NWB Sanieren Nr. 3 vom Seite 65

Steuerberater als Lotsen auch bei Unternehmenskrisen

Prof. Dr. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer

Die Corona-Krise stellt die Wirtschaft nun schon seit mehr als einem Jahr vor große Herausforderungen. Trotz milliardenschwerer Hilfspakete der Bundesregierung stehen viele Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Um nach der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nahtlos in die Sanierung und Restrukturierung gehen zu können, hat der Gesetzgeber noch im Dezember 2020 das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) verabschiedet. Damit können sich Unternehmen bei drohender, aber noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfahrens sanieren.

Hier kommt unserem Berufsstand eine besondere Rolle zu. Seit ist Folgendes gesetzlich geregelt: Steuerberater/innen können bei entsprechender Qualifikation als Restrukturierungsbeauftragte bestellt werden. Zudem können Restrukturierungsgerichte Berufsträger/innen als Sanierungsmoderator/innen beauftragen. So können sie als geschäftskundige, unabhängige Personen zwischen Gläubigern und Schuldnern vermitteln. Zur Klarstellung: Steuerberater/innen können diese mit dem Beruf vereinbare Tätigkeit nicht aus einem bestehenden Mandatsverhältnis heraus übernehmen.

Für uns ist das StaRUG ein wichtiges Signal. Denn es bietet Steuerberater/innen neue Tätigkeitsfelder. Der Bedarf an solchen Kompetenzen ist in der Corona-Krise besonders hoch. Die neue Gesetzeslage stärkt uns nicht nur den Rücken, sie bietet auch neue Handlungsspielräume für gebeutelte Mandanten/tinnen und berufliche Weiterentwicklung für uns Steuerberater/innen.

Eine Baustelle bleibt allerdings: die gesetzlichen Hinweis- und Warnpflichten bei der Jahresabschlusserstellung.

Steuerberater/innen müssen nun bei der Erstellung eines Jahresabschlusses auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes und die sich daran anknüpfenden Pflichten hinweisen. Bisher galt das nur bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit. Jetzt gilt dies schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit. Darauf müssen wir achten. Der Gesetzgeber will damit eine Art „Frühwarnsystem“ für Insolvenzen schaffen. Dieses Ziel verfehlt er unserer Meinung nach jedoch mit der geplanten Vorschrift: Denn wir Steuerberater/innen erstellen Jahresabschlüsse stets für bereits abgeschlossene Geschäftsjahre. Daher kann die bloße Jahresabschlusserstellung ohne unterjährige Beratung allenfalls ein Spätwarnsystem sein.

Angesichts des Zeitdrucks werden viele Fragen und notwendige Nachjustierungen im Gesetz erst später sichtbar werden. Nämlich dann, wenn wir damit arbeiten müssen. Das behalten wir wie immer im Blick. Der Gesetzgeber ist dann dringend gefordert nachzubessern.

Mein Rat: Eignen Sie sich das nötige Fachwissen an! Ergreifen Sie die Chancen, die das Gesetz bietet und stellen Sie Ihr Kanzleiportfolio breiter auf!

Beste Grüße

Hartmut Schwab

Fundstelle(n):
NWB Sanieren 3/2021 Seite 65
XAAAH-76582