Bilanzierung | Bildung von aktiven RAP auch in Fällen von geringer Bedeutung (BFH)
Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) sind auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lässt sich eine Einschränkung der Pflicht zur Bildung auf wesentliche Fälle entnehmen (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob auch für unwesentliche Beträge eine Pflicht zur Bildung eines aktiven RAP besteht. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Für diverse Aufwendungen bildete er keine aktiven RAP, da seiner Meinung nach unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu lassen seien. Das FG Baden-Württemberg gab dem Kläger mit Urteil v. - 5 K 548/17 Recht (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 4.4.2019).
Der BFH gab der Revision des FA statt:
Unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG sind aktive RAP zu bilden.
Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lässt sich eine Einschränkung der Pflicht zum Ansatz von RAP auf wesentliche Fälle entnehmen. Somit fehlt es an einer rechtlichen Grundlage für ein Wahlrecht zur Bildung von aktiven RAP in Fällen von geringer Bedeutung
Daher mussten für die streitgegenständlichen Aufwendungen in den Streitjahren aktive RAP angesetzt werden.
Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:
Auch aktive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) sind in der Steuerbilanz stets anzusetzen, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Ein Wahlrecht, dass der X. Senat des BFH noch in seinen Kostenbeschluss v. - X R 20/09 annahm, vermag er nicht mehr zu erkennen.
Das Aktivierungsgebot des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, dem aktive RAP unterfallen, ist abschließend und trotz des Grundsatzes der Wesentlichkeit und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht durch eine Art Wahlrecht in Fällen geringen Ausmaßes eingeschränkt worden. Ein solches Wahlrecht hätte einer gesetzlichen Regelung bedurft. Damit erübrigt sich die Frage, bis zu welcher Höhe ein aktiver RAP von geringer Bedeutung ist. Der Rückgriff auf die in § 6 Abs. 2 EStG für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter genannte Höhe scheitert bereits an der Vergleichbarkeit der Normzwecke. § 6 Abs. 2 EStG dient nämlich neben der Vereinfachung auch der Selbstfinanzierung des Unternehmens. Unverhältnismäßig ist die Übernahme der buchhalterisch erfassten Beträge in die Bilanz ebenfalls nicht.
Einer Vorlage an den Großen Senat des BFH bedurfte es nicht, da anderslautende Revisionsurteile vor Inkrafttreten der FGO am ergangen und nicht gemäß § 64 RAO veröffentlicht worden sind.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
PAAAH-88668