Gesetzentwurf zur Modernisierung der Körperschaftsteuer – Viel Stoff für ein Wahljahr!
Liebe Leserinnen und Leser,
derzeit wird die politische Diskussion stark von der „Corona-Krise“ und ihren Folgen bestimmt. Diese sind zwischenzeitlich bereits mit zwei „Corona-Steuerhilfegesetzen“ im Jahr 2020 und einem weiteren „Dritten Corona-Steuerhilfegesetz“ im Jahr 2021 steuerlich gewürdigt worden. Mit Blick auf die im September anstehende Bundestagswahl würde man ansonsten eher die für ein Wahljahr typische „Ruhe“ erwarten. Aber weit gefehlt! Mit ihrem „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts“ hat die Bundesregierung Mitte März eine gesetzliche Veränderung des Ertragsteuerrechts in den Raum gestellt, die sehr weitreichend sein könnte – und auch alle Kandidaten für das StB-Examen jedenfalls in der mündlichen Prüfung beschäftigen dürfte. Statt einer „Knieoperation“ setzt der Gesetzgeber damit zur „Operation am offenen Herzen“ an. Auch Ausdrücke wie „Erdbeben“ oder „Paukenschlag“ sind hier durchaus keine Übertreibung.
Denn Kernpunkt des Gesetzesentwurfs ist eine Option für „Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaften“. Diese können sich nach dem Entwurf eines neuen § 1a KStG auf einen Antrag hin steuerlich „wie eine Kapitalgesellschaft“ behandeln lassen. Auch auf Ebene der Gesellschafter wirkt diese Option dann, sind diese doch nach dem genannten Antrag „wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln“. Damit ergibt sich aus ertragsteuerlicher Sicht die Möglichkeit, eine „intransparente“ Besteuerung bei der ansonsten einkommen- und körperschaftsteuerlich „transparenten“ Personengesellschaft anzuwenden.
Das Ganze ist zwar auch heute schon möglich – indem die Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft formwechselt (§§ 190 ff. UmwG). Zukünftig soll der Antrag diesen zivilrechtlichen Schritt aus steuerlicher Sicht obsolet machen. Nach § 1a Abs. 2 KStG-E wird der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung jedoch „als Formwechsel im Sinne des § 1 Ab. 3 Nr. 3 UmwStG“ gelten (§ 25 UmwStG). Auf dem „Rückweg“ – zurück zur gewohnten transparenten Besteuerung der Personengesellschaft – wird dann nach § 1a Abs. 4 KStG-E ebenfalls ein (heterogener) Formwechsel – in diesem Fall nach § 9 UmwStG – fingiert.
Beide (fingierten) Umwandlungen führen, wenn sie unterhalb des gemeinen Wertes durchgeführt werden, zu Sperrfristen (s. dazu auch die Anleitung zur Lösung umwandlungssteuerlicher Fälle von Weiss, in diesem Heft ab S. 330, NWB QAAAH-74075). Allein aus diesem Grund ist ein dauerhaftes „Hin und Her“ zwischen der „Option“ zur Körperschaftsteuer und der „Rückoption“ wenig sinnvoll. Zudem gehen aufgrund solcher Umwandlungen u. a. bestehende Verlustvorträge unter, so dass nach einer Phase von „Covid-Verlusten“ eine genauere Planung der Konsequenzen erforderlich wird.
Und genau da können Sie, liebe Leser, als bestehende oder zukünftige Steuerberater ansetzen! Der Beratungsbedarf der Steuerpflichtigen wird durch die nun möglicherweise neu geschaffene Option zur Körperschaftsteuer sicher weiter steigen. Ganz zu schweigen von weiteren Neuerungen, die man bei dem Titel des Gesetzes gar nicht vermuten würde, etwa bei den Ausgleichsposten bei der Organschaft oder dem Anwendungsbereich des UmwStG!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine angenehme Lektüre!
Ihr
Martin Weiss
Fundstelle(n):
SteuerStud 5/2021 Seite 301
SAAAH-74070