Einkommensteuer | Zeitraumbezogene Zuzahlungen des Arbeitnehmers zum Dienstwagen (BFH)
Zeitraumbezogene (Einmal-)Zahlungen des Arbeitnehmers für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kfz sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei zeitraumbezogenen Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz (entgegen R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR und , BStBl I 2018, 592: ; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Der Kläger war Rentner. Im Streitjahr 2015 arbeitete er als geringfügig Beschäftigter bei der GmbH seines Sohnes. Ihm wurde ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, den er auch privat nutzen durfte. Für die Anschaffung des Kfz im Jahr 2010 leistete der Kläger, wie im Kfz-Überlassungsvertrag vereinbart, eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 €. Die Zahlung erfolgte für einen Nutzungszeitraum von 96 Monaten. Vereinbart war eine anteilige Erstattung der Zuzahlung, sofern das Fahrzeug vorzeitig zurückgegeben, veräußert oder getauscht werden sollte.
Das FA berechnete für die Privatnutzung des Fahrzeugs einen jährlichen geldwerten Vorteil i.H. von 6.876 € (1% vom Bruttolistenpreis i.H. von 57.322 € x 12).
Die Zuzahlung des Klägers zu den Anschaffungskosten des PKW berücksichtigte das FA nicht anteilig auf die Dauer der Nutzungsüberlassung des PKW verteilt. Nach R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 (jetzt) Satz 3 LStR sei der nach Anrechnung im Zahlungsjahr 2010 verbleibende Zuzahlungsbetrag in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den Privatnutzungswert für das Kfz anzurechnen und wie folgt zu berücksichtigen:
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Zuzahlung Arbeitnehmer | 20.000 € |
abzüglich geldwerter Vorteil
2010 | 6.876 € |
13.124 € | |
abzüglich geldwerter Vorteil
2011 | 6.876 € |
6.248 € | |
abzüglich geldwerter Vorteil
2012 | 6.248 € |
0 € |
Entsprechend minderte die Einmalzahlung des Klägers den privaten Nutzungswert bis Ende des Jahres 2012, sodass nach Auffassung des FA ab dem Kalenderjahr 2013 der geldwerte Vorteil aus der privaten Kfz-Nutzung mit jährlich 6.876 € bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sei. Dementsprechend errechnete das FA für die Kalenderjahre beginnend ab 2013 folgende Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit für den Kläger:
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Gehalt (75 € x 12) | 900 € |
+ geldwerter Vorteil Kfz-Nutzung
6.876 € | 6.876 € |
7.776 € |
Der Kläger vertrat dagegen die Auffassung, dass er ausweislich der Kfz-Überlassungsvereinbarung die Zuzahlung in Höhe von 20.000 € für eine Nutzungsdauer von 96 Monaten geleistet habe. Dies entspreche einem monatlichen Zuzahlungsbetrag i.H. von 208 €. Folglich habe die GmbH den Bruttoarbeitslohn, bei dem der monatliche geldwerte Vorteil um die Zuzahlung gemindert worden sei, zutreffend berechnet und ordnungsgemäß pauschal lohnversteuert.
Mit seiner Klage hatte der Kläger in allen Instanzen Erfolg (Vorinstanz: ):
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung zu privaten Fahrten eines betrieblichen Kfz ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung ( sowie v. - VI R 49/14, s. hierzu Geserich, ).
Ein negativer geldwerter Vorteil (geldwerter Nachteil) kann aus der Überlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung auch dann nicht entstehen, wenn das vom Arbeitnehmer zu zahlende Nutzungsentgelt oder die von ihm zu tragenden (individuellen) Kosten den Wert der privaten Dienstwagennutzung sowie der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte übersteigt.
(Einmal )Zahlungen, die der Arbeitnehmer für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kfz, vereinbarungsgemäß zeitraumbezogen leistet, sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen.
Dies gilt - entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 (jetzt) Sätze 2 und 3 LStR und dem (BStBl I 2018, 592, Rz 61) - auch bei entsprechenden Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz.
Die gleichmäßige Aufteilung der Einmalzahlung auf den vereinbarten Zeitraum von 96 Monaten stellt eine nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten mögliche Gestaltung dar. Durch sie wird die Zuzahlung gleichmäßig auf die von den Vertragsparteien offenbar zugrunde gelegte voraussichtliche Dauer der Kfz-Überlassung verteilt.
Die im Streitfall gewählte Gestaltung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar führt die gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung auf 96 Monate vorliegend dazu, dass der Arbeitslohn des Klägers gemäß § 40a Abs. 2 EStG pauschal besteuert werden kann. Den Tatbestand des § 42 Abs. 1 AO erfüllt dies jedoch nicht.
Denn der Gesetzgeber räumt Arbeitgebern die Möglichkeit, bei einer geringfügigen Beschäftigung die Lohnsteuer mit 2 % des Arbeitsentgelts zu pauschalieren, ausdrücklich ein. Die Ausübung eines gesetzlich eingeräumten Wahlrechts stellt keine unangemessene Gestaltung zu Lasten des Steuergläubigers dar.
Demgemäß hat das FG den streitigen Vorteil des Klägers aus der Überlassung des betrieblichen Kfz zutreffend um 208 € im Monat gemindert und auf einen monatlichen Bruttoarbeitslohn des Klägers von monatlich 440 € (75 € Gehalt + 573 € geldwerter Vorteil PKW-Nutzung ./. 208 € monatlicher Zuschuss des Klägers) im Streitjahr erkannt.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Bei (Einmal-)Zahlungen ist ausweislich der Besprechungsentscheidung zu unterscheiden:
Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines Firmen-PKW, die anders als im Streitfall nicht zeitraumbezogen geleistet werden, können nach Auffassung der Finanzbehörden nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Kraftfahrzeug bis auf 0 Euro angerechnet werden. Bei Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu Leasingsonderzahlungen wird entsprechend verfahren (vgl. R 8.1 Absatz 9 Nummer 4 Satz 2 und 3 LStR). Das ist ein Entgegenkommen der Finanzverwaltung.
Denn nach der Rechtsprechung des BFH kann ein negativer geldwerter Vorteil (geldwerter Nachteil) aus der Überlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung auch dann nicht entstehen, wenn das vom Arbeitnehmer zu zahlende Nutzungsentgelt oder die von ihm zu tragenden (individuellen) Kosten den Wert der privaten Dienstwagennutzung sowie der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Streitjahr übersteigt. Der "überschießende" Aufwand des Arbeitnehmers geht danach im Jahr der Zahlung verloren (, BStBl II 2017, 1014, Rz 19 und , BStBl II 2017, 1011, Rz 28). Denn eine Nachteilsübertragung in Folgejahre kennt das EStG nicht.
Diese Begünstigung contra legem verkehrt sich jedoch u.U. ins Gegenteil, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass die (Einmal-)Zahlungen zeitraumbezogen gleistet wird. Gestalten die Arbeitsvertragsparteien ihre Verhältnisse dahingehend, ist die Zahlung auf den vereinbarten Zeitraum gleichmäßig zu verteilen und monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass dies auch ernstlich gewollt ist und den wirtschaftlichen Gegebenheiten auch entspricht. Hierauf ist insbesondere bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen zu achten (z.B. , BStBl II 2019, 203 – zur Fremdunüblichkeit einer unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien PKW-Überlassung bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis unter Ehegatten).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
TAAAH-81954