Online-Nachricht - Dienstag, 15.06.2021

Corona | Aufteilung der Kosten bei pandemiebedingter Stornierung von Hotelzimmern (OLG)

Müssen vor Ausbruch der Covid19-Pandemie gebuchte Hotelzimmer pandemiebedingt storniert werden, kann dies eine hälftige Teilung der Buchungskosten rechtfertigen (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Die Klägerin war die deutsche Vertriebsgesellschaft eines taiwanesischen Fitnesskonzerns. Sie wollte mit ihren aus Taiwan stammenden Mitarbeitern an der für April 2020 in Köln geplanten Messe FiBo teilnehmen. Hierzu hatte sie bei der beklagten Hotelkette mehrere Zimmer gebucht und die hierfür anfallenden Kosten vollständig im Voraus bezahlt. Als die FiBo Ende Februar 2020 pandemiebedingt abgesagt wurde, stornierte die Klägerin Anfang März alle gebuchten Zimmer. Entsprechend der mit der Buchung getroffenen vertraglichen Vereinbarung erstattete die Hotelkette lediglich zehn Prozent der Anzahlung und behielt den restlichen Betrag als Servicegebühr ein. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Rückzahlung auch dieses Betrages begehrt. Das LG wies die Klage in erster Instanz ab (Urteil v - 86 O 21/20).

Die von der Klägerin eingelegte Berufung hatte teilweise vor dem OLG Erfolg:

  • Die Klägerin hat Anspruch auf eine hälftige Teilung der Buchungskosten. Mit der pandemiebedingten Absage der Messe FiBo ist der Klägerin ein unverändertes Festhalten am Vertrag einschließlich des mit der Ausübung des vertraglichen Stornierungsrechtes entstandenen Rückabwicklungsschuldverhältnisses unzumutbar geworden.

  • Zur Geschäftsgrundlage der Parteien bei Abschluss des Beherbergungsvertrages hat die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer weltweiten Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens kommen wird.

  • Das Auftreten der Pandemie mit weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeutet daher eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragsabwicklung vorgestellten Umstände.

  • Sowohl die Absage der Messe FiBo als auch die späteren behördlichen Beherbergungsverbote beruhen auf derselben tatsächlichen Grundlage des Ausbruchs einer Pandemie.

  • Es erscheint daher auch unbillig, die Kostentragung von dem zufälligen Umstand abhängig zu machen, dass die Klägerin den Vertrag bereits storniert hatte, bevor die Leistung für die Beklagte durch den zwischenzeitlichen Ausspruch eines Beherbergungsverbots in Köln unmöglich werden konnte.

  • Das durch die Corona-Pandemie verwirklichte Risiko der Absage der Messe FiBo geht über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Nachfragers deutlich hinaus. Überdies steht es in gleichem Maß außerhalb des Risikobereichs von Anbieter und Nachfrager.

  • Es ist der Klägerin daher auch nicht zuzumuten, dieses Risiko allein zu tragen. Bei dieser Sachlage erscheint eine hälftige Teilung des Risikos und mithin eine hälftige Teilung der Buchungskosten sachgerecht.

Hinweise:

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Anwendbarkeit der für die Entscheidung maßgeblichen Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage beruhe auf anerkannten Regeln.

Das Urteil wird demnächst im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de veröffentlicht.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB JAAAH-81175