BAG Urteil v. - 5 AZR 572/20

Berücksichtigung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit

Gesetze: § 3 Abs 1 TVG, § 4 Abs 1 S 1 TVG, § 611a Abs 2 BGB, § 3 Abs 3 ArbSchG, Art 6 Abs 5 EWGRL 391/89, Art 13 EWGRL 391/89

Instanzenzug: Az: 2 Ca 14/18 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 3 Sa 927/18 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.

2Der Kläger ist bei der Beklagten, die an mehreren Standorten in der Bundesrepublik Kraftfahrzeuge produziert, im Werk B bei Kassel als Mechaniker in der Gießerei beschäftigt. Er ist seit dem Jahr 2011 Mitglied der Gewerkschaft IG Metall. Im Werk gilt eine Vertrauensarbeitszeit, als Arbeitszeiten werden grundsätzlich die Schichtzeiten erfasst.

3Der zwischen der Volkswagen AG und der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen und Sachsen-Anhalt abgeschlossene Manteltarifvertrag vom idF vom (iF MTV-VW) regelt ua.:

4Die Unternehmensleitung und der Gesamtbetriebsrat der Volkswagen AG haben am eine Betriebsvereinbarung Nr. 02/2007, Individuelles Flexibilitätskonto (iF GBV Flexibilitätskonto) vereinbart, die ua. regelt:

5Der Kläger ist aufgrund einer am zwischen dem Werkmanagement, Vertrieb Originalteile und dem Betriebsrat der Beklagten abgeschlossenen „Betriebsvereinbarung Standort Kassel Nr. 01/2008, Arbeitskleidung - Standort Kassel“ - (iF BV Arbeitskleidung) verpflichtet, eine persönliche Schutzausrüstung (iF PSA), bestehend aus feuerbeständiger Hose und Jacke, Sicherheitsschuhen, Helm, Schutzbrille und Gehörschutz, vor Beginn seiner Tätigkeit anzulegen und sie während der Arbeit zu tragen. Zum An- und Ablegen der PSA legt der Kläger innerbetriebliche Wege ua. zu den Spinden und den Waschkauen zurück. Umkleide- und Wegezeiten werden außerhalb der schichtplanmäßigen Arbeitszeit aufgewandt und von der Beklagten nicht vergütet. Als Mitarbeiter der Gießerei wird dem Kläger vor Ende der jeweiligen Schicht eine bezahlte Waschzeit nach § 28.2 MTV-VW gewährt.

6Mit seiner Klage hat der Kläger Vergütung für Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten für die Monate September bis einschließlich Dezember 2017 nebst Zinsen verlangt. Er hat gemeint, die Zeit, die er außerhalb der schichtplanmäßigen Arbeitszeit für das An- und Ablegen der PSA einschließlich dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege benötige, sei zu vergüten, hilfsweise sei in dem für ihn geführten Flexibilitätskonto eine Zeitgutschrift einzutragen bzw. jedenfalls die Vergütungspflicht der Umkleidezeit mit der PSA festzustellen.

7Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

8Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der MTV-VW schließe eine Vergütung aus.

9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge auf Zahlung, hilfsweise Zeitgutschrift, hilfsweise Feststellung weiter.

Gründe

10Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Daher kann auch der Hilfsantrag auf Zeitgutschrift keinen Erfolg haben.

11I. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht nicht stattgegeben. Ein Anspruch auf Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten ist durch Tarifvertrag ausgeschlossen.

121. Der Zulässigkeit der Klage steht die Regelung des § 30.1.1 MTV-VW nicht entgegen. Ein innerbetriebliches Einigungsverfahren vor Klageerhebung war vom Kläger nicht durchzuführen.

13a) Die Regelungen des MTV-VW finden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG Anwendung. Die Beklagte ist als tarifvertragschließende Partei an den Haustarifvertrag gebunden. Der Kläger ist nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts seit dem Jahr 2011 Mitglied der weiteren tarifvertragschließenden Partei, der Gewerkschaft IG Metall. Räumlicher und persönlicher Geltungsbereich (§ 1.1, § 1.2 MTV-VW) sind eröffnet.

14b) Der Ausschluss des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten nach § 30.1.1 MTV-VW ist unwirksam, weil kein Fall des § 4 ArbGG vorliegt. Danach kann ua. in den Fällen des § 2 Abs. 1 ArbGG die Arbeitsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ArbGG ausgeschlossen werden. Der Kläger zählt erkennbar zu keiner der in § 101 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG genannten Personengruppen.

152. Die auch im Übrigen zulässige Zahlungsklage ist unbegründet. Es besteht kein Vergütungsanspruch für die streitgegenständlichen Umkleide- und damit verbundenen innerbetrieblichen Wegezeiten. Zwar handelt es sich hierbei grundsätzlich um vergütungspflichtige Arbeitszeit, jedoch beinhaltet § 12.1.1 MTV-VW iVm. § 28.2 MTV-VW eine gesonderte Vergütungsregelung, welche die erhobenen Ansprüche ausschließt. Es kann deshalb dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht annehmen durfte, ein Zahlungsanspruch sei wegen des aus dem Haustarifvertrag folgenden Vorrangs des Ausgleichs von Mehrarbeit durch bezahlte Freistellung ausgeschlossen.

16a) Bei den Zeiten zum An- und Ablegen der PSA im Betrieb und den damit verbundenen innerbetrieblichen Wegezeiten handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611a Abs. 2 BGB (vgl. zu den Grundsätzen der Bewertung von Umkleidezeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit zuletzt  - Rn. 22 bis 24 mwN).

17aa) Der Kläger ist nach Ziff. 6 Satz 1 BV Arbeitskleidung zum Tragen der PSA während der Arbeit in der Produktion und beim Aufenthalt in der Produktion verpflichtet. Nach den nicht angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich um besonders auffällige Schutzkleidung. Dabei bedarf es keiner ausdrücklichen Anordnung der Beklagten zum Umkleiden im Betrieb, denn eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber dafür eingerichteten Umkleidemöglichkeiten für das von diesem angewiesene Anlegen seiner besonders auffälligen Dienstkleidung nutzt und sich anschließend zu seinem Arbeitsplatz begibt (vgl.  - Rn. 17; - 5 AZR 382/16 - Rn. 21, BAGE 160, 167).

18bb) Bei den mit dem An- und Ablegen der PSA verbundenen Tätigkeiten sowie den erforderlichen innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen Spind, Umkleideraum und eigentlichem Arbeitsplatz handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeiten. Diese Zusammenhangstätigkeiten bilden mit dem geschuldeten Arbeitsinhalt eine Einheit. Sie stellen insgesamt die vergütungspflichtige Dienstleistung nach § 611a Abs. 1 BGB dar, denn die Notwendigkeit des An- und Ablegens der PSA und der damit verbundene Zeitaufwand des Arbeitnehmers - auch zum Aufsuchen der Umkleideräume - beruhen auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der PSA während der Arbeitszeit (vgl.  - Rn. 13, BAGE 160, 167).

19b) Durch § 12.1.1 iVm. § 28.2 MTV-VW ist eine gesonderte Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten ausgeschlossen.

20aa) Mit der Einordnung der Umkleide- und Wegezeiten als Teil der nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB zu leistenden Arbeit ist noch nicht geklärt, wie diese Zeiten zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleide- und Wegezeiten getroffen werden (vgl.  - Rn. 19; - 5 AZR 245/17 - Rn. 31 mwN).

21bb) Die Vergütungspflicht der Umkleide- und Wegezeiten ist aufgrund der Regelung des § 12.1.1 iVm. § 28.2 MTV-VW ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (zu den nach st. Rspr. anzuwendenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen vgl.  - Rn. 25 mwN).

22(1) Nach der Entgeltregelung in § 12.1.1 MTV-VW wird geleistete Arbeit und Arbeitsbereitschaft bezahlt, es sei denn, dass durch Tarifverträge andere Regelungen getroffen sind. Was geleistete Arbeit ist, definieren die Tarifvertragsparteien weder dort noch an anderer Stelle des Tarifvertrags. Auch den Regelungen der Arbeitszeit in § 6 MTV-VW lässt sich dies nicht entnehmen, denn sie betreffen lediglich die Arbeitszeitdauer, -gestaltung und -verteilung. Damit ist zwar der Wortlaut des § 12.1.1 MTV-VW hinsichtlich des Anknüpfungspunkts der Vergütung nicht hinreichend eindeutig, doch legt er mit dem Begriff „geleistete Arbeit“ bereits nahe, dass dieser bezogen auf die konkrete Tätigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers - im Streitfall eines Mechanikers in der Gießerei - eingeschränkt zu verstehen ist.

23(2) Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang folgt sodann, dass die Tarifvertragsparteien eine Vergütungspflicht für Zusammenhangstätigkeiten wie Umkleiden und Zurücklegen von innerbetrieblichen Wegen nicht unter den Begriff der geleisteten Arbeit in § 12.1.1 MTV-VW fassen, mithin eine Vergütung hierfür ausschließen wollten. Dies zeigt die Bestimmung des § 28.2 MTV-VW.

24(a) Nach § 28.2 MTV-VW erhalten Beschäftigte, die besonders schmutzige Arbeiten verrichten, täglich eine bezahlte Waschzeit bis zu 20 Minuten, die innerhalb der täglichen Arbeitszeit liegt. Daneben wird in Abhängigkeit von der Tätigkeit der in der Regel zu gewährende Umfang der Waschzeit näher definiert. Der für den Anspruch auf bezahlte Waschzeit in Frage kommende Personenkreis wird nach § 28.3 MTV-VW mit dem Betriebsrat festgelegt.

25(b) In § 28.2 MTV-VW wird nur eine bestimmte nicht wertschöpfende Arbeit der Vergütungspflicht unterworfen. Das Waschen stellt jedoch für den nach § 28.3 MTV-VW festgelegten Personenkreis gleichermaßen wie das Umkleiden und Zurücklegen von innerbetrieblichen Wegen eine Zusammenhangstätigkeit mit den eigentlichen Arbeitsaufgaben dar. Einer Regelung wie in § 28.2 MTV-VW hätte es daher nicht bedurft, wenn die Zusammenhangstätigkeit Waschen bereits unter den Begriff der geleisteten Arbeit iSd. § 12.1.1 MTV-VW zu fassen wäre. Auch die detaillierte Ausgestaltung des § 28.2 MTV-VW in Bezug auf die Regelbeispiele und die Differenzierung im Umfang der bezahlten Waschzeit zeigt, dass die Tarifvertragsparteien insoweit einen eigenständigen Vergütungsanspruch schaffen wollten. Normiert ein Tarifvertrag in zwei Bestimmungen einen Vergütungsanspruch für geleistete Arbeit und einen Vergütungsanspruch ausdrücklich für eine konkret benannte Zusammenhangstätigkeit, spricht dies mit hinreichender Klarheit (zur Erforderlichkeit dieser vgl.  - Rn. 35) dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit zugleich bestimmt haben, dass ein Vergütungsanspruch nur für die genannte Zusammenhangstätigkeit bestehen soll, nicht jedoch für weitere damit verbundene. Zusammenhangstätigkeiten, die nicht die eigentliche arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit darstellen, sollen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur in den ausdrücklich geregelten Fällen - hier allein im Fall des Waschens - vergütungspflichtig sein.

26c) Der tarifvertragliche Vergütungsausschluss ist entgegen der Auffassung der Revision nicht wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.

27aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.

28bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA und den damit verbundenen Wegezeiten handele es sich um Maßnahmen des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Unter dem Begriff der Kosten werden Aufwendungen des Arbeitgebers für Sachmittel verstanden (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/3540 S. 16), nicht hingegen zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers (vgl.  - Rn. 30; so auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149,151 f.; aA Pieper ArbSchG 8. Aufl. § 3 Rn. 14d; ebenso Kollmer/Klindt/Schucht/Kothe ArbSchG 4. Aufl. § 3 Rn. 92, allerdings ohne nähere Begründung).

29cc) Das Unionsrecht verlangt insoweit kein anderes Verständnis. Durch die Regelung des § 3 Abs. 3 ArbSchG wird Art. 6 Abs. 5 Richtlinie 89/391/EWG umgesetzt, wonach die Kosten ua. für Sicherheitsmaßnahmen auf keinen Fall zu Lasten der Arbeitnehmer gehen dürfen. Dieser Kostenbegriff erfasst nicht die Vergütung von Arbeitszeiten, die erforderlich sind, die entsprechenden Mittel anzuwenden. Dies zeigt der Regelungszusammenhang mit Art. 12 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Richtlinie 89/391/EWG (in nationales Recht umgesetzt durch § 12 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG), worin bestimmt ist, dass Unterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz während der Arbeitszeit erfolgen müssen, sowie mit Art. 11 Abs. 5 Richtlinie 89/391/EWG, der Entgeltfortzahlungspflichten gegenüber Arbeitnehmervertretern mit besonderen Funktionen bei der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz vorsieht. Dagegen sind bei allen anderen Handlungspflichten, die nach Art. 13 Richtlinie 89/391/EWG die Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsschutzes treffen, solche Entgeltzahlungspflichten des Arbeitgebers nicht vorgesehen (vgl. Gaul/Hofelich NZA 2016, 149, 152). Im Hinblick auf die klaren Regelungen der Richtlinie 89/391/EWG bedarf es keines Vorlageverfahrens an den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV (vgl. zu den Vorlagevoraussetzungen  - [C.I.L.F.I.T.]).

30d) Da ein Vergütungsanspruch bereits durch Tarifvertrag ausgeschlossen ist, kann dahinstehen, ob sich aus den Regelungen im Arbeitsvertrag und den geltenden Betriebsvereinbarungen ebenfalls ein Anspruchsausschluss ergibt.

31II. Der für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellte Hilfsantrag auf Zeitgutschrift fällt dem Senat zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig, jedoch wegen des Ausschlusses eines Vergütungsanspruchs für Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten unbegründet.

321. Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. zu den Anforderungen an einen Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“  - Rn. 12 mwN, BAGE 170, 172).

332. Der Hilfsantrag auf Zeitgutschrift ist unbegründet. Das bei der Beklagten als Flexibilitätskonto bezeichnete Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste. Es drückt damit - in anderer Form - seinen Vergütungsanspruch aus (vgl.  - Rn. 21 mwN). Dies kommt hinreichend deutlich in Ziff. 3.1 Abs. 1 Satz 1 GBV Flexibilitätskonto zum Ausdruck, wonach der Aufbau von Zeitsalden ausschließlich durch tatsächlich geleistete Arbeitsstunden erfolgt, die über die ua. durch Schichtpläne gestaltete tarifliche regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen. Da die Zusammenhangstätigkeiten des Umkleidens und Zurücklegens innerbetrieblicher Wege keine zu vergütende Arbeitszeit darstellen, besteht auch kein Anspruch auf Gutschrift dieser Zeiten auf dem Arbeitszeitkonto.

34III. Der für den Fall des Unterliegens mit dem ersten Hilfsantrag gestellte zweite Hilfsantrag auf Feststellung der Vergütungspflicht der Umkleidezeit fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist ersichtlich nur für den Fall gestellt, dass der Kläger in Bezug auf die Höhe des geltend gemachten Vergütungsanspruchs nicht durchdringt. Es besteht jedoch bereits kein Anspruch dem Grunde nach.

35IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:210721.U.5AZR572.20.0

Fundstelle(n):
BB 2021 S. 2611 Nr. 44
XAAAH-92688