Erbschaftsteuer | Begünstigungstransfer erfordert keine Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten (BFH)
Die Erbschaftsteuerbegünstigungen für den Erwerb von Betriebsvermögen und eines Familienheims können vom Erben auf einen Dritten übergehen, wenn im Rahmen der Nachlassteilung begünstigtes Vermögen übertragen wird. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung setzt dieser Begünstigungstransfer nicht voraus, dass die Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt (; Revision anhängig, BFH-Az. II R 12/21).
Hintergrund: Nach §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. (heute zusammengefasst in § 13a Abs. 5 ErbStG) kann ein Erwerber den Verschonungsabschlag nach Abs. 1 und den Abzugsbetrag nach Abs. 2 nicht in Anspruch nehmen, soweit er Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt. Gibt der Miterbe („Dritte“) dabei nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Miterben um den Wert des hingegebenen Vermögens.
Sachverhalt: Der Kläger und sein Bruder sind zu je 1/2 Erben ihrer im Jahr 2015 verstorbenen Eltern. Zum Nachlass gehörten u.a. eine Kommanditbeteiligung des Vaters und mehrere Grundstücke. Das beklagte Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger die Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei wurden ihm für den Erwerb des Betriebsvermögens und für einzelne Grundstücke Vergünstigungen gemäß §§ 13a-13c ErbStG gewährt. Weiterhin kam für eine nach dem Erbfall vom Kläger bewohnte Wohnung die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zur Anwendung.
Zum Zwecke der Erbauseinandersetzung trafen die Brüder im Jahr 2018 eine Vereinbarung. Der Bruder übertrug dem Kläger den hälftigen Eigentumsanteil an der vom Kläger bewohnten Wohnung sowie den anteiligen Kommanditanteil. Die Grundstücke wurden zwischen den Brüdern aufgeteilt. Anschließend beantragte der Kläger beim Finanzamt eine Änderung seiner Erbschaftsteuerfestsetzung. Nach der Vermögensaufteilung seien ihm die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für das Betriebsvermögen und das Familienheim statt bisher zu 50 % in vollem Umfang zu gewähren.
Das Finanzamt lehnte eine Bescheidänderung ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah - also innerhalb von sechs Monaten - nach dem Erbfall erfolge. Im Streitfall seien zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung jedoch drei Jahre vergangen.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg:
Der Zeitablauf von etwa drei Jahren steht dem Übergang der Erbschaftsteuerbegünstigungen vom Bruder auf den Kläger nicht entgegen. Das Gesetz enthält keine Frist, innerhalb derer die Erbauseinandersetzung zu erfolgen hat.
Im Streitfall ist der für einen Begünstigungstransfer erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Vermögensaufteilung und dem Erbfall gegeben.
Ein solcher Zusammenhang kann auch dann noch bestehen, wenn die Auseinandersetzung – etwa bei komplexen Vermögenslagen und zu klärenden Bewertungsfragen – erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolgt.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es aufgrund eines neuen Willensentschlusses der Erben zu einer Vermögensübertragung gekommen ist.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision wurde eingelegt und ist beim BFH unter dem Az. II R 12/21 anhängig.
Quelle: FG Düsseldorf, Newsletter Juni 2021 (il)
Fundstelle(n):
GAAAH-80875