IWB Nr. 7 vom Seite 1

Direkt vor der Tür

Nils Henrik Feddersen | Verantw. Redakteur | iwb-redaktion@nwb.de

[i]Corona trifft Unternehmen sehr unterschiedlich – und bietet auch ChancenDie Herausforderungen der Corona-Pandemie spiegeln sich in dieser Ausgabe. Ich sage nicht leider. Denn Pesch/Busemann gehen den Auswirkungen des Homeoffice auf ausländische Unternehmen mit Büros in Deutschland nach (ab ). Sie sehen für die betriebliche Organisation und Geschäftsprozesse im „new normal“ durchaus Chancen und Vorteile, blenden die Risiken aber nicht aus. Die OECD-Leitlinien zu den Verrechnungspreisfolgen der COVID-19-Pandemie v.  fasst Heidecke für Sie ab zusammen. Der Ansatz der OECD ist pragmatisch und räumt dem Steuerpflichtigen angesichts teils gravierender Umsatzausfälle und Produktionseinbrüche Freiraum für individuelle Analysen ein. Diese hat er allerdings gut zu dokumentieren.

[i]Wie scheint der Mond über der Ripablik Blong Vanuatu?Hoffnung wächst auch im Lokalen und zeigt sich mitunter direkt vor der Tür. Nur komme ich gerade weitaus seltener vor die eigene Tür als in den Tagen des „good old normal“. Für mich ist Wanne-Eickel (Luftlinie 5 km) fast so exotisch wie Vanuatu im Südpazifik (Luftlinie 15.500 km). Der „Mond von Wanne-Eickel“ gehört in Herne zum Lokalkolorit. Ich weiß nicht, ob Port Vila, die malerisch gelegene Hauptstadt des melanesischen Inselreiches, besungen wurde. Aber es erschiene mir angemessen – Fotos zeigen ein Postkarten-Südseeparadies.

[i]In Vanuatu gibt es keine Einkommen-, Körperschaft- oder KapitalertragsteuernLeider ist die Lage Vanuatus von der Natur in gleicher Weise ausgezeichnet wie bedroht. Es ist mit Abstand der von Naturkatastrophen am stärksten gefährdete Staat der Erde (Quelle: WeltRisikoBericht 2020). Fast jährlich kommt es zu Erdbeben, Tsunamis und tropischen Stürmen. Zyklone haben 2015 und 2020 schwere Zerstörungen hinterlassen; nach dem ersten Unglück waren 90 % aller Gebäude von Port Vila stark beschädigt oder verschwunden. Langfristig bedroht der steigende Meeresspiegel die 67 bewohnten Inseln. Solche Staaten haben auch im digitalen Zeitalter nicht viele Optionen. Außer Tourismus, Fischfang und Agrarwirtschaft bot das Offshoring immerhin die typischen Chancen einer sog. Steueroase.

[i]Vanuatu hat Offshore-Banken – aber versickern dort unversteuert zig Milliarden? Kaum!Warum ich das schildere? Nun, die letzte Option läuft aus. Vanuatu ist einer von zwölf Staaten auf der EU-Liste „nicht kooperativer Länder und Gebiete“. Erklärtes Ziel von EU, OECD und Deutschlands ist es, diese „Oasen auszutrocknen“. Inhalt und Folgen des jetzt vorgelegten Steueroasen-Abwehrgesetzes schildert Grotherr ab . Wird die „Flucht“ in Steueroasen erschwert, wird das für Deutschland kaum spürbar sein. Bei einigen der „Oasen“ habe ich Zweifel, ob dort überhaupt eine Steuerverwaltung in unserem Sinn besteht. Sie können dorthin nur „fliehen“, wenn Sie aussteigen wollen. Dort kann kein Konzern etwas im großen Stil produzieren, außer Kokosmatten. Also kann ein Inselstaat wie Vanuatu nicht „fair“ nach unseren Steuerstandards spielen, ohne schon verloren zu haben und sich auf Eigenwirtschaft zu beschränken. Von den großen „Schattenfinanzindex“-Staaten sollen indes sechs in Europa liegen – auch in der EU. Direkt vor der Tür.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe

Nils Henrik Feddersen

Fundstelle(n):
IWB 7 / 2021 Seite 1
WAAAH-75849