafbare Inhalte in ihrem sozialen Netzwerk zu entfernen oder zu sperren, sobald sie Kenntnis von Tatsachen oder Umständen erlangt hat, aus denen die Rechtswidrigkeit der Beiträge offensichtlich wird (vgl. § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG; § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 NetzDG; MüKo/Freund, StGB, 4. Aufl., § 13 Rn. 163 sowie , BGHZ 217, 350 Rn. 31 f mwN zu den Grundsätzen einer möglichen Störerhaftung).
110In Betracht kommt insofern vorliegend allein der Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB). Die Gerichte haben indes bei der Auslegung und Anwendung von § 130 StGB die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beachten, damit die wertsetzende Bedeutung des Grundrechts auf der Normanwendungsebene zur Geltung kommt (BVerfG, NJW 2009, 3503 Rn. 6 mwN). Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben sie, wollen sie die zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung ihrer rechtlichen Würdigung zu Grunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (BVerfG aaO Rn. 8). Ein Ausschluss solcher Auslegungsvarianten, die nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen, ist vorliegend nicht möglich. Dementsprechend macht auch die Revisionserwiderung eine Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Volksverhetzung durch den Beitrag des Klägers nicht geltend.
111cc) Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte die in der Entfernung des Beitrags bestehende Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der dadurch verursachte Schaden des Klägers besteht darin, dass sein Beitrag auf der Kommunikationsplattform der Beklagten nicht mehr gespeichert ist und von den anderen Nutzern nicht mehr gelesen werden kann. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB ist die Beklagte daher zur Wiederherstellung des Beitrags verpflichtet.
1123. Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit er mit ihr einen Unterlassungsanspruch weiterverfolgt.
113a) Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag des Klägers im Hinblick auf die (künftige) Löschung des Beitrags und Sperrung seines Nutzerkontos wegen einer erneuten Einstellung der ersten beiden Sätze des Beitrags des Klägers stattgegeben. Hinsichtlich des dritten Satzes des Beitrags hat es den Unterlassungsantrag hingegen abgewiesen (Ziffer 1 und 2 des Tenors sowie S. 11, 14 f des Urteils). Diesbezüglich hat der Kläger ausweislich seiner Berufungsanträge das Urteil des Landgerichts nicht angegriffen (S. 1 ff der Berufungsbegründung, S. 6 f des Berufungsurteils) und hat das klageabweisende Urteil des Landgerichts Rechtskraft erlangt. Der erstinstanzliche Unterlassungsantrag des Klägers ist mithin nur insofern Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, als die Beklagte mit ihrer Berufung - erfolgreich - die vollständige Abweisung der Klage und mithin des Unterlassungsantrags des Klägers begehrt hat, soweit dieser Antrag vom Landgericht im Hinblick auf die beiden ersten Sätze des vom Kläger geposteten Beitrags zugesprochen worden ist. Nur insofern, das heißt nur hinsichtlich der Abweisung des Unterlassungsantrags in Bezug auf die beiden ersten Sätze seines Beitrags, ist der Kläger durch das Berufungsurteil beschwert und ist der Unterlassungsanspruch Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden.
114b) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass ein Antrag dieses Inhalts unbegründet ist, weil ein entsprechender Unterlassungsanspruch nicht besteht.
115Bei der Verletzung von Vertragspflichten kann sich aus § 280 Abs. 1 BGB ein Unterlassungsanspruch ergeben (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 136/93, NJW 1995, 1284, 1285; , NZBau 2012, 652 Rn. 15 und vom - I ZR 74/06, BGHZ 178, 63 Rn. 17). Ein vertraglicher Unterlassungsanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB setzt - ebenso wie ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB - eine Erstbegehungs- beziehungsweise Wiederholungsgefahr voraus (vgl. Bodewig, Jura 2005, 505, 512; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 2000, S. 106; Köhler, AcP 1990, 496, 508; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 27. Aufl., Rn. 207; MüKo/Bachmann, BGB, 8. Aufl., § 241 Rn. 70). Zwar kann ein einmal erfolgter Vertragsverstoß die tatsächliche Vermutung für seine Wiederholung begründen (vgl. , NJOZ 2018, 194 Rn. 17 [zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen] und vom - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 [zu Wettbewerbsverstößen]; jew. mwN).
116Von einer solchen tatsächlichen Vermutung einer Wiederholung kann indes in der vorliegenden besonderen prozessualen Konstellation, in der im Hinblick auf den Unterlassungsantrag im Revisionsverfahren nur über die Löschung eines Beitrags des Klägers zu entscheiden ist, der den ersten beiden Sätzen seines von der Beklagten am gelöschten Beitrags entspricht, nicht ausgegangen werden. Ein Vertragsverstoß, der - unterstellt - in einer Löschung allein der ersten beiden Sätze des Beitrags liegt, wurde von der Beklagten noch gar nicht begangen. Zwar kann die Verletzung einer Vertragspflicht die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für identische Verletzungsformen, sondern auch für andere Vertragspflichtverletzungen begründen, soweit die Verletzungshandlungen im Kern gleichartig sind (, NJW 2014, 775 Rn. 18; Beschluss vom - I ZB 42/11, NJW 2014, 2870 Rn. 12; jew. mwN).
117Letzteres ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Der - in seiner Gesamtheit zu beurteilende - Beitrag des Klägers und die darin geäußerte Kritik an bestimmten Personen und ihrem Verhalten weisen nach Inhalt sowie Ausdrucks- und Schreibweise eine deutliche Steigerung auf, die ihren Höhepunkt in dem dritten Satz des Beitrags findet. Es ist daher nicht auszuschließen, sondern eher wahrscheinlich, dass die Beklagte den (Gesamt-)Beitrag des Klägers gerade in Ansehung seines dritten Satzes gelöscht hat. Dagegen hatte die Beklagte, wie das Berufungsurteil und die Revisionserwiderung zutreffend ausführen, noch keine Veranlassung, in eine Prüfung einzutreten, ob sie die ersten beiden Sätze des Kommentars des Klägers isoliert auf ihrer Kommunikationsplattform zulassen will. Diese Sätze sind nach Inhalt und Ausdrucksweise wesentlich weniger scharf formuliert als der dritte Satz des Kommentars, der im Vergleich zu ihnen einer "Hassrede" im Sinne der Gemeinschaftsstandards der Beklagten deutlich näherkommt. Die Entfernung eines Beitrags mit allein dem Inhalt der beiden ersten Sätze wäre daher nicht kerngleich mit der am erfolgten Entfernung des gesamten, den dritten Satz einschließenden Beitrags. Die am erfolgte Löschung des vollständigen Beitrags des Klägers indiziert daher keine Wiederholungsgefahr für die Entfernung eines um den dritten Satz reduzierten Beitrags.
118Schließlich hat die Beklagte auch nicht, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend feststellt, im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens die (künftige) Entfernung eines Kommentars mit dem Inhalt nur der ersten beiden Sätze des Beitrags des Klägers verteidigt. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte einen solchen Kommentar künftig entfernen wird, und besteht eine dahingehende Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:290721UIIIZR192.20.0
Fundstelle(n):
BAAAH-92866