Online-Nachricht - Donnerstag, 27.05.2021

Einkommensteuer | Keine Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an die BAföG-beziehende Lebensgefährtin als agB (BFH)

Unterhaltsleistungen an die Lebensgefährtin sind nicht nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn diese nicht wegen der Unterhaltsleistungen, sondern wegen des Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer - unter weiteren Voraussetzungen - dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.354 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG VZ 2014, aktuell: 9.744 €). Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG).

Sachverhalt: Der Kläger wurde für das Streitjahr 2014 zur Einkommensteuer einzeln veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und führte mit seiner damaligen Lebensgefährtin und späteren Ehefrau (E) in eheähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt. E studierte in dieser Zeit. Sie bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 2.192 €. Ferner erhielt sie BAföG i.H.v. monatlich 670 €. Die Ausbildungsförderung wurde jeweils zur Hälfte als Zuschuss und als Darlehen gewährt.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger Unterhaltsaufwendungen für E in Höhe von 6.000 € gemäß § 33a EStG geltend. Er habe den überwiegenden Teil der monatlichen Lebenshaltungskosten der E getragen. Das FA erkannte die Unterhaltsaufwendungen nicht an, die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen (erste Instanz: ) keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Bei dem Kläger sind keine Unterhaltsaufwendungen für E als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen.

  • Bei E handelt es sich unstrittig nicht um eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person.

  • Zudem ist sie keiner gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt: Denn ihr sind keine zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen des Klägers gekürzt worden.

  • Vorliegend hatte E keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Dieser Umstand beruht jedoch nicht auf etwaigen Unterhaltsleistungen des Klägers, sondern auf ihrem Bezug von Leistungen nach dem BAföG; gem. § 7 Abs. 5 SGB II, § 22 Abs. 1 SGB XII, § 11 Abs. 1 BAföG sind im Regelfall – wie auch hier - Ansprüche des "Auszubildenden" auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe ausgeschlossen.

  • Eine Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nach § 33 EStG kommt selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung, E zu unterhalten, nicht in Betracht: Für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a Abs. 4 EStG eine abschließende Regelung ( BStBl 2003 II S. 187, unter II.3., m.w.N.).

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a Abs. 4 EStG nach h.M. eine abschließende Regelung. Hierzu gehören insbesondere Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat sowie notwendige Versicherungen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob mit den Zuwendungen ein einfacher Lebensstil oder gehobene Ansprüche finanziert werden.

Der von § 33a Abs. 1 EStG umfasste Bereich ist insofern enger als der den "gesamten Lebensbedarf" und damit z.B. auch Krankheitskosten umfassende Unterhaltsbegriff des bürgerlichen Rechts. Diese für den typischen Lebensunterhalt des Empfängers bestimmten Unterhaltsaufwendungen können nur bis zum gesetzlichen Höchstbetrag des § 33a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG abgezogen werden, sie sind vom Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (§ 33a Abs. 4 EStG). Eine zumutbare Belastung ist nicht anzusetzen.

Untypische Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer und außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird - z.B. die Übernahme von Krankheits- oder Pflegekosten -, sind dagegen nach § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht in der Lage ist, diese Aufwendungen selbst zu tragen. Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen in einem Altenpflegeheim fallen deshalb unter § 33 EStG, während beispielsweise Aufwendungen für deren altersbedingte Heimunterbringung nur nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können.

Wie sich aus § 33a Abs. 4 EStG ergibt, hat der Steuerpflichtige insoweit kein Wahlrecht zwischen dem Abzug nach § 33 EStG und dem nach § 33a EStG (z.B. , BStBl II 2012, 876; H 33a.1 LStH).

Nach Auffassung des FG Köln soll § 33a EStG die Anwendung von § 33 EStG allerdings nur dann ausschließen können, wenn Aufwendungen für den Unterhalt einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person geltend gemacht werden (, EFG 2020, 1133 betreffend die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen aufgrund einer nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes übernommenen Verpflichtung an eine in Deutschland (lediglich) geduldete (= Aussetzung der Abschiebung) Schwester, ihren Schwager und die Nichte nach § 33 EStG; Rev-Az. VI R 40/19). Zum Abzug von Unterhaltsleistungen aufgrund einer entsprechenden Verpflichtungserklärung an Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Aufenthaltsgesetz gemäß § 33a Absatz 1 EStG ab dem VZ 2013, siehe BStBl I 2015, 474).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
LAAAH-79794