Einkommensteuer | Zufluss von Arbeitslohn bei Übertragung einer Versorgungszusage auf einen Pensionsfonds (BFH)
Die Übertragung einer vom
Arbeitgeber erteilten Pensionszusage auf einen Pensionsfonds führt beim
Arbeitnehmer in Höhe der zur Übernahme der bestehenden Versorgungsverpflichtung
erforderlichen und getätigten Leistungen zum Zufluss von Arbeitslohn
(; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt ( § 11 Abs. 1 Satz 4 i. V. mit § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG ). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei und begründet damit auch noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss ist grundsätzlich vielmehr erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben, also wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt.
Sachverhalt: Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr (2010) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, welche ihm im Jahr 1993 eine Pensionszusage erteilt hatte.
Streitig ist, ob die Übertragung einer Versorgungsverpflichtung zugunsten des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers von der zusagenden GmbH auf einen Pensionsfonds zum Zufluss von steuerbarem Arbeitslohn führt.
Das FA rechnete dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers einen Betrag in Höhe der bei der GmbH gebildeten Pensionsrückstellung zu. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab ().
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, fließt Arbeitslohn erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft. Der Zufluss von Arbeitslohn ist ferner zu bejahen, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Auch in diesem Fall wird der Zufluss aber nicht durch das Versprechen des Arbeitgebers, z. B. Versicherungsschutz zu gewähren, herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung dieses Versprechens, insbesondere durch die Leistung der Versicherungsbeiträge in der Weise, dass ein eigener unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf die Versicherungsleistung entsteht (z. B. , Rz. 26 ff., m.w.N.).
Demzufolge sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn sich die Sache - wirtschaftlich betrachtet - so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beträge zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet hätte. Kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, sondern eine Versorgungszusage liegt demgegenüber vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt; in diesem Fall unterliegen erst die späteren aufgrund der Zusage geleisteten Versorgungszahlungen der Lohnsteuer (, Rz. 16, und , Rz. 11; jeweils m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen hat die Übertragung der Pensionszusage von der GmbH auf den Pensionsfonds gegen Ablöseleistung zu zusätzlichem Arbeitslohn des Klägers geführt. Denn der Kläger hat dadurch anstelle der Anwartschaften auf zukünftige Rentenzahlungen im Versorgungsfall gegenüber seinem (bisherigen) Arbeitgeber - der GmbH - einen eigenständigen Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds auf Versorgung gem. § 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VAG erlangt.
Der dem Kläger durch die Übertragung der Pensionszusage von der GmbH auf den Pensionsfonds zugeflossene Arbeitslohn ist nicht nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei. Danach sind Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds u.a. steuerfrei, wenn ein Antrag nach § 4d Abs. 3 EStG oder nach § 4e Abs. 3 EStG gestellt worden ist.
Die GmbH hat den für die Steuerfreiheit erforderlichen Antrag - hier - nach § 4e Abs. 3 EStG jedoch unstreitig nicht gestellt. Wird der für die Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 66 EStG erforderliche Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG nicht gestellt, ist die vom Arbeitgeber erbrachte Ablöseleistung in vollem Umfang (lohn-)steuerpflichtig.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG ist ausweislich des insoweit eindeutigen Gesetzeswortlauts, dass vom Arbeitgeber ein Antrag nach § 4d Abs. 3 oder § 4e Abs. 3 EStG (rechtzeitig, s. hierzu ) gestellt worden ist. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG gilt auch dann, wenn beim übertragenden Unternehmen keine Zuwendungen i. S. des § 4d Abs. 3 EStG oder Leistungen i. S. des § 4e Abs. 3 EStG im Zusammenhang mit der Übernahme einer Versorgungsverpflichtung durch einen Pensionsfonds anfallen. Bei einer entgeltlichen Übertragung von Versorgungsanwartschaften aktiver Beschäftigter kommt die Anwendung von § 3 Nr. 66 EStG nur für Zahlungen an den Pensionsfonds in Betracht, die für die bis zum Zeitpunkt der Übertragung bereits erdienten Versorgungsanwartschaften geleistet werden (sog. „Past-Service“); Zahlungen an den Pensionsfonds für zukünftig noch zu erdienende Anwartschaften (sog. „Future-Service“) sind ausschließlich in dem begrenzten Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG lohnsteuerfrei; zu weiteren Einzelheiten, insbesondere zur Abgrenzung von „Past-“ und „Future-Service“, siehe und ). Erfolgt im Rahmen eines Gesamtplans zunächst eine nach § 3 Nr. 66 EStG begünstigte Übertragung der erdienten Anwartschaften auf einen Pensionsfonds und werden anschließend regelmäßig wiederkehrend (z. B. jährlich) die dann neu erdienten Anwartschaften auf den Pensionsfonds übertragen, sind die weiteren Übertragungen auf den Pensionsfonds nicht nach § 3 Nr. 66 EStG begünstigt, sondern nur im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei. Bei der Auslagerung des „Past-Services“ ohne Einbeziehung des „Future-Services“ und einer sich anschließenden zweiten Auslagerung der in der Zwischenzeit angesammelten Versorgungsanwartschaften bei Renteneintritt handelt es sich nicht um einen steuerschädlichen Gesamtplan (, Tz. 7). Zum Umfang des Betriebsausgabenabzugs nach § 4e EStG s. KKB/Alt/Stadelbauer, § 4e EStG Rz. 91 sowie , betreffend den Betriebsausgabenabzug der an einen Pensionsfonds entrichteten Leistungen beim sog. Kombinationsmodell.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
EAAAH-87584