Oberste Finanzbehörden der Länder - S 4500 BStBl 2021 I S. 731

Verfahren der Baulandumlegung

Bezug: BStBl 2020 I S. 282

Bezug: BStBl 1998 II S. 27

Durch Artikel 32 des Jahressteuergesetzes 2020 (BGBl 2020 I S. 3096) [1] und Artikel 6 des Fondsstandortgesetzes (BGBl 2020 I S. 1498) wird in § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG gesetzlich geregelt, dass der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz bis zur Höhe des Sollanspruchs von der Besteuerung ausgenommen ist, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist. Auch eine Mehrzuteilung ist ausgenommen, wenn der Wert des zugeteilten Grundstücks den sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch nicht um mehr als 20 % übersteigt.

1 Gesetzliches (förmliches) Umlegungsverfahren

1.1 Allgemeines

Nach § 45 BauGB können zur Erschließung oder Neugestaltung von Gebieten bebaute und unbebaute Grundstücke durch Umlegung in der Weise neu geordnet werden, dass nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen.

Mit der Bekanntmachung des Zeitpunkts der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans (§ 71 Absatz 1 BauGB) oder der vorweggenommenen Entscheidung mit Einverständnis der betroffenen Rechtsinhaber (§ 76 Absatz 1 BauGB) erfolgt nach § 72 Absatz 1 BauGB der Eigentumsübergang der zugeteilten Grundstücke an die Zuteilungsbegünstigten kraft Gesetzes.

1.2 Steuerbarkeit

Nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 GrEStG unterliegt der nach § 72 Absatz 1 BauGB erfolgende Übergang des Eigentums an einem inländischen Grundstück im Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB in seiner jeweils geltenden Fassung der Grunderwerbsteuer, wenn und soweit die zugeteilten Grundstücke mit den eingebrachten Grundstücken nicht identisch, d.h. flächen- und deckungsgleich, sind (, BStBl II 1998 S. 27).

1.3 Ausnahme von der Besteuerung nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG

Nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG ist der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem BauGB in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs grunderwerbsteuerfrei (= Minderzuteilung und wertgleiche Zuteilung), wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.

Übersteigt der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung, liegt eine Mehrzuteilung vor. Die Mehrzuteilung umfasst den Teil der Zuteilung, der den Sollanspruch übersteigt. Eine Mehrzuteilung ist grunderwerbsteuerfrei, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch nicht um mehr als 20 % übersteigt (= unwesentliche Mehrzuteilung). Erfolgt dagegen eine Zuteilung, die den Sollanspruch um mehr als 20 % übersteigt (wesentliche Mehrzuteilung), ist die gesamte Mehrzuteilung, d. h. die Differenz zwischen der Zuteilung und dem Sollanspruch, grunderwerbsteuerpflichtig.

2 Vereinfachtes Umlegungsverfahren

2.1 Allgemeines

Die vereinfachte Umlegung (§§ 80 bis 84 BauGB) ist ein Bodenordnungsverfahren, bei dem benachbarte oder in enger Nachbarschaft liegende Grundstücke oder Grundstücksteile neu geformt werden. Die Lage und Größe der Grundstücke oder Grundstücksteile wird dabei nur unwesentlich verändert. Zweck der vereinfachten Umlegung ist die Erschließung oder Neugestaltung von baulich zu nutzenden Grundstücken. Die Vereinfachte Umlegung ist im Gegensatz zur gesetzlichen (förmlichen) Umlegung im Sinne der §§ 45 ff. BauGB (Regelumlegung) eingeschränkt, um in einfachen Fällen schnell und mit wenig Verwaltungsaufwand Bodenordnungen durchführen zu können.

Mit der Bekanntmachung des Zeitpunkts der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans (§ 83 Absatz 1 Satz 1 BauGB) erfolgt nach § 83 Absatz 2 BauGB der Eigentumsübergang der zugeteilten Grundstücke an die Zuteilungsbegünstigten kraft Gesetzes.

2.2 Steuerbarkeit

Nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 GrEStG unterliegt der nach § 83 Absatz 2 BauGB erfolgende Übergang des Eigentums an einem inländischen Grundstück im vereinfachten Umlegungsverfahren nach den §§ 80 ff. BauGB in seiner jeweils geltenden Fassung der Grunderwerbsteuer, wenn und soweit die zugeteilten Grundstücke mit den eingebrachten Grundstücken nicht identisch, d. h. flächen- und deckungsgleich, sind (, BStBl II 1998 S. 27).

2.3 Ausnahme von der Besteuerung nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG

Nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG ist der Übergang des Eigentums im vereinfachten Umlegungsverfahren nach den §§ 80 ff. BauGB in seiner jeweils geltenden Fassung bis zur Höhe des Sollanspruchs grunderwerbsteuerfrei (= Minderzuteilung und wertgleiche Zuteilung), wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist (, BStBl II 1998 S. 27).

Die Ausführungen unter Tz. 1.3 zur Mehrzuteilung gelten entsprechend.

3 Freiwillige Baulandumlegung

3.1 Allgemeines

Die freiwillige Baulandumlegung umfasst Rechtsgeschäfte zur Vermeidung einer förmlichen Umlegung nach dem BauGB. Ein Beispiel ist der städtebauliche Vertrag nach § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 BauGB. Dabei wird regelmäßig wie folgt verfahren:

Die Umlegungsteilnehmer übertragen Grundstücke auf eine als GbR gegründete Umlegungsgesellschaft. Nach Durchführung der Umlegung werden die neu gebildeten Grundstücke von der Umlegungsgesellschaft wiederum auf die Umlegungsteilnehmer übertragen.

3.2 Steuerbarkeit

Die Übertragung der Grundstücke auf die Umlegungsgesellschaft und die Übertragung der neu gebildeten Grundstücke auf die Umlegungsteilnehmer unterliegen jeweils der Besteuerung nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 GrEStG.

3.3 Keine Ausnahme von der Besteuerung nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG

Grundstücksübertragungen im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung sind nicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.

Die unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Behandlung der gesetzlichen und der freiwilligen Baulandumlegung ist mit dem Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 GG vereinbar (, BStBl II 2015 S. 622).

3.4 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung nach § 3 GrEStG

Die Steuerbefreiungen des § 3 GrEStG sind zu beachten.

3.5 Steuervergünstigungen

Für die Grundstücksübertragung auf die Umlegungsgesellschaft ist die Grunderwerbsteuer nach § 5 Absatz 1 oder 2 GrEStG in Höhe des Anteils nicht zu erheben, zu dem der einzelne Umlegungsteilnehmer am Vermögen der Umlegungsgesellschaft beteiligt ist. Dieser Anteil entspricht in der Regel dem Verhältnis des Werts seines auf die Umlegungsgesellschaft übertragenen Grundstücks zum Wert aller die Umlegungsmasse bildenden Grundstücke.

Die Grundstücke bilden nach der Übertragung auf die Umlegungsgesellschaft nur noch ein Grundstück im Sinne des § 2 Absatz 3 GrEStG, wenn zwischen den Grundstücken ein räumlicher Zusammenhang besteht. Durch das Umlegungsgebiet verlaufende Straßen heben einen räumlichen Zusammenhang nicht auf. Wird ein im Umlegungsverfahren durch Teilung neu entstandenes Grundstück auf einen Umlegungsteilnehmer übertragen, wird die Grunderwerbsteuer nach § 7 Absatz 2 GrEStG nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstücks dem Anteil entspricht, mit dem der Umlegungsteilnehmer am Vermögen der Umlegungsgesellschaft beteiligt ist.

Die Steuervergünstigung des § 5 Absatz 2 GrEStG bei Einbringung der Grundstücke in eine Umlegungs-GbR ist nicht rückgängig zu machen, wenn die neu gebildeten Grundstücke nach Durchführung der Umlegung von der Umlegungs-GbR wieder auf die Umlegungsteilnehmer übertragen werden und die Umlegungs-GbR aufgelöst wird. In diesem Fall ist eine Missbrauchsgestaltung objektiv ausgeschlossen. § 5 Absatz 3 GrEStG führt deshalb nicht zum Versagen der Steuervergünstigung. Das Gleiche gilt für die Anwendung des § 7 Absatz 3 GrEStG.

Die Grunderwerbsteuer ist unter den Voraussetzungen des § 16 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG weder für die Grundstücksübertragung auf die Umlegungsgesellschaft noch für die Übertragung der neu gebildeten Grundstücke auf die Umlegungsteilnehmer anteilig zu erheben, wenn das durch den Umlegungsteilnehmer erworbene Grundstück teilweise aus dem eigenen, in die Umlegungsmasse eingebrachten Grundstück gebildet wurde.

Beispiel 1

Im Jahr 01 ist ein Umlegungsteilnehmer zu 1 % am Vermögen einer Umlegungs-GbR beteiligt, da zu ihrem Vermögen ein 21.000 qm großes Gesamtgrundstück gehört und der Umlegungsteilnehmer ein 210 qm großes Grundstück eingebracht hat. Der Grundbesitzwert für das eingebrachte Grundstück beträgt 31.500 € (Grundbesitzwert A). Der Grundbesitzwert für das von der Umlegungs-GbR zugeteilte Grundstück beträgt 34.500 € (Grundbesitzwert B). Der Verkehrswert des Grundstücks und damit das Vermögen der Gesellschaft beträgt (21.000 qm x 150 €/qm =) 3.150.000 €. Dem Umlegungsteilnehmer wird in 02 von der Umlegungs-GbR ein 230 qm großes Grundstück gegen eine entsprechende Ausgleichszahlung für die Mehrfläche von 20 qm zugeteilt.

Beispiel 2

Wie Beispiel 1. Hinsichtlich 60 qm der auf den Umlegungsteilnehmer übertragenen 230 qm liegt ein Rückerwerb im Sinne des § 16 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG vor.

Lösung zu Beispiel 1 und 2


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundstücksübertragung auf die Umlegungs-GbR
Beispiel 1
Beispiel 2
Bemessungsgrundlage für die Grundstücksübertragung
31.500 €
31.500 €
(Grundbesitzwert A nach § 8 Absatz 2 GrEStG):
-/-
9.000 €
Abzgl. Rückerwerb im Sinne des § 16 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG
(Grundbesitzwert A x 60 qm / 210 qm):
Verbleibender Grundbesitzwert:
31.500 €
22.500 €
Abzgl. Anteil des Grundbesitzwerts, für den nach § 5 Absatz 2 GrEStG die Grunderwerbsteuer nicht erhoben wird (1 %):
315 €
225 €
= Anteil des Grundbesitzwerts, für den die Grunderwerbsteuer zu erheben ist:
31.185 €
22.275 €
Grundstücksübertragung auf den Umlegungsteilnehmer
Beispiel 1
Beispiel 2
Bemessungsgrundlage für die Grundstücksübertragung
34.500 €
34.500 €
(Grundbesitzwert B nach § 8 Absatz 2 GrEStG):
-/-
9.000 €
Abzgl. Rückerwerb im Sinne des § 16 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG
(Grundbesitzwert A x 60 qm / 210 qm):
Verbleibender Grundbesitzwert:
34.500 €
25.500 €
Abzgl. Anteil des Grundbesitzwerts, für den nach § 7 Absatz 2 GrEStG die Grunderwerbsteuer nicht erhoben wird (1 %):
31.500 €
23.283 €
Verkehrswert des auf die Umlegungs-GbR übertragenen Grundstücks: 210 qm x 150 € = 31.500 €
Verkehrswert des auf den Umlegungsteilnehmer übertragenen Grundstücks 230 qm x 150 € = 34.500 €
34.500 € x 31.500 € / 34.500 €:
25.500 € x 31.500 € / 34.500 €:
Anteil des Grundbesitzwerts, für den die Grunderwerbsteuer zu erheben
3.000 €
2.217 €
ist:
2.500 €
2.500 €
Freigrenze nach § 3 Nummer 1 GrEStG:

Im Beispiel 2 ist die Grundstücksübertragung auf den Umlegungsteilnehmer nach § 3 Nummer 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, da der Anteil des Grundbesitzwerts, für den die Grunderwerbsteuer zu erheben ist, die Freigrenze von 2.500 € (2.217 €) nicht übersteigt. Eine Versagung der Steuerbegünstigung nach § 5 Absatz 3 GrEStG bzw. § 7 Absatz 3 GrEStG scheidet aus, da eine Missbrauchsgestaltung objektiv ausgeschlossen ist.

4 Zeitlicher Anwendungsbereich

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und ist auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden (vgl. § 23 Absatz 17 GrEStG). Insoweit tritt er an die Stelle der gleich lautenden Erlasse vom (BStBl 2020 I S. 282).

Inhaltlich gleichlautend
Oberste Finanzbehörden der Länder v. - S 4500
Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg - FM3 - S 4500-2/95
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, und für Heimat - 34 - S 4500-1/15
Senatsverwaltung für Finanzen Berlin - S 4500 – 5/2009 – 4
Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg - 31 - S 4500/15#01#01
Der Senator für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen - S 4500 - 1/2014 - 2/2015 - 13-5
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg - S 4500 - 2021/001 - 53
Hessisches Ministerium der Finanzen - S 4500 A - 060 - II 62
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern - IV - S 4500- 41/92 - 003
Niedersächsisches Finanzministerium - S 4500 - 129 - 351
Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen - S 4500 - 17 - V A 6
Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz - S 4500#2018/0003 - 0401 446
Ministerium für Finanzen und Europa des Saarlandes - B/3 – S 4500 - 1#001
Sächsisches Staatsministerium der Finanzen - 35 - S 4500/13/8 - 2021/30997
Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt - 43 - S 4500 - 1
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - VI 353 - S 4400 – 034
Thüringer Finanzministerium - S 4500 A – 08


Fundstelle(n):
BStBl 2021 I Seite 731
OAAAH-83165

1BStBl 2021 I S. 6